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The Technomancer (Rollenspiel) – Der tote Planet

Das Pariser Studio Spiders hat bereits viel Erfahrung mit Action-Rollenspielen für Focus Home Interactive gesammelt: Of Orcs and Men (Wertung: 77%), Mars: War Logs (Wertung: 60%) und Bound by Flame (Wertung: 63%) wurden seit 2012 im Jahrestakt veröffentlicht. Trotz teilweise interessanter Ideen konnte allerdings keines dieser Abenteuer begeistern. Ob den Franzosen mit The Technomancer für PC, PS4 und Xbox One ein qualitativer Sprung gelingt? Mehr dazu im Test.

© Spiders / Focus Home Interactive

Politische Fraktionen und Entscheidungen

Auch wenn Zachariah selbst nach Stunden voller Entscheidungen als Charakter blass bleibt und kaum eine Nebenfigur wirklich charismatisch schauspielt: Man muss der Regie zugute halten, dass sie eine innenpolitische und eine außenpolitische Spannung aufbaut, denn schon bald wird man verfolgt, begegnet unterschiedlichen Gruppierungen innerhalb der Stadt sowie der Bedrohung von außen durch eine andere Technomancer-Organisation namens Aurora. Man bewegt sich aber nicht frei in einer offenen Welt, sondern wird meist durch Quests geleitet und erkundet dabei schrittweise die Stadtviertel oder marsianische Außenbezirke. Obwohl es einige ansehnliche Panoramen gibt, will sich bei diesen Ausflügen keine Begeisterung einstellen – zu ähnlich und zu leblos wirken die Gebiete.

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Obwohl es einige ansehnliche Panoramen gibt, enttäuscht das generische, teilweise plumpe Art- und Figurendesign. © 4P/Screenshot

Etwas anderes hält die Motivation aufrecht: Man kann seine eigene Rolle zwischen Gut und Böse prägen, indem man sich in Dialogen, Quests oder auch Kämpfen entscheidet, indem man auch mal lügt oder bei der Wahrheit bleibt. Man kann Rebellen z.B. laufen lassen, nur gefangen nehmen oder töten. Je nachdem wie man diese Aufgaben abschließt, steigt oder sinkt der Ruf bei den Fraktionen wie der Armee, der Opposition oder den Mutanten. Aber obwohl man über Leben und Tod entscheidet, wirken diese Situationen nur selten dramatisch. Warum? Weil die Dramaturgie sie nicht langsam entwickelt, sondern einen meist plump hineinschmeißt. Und weil die Dialoge trotz möglicher Entscheidungen viel zu oberflächlich bleiben oder mit grafischen Bugs ernüchtern – in einer Situation fehlte die komplette Gesichtstextur, in einer anderen war der Gesprächspartner gar nicht anwesend, aber hörbar.

Aufträge, Ruf und Karma

Die Quests sind weder komplex noch tief, aber abwechslungsreich: Neben klassischem Holen und Bringen gibt es z.B. Eskorten und Befreiungsaufträge, man soll auch mal überzeugen oder zunächst recherchieren, eine Person verfolgen oder etwas auf Zeit lösen. Die kann man übrigens in seinem kleinen Hauptquartier über den Schlaf vorspulen, um

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Ein Trio unterwegs zur Ausgrabungsstätte: Man ist recht früh mit zwei Begleitern unterwegs. © 4P/Screenshot

auch der Ermüdung vorzubeugen, die die eigene Schlagkraft sinken lässt. Auf jeden Fall hat man nach ein paar Stunden ein volles Programm auf seinem Notizzettel: Wie üblich lassen sich Zielmarker einblenden, damit man den Weg auch findet; wer will, kann die Karte transparent während des Laufens anzeigen. Hat man eine Quest erledigt, winken Erfahrungspunkte und damit vielleicht ein Aufstieg, damit man seine Fähigkeiten aufwerten kann.

Neben dem außenpolitischen Ruf von Zachariah gibt es auch sein persönliches Karma: Wer den Leuten hilft, gewinnt welches; wer seine Opfer nach den Gefechten skrupellos ausblutet, um mehr Flüssigkeitsbeute zu machen, verliert Karma. Und wenn das schlechte Regionen erreicht, reagieren die Gefährten vielleicht negativ oder verweigern Befehle. Ja, man ist nicht alleine unterwegs, sondern als Trio: Recht früh bekommt man zwei Soldaten an die Seite gestellt, die unterschiedliche Persönlichkeiten sowie Kampfstile besitzen. Schade ist, dass man ihre Talente nicht entwickeln kann. Man kann aber mit ihnen sprechen, erfährt mehr über ihre Ansichten und bekommt vielleicht Quests.  Schön ist auch, dass sie die eigenen Aktionen ab und zu kommentieren. Und wenn man die Beziehung zu ihnen verbessert, gibt es einen Talentbonus.

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Was hat es mit den Technomancern von Aurora auf sich? © 4P/Screenshot

Das hört sich allerdings interessanter an als es ist. Nicht nur, weil die Begleiter als Charaktere kaum Neugier wecken, sondern weil sich neben dem Ruf auch das Karma nirgends plausibel nachvollziehen lässt. Hinzu kommt, dass die Gefährten in einigen sehr relevanten Situationen stumm bleiben und man in den Gesprächen kaum Auswahl hat; man fragt sich quasi ohne verzweigten Dialogbaum durch. Außerdem kann man seine Kumpanen innerhalb der Erkundung nicht sinnvoll einsetzen – in einigen Situationen würde z.B. eine Räuberleiter aus einer Sackgasse helfen oder eine Sprosse erreichbar machen, aber diese kooperative Akrobatik ist genausowenig möglich wie das Überwinden von kniehohen Hindernissen.