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The Evil Within 2 (Action-Adventure) – Mystery-Thriller statt Survival-Horror

The Evil Within 2 spielt sich so gar nicht wie sein Vorgänger. Statt Survival-Horror in einem klaustrophobischen Albtraum zu erleben, darf man eine ebenso halboffene wie halbgare Spielwelt besuchen, die den Horroraspekt oftmals vermissen lässt. Doch dafür punktet das Spiel als famos inszenierter Mystery-Thriller an anderer Stelle …

© Tango Gameworks / Bethesda Softworks

Zum Glück gibt es nur zwei(einhalb) offene Areale. Wesentlich besser funktioniert The Evil Within 2 in den linearen Bereichen, in denen die Entwickler mit der stetigen Veränderung der Spielwelt und des Leveldesigns punkten. Trotzdem lassen sie einige Chancen ungenutzt, zum Beispiel im Mark – einem Bunker-ähnlichen Untergrundsystem. Dort gibt es zum Beispiel einen Bereich, in dem Gas ausströmt und man keine Schusswaffen einsetzen kann. Sebastian muss eine Gasmaske tragen und dabei wechselt die Perspektive in die Ego-Sicht. Man ist in düsterer, enger und finsterer Umgebung unterwegs und kämpft gegen ein klagendes Wesen mit grüner Stinkaura, das nach einem Messerangriff nicht den Löffel abgibt. Hier ist Schleichen Pflicht und so schön diese Abwechslung ist, so schnell ist dieser Abschnitt wieder vorbei. Schade, dass solche Passagen nur kurz und zu selten vorkommen.

Angriff, Schleichen oder Flucht?

Ansonsten lässt sich hervorheben, dass oft unterschiedliche Vorgehensweisen möglich sind. So kann man die Gegner zum Beispiel mit Schusswaffen ausschalten, was in der Regel die Aufmerksamkeit von anderen Viechern anzieht – und da das Zielsystem im Vergleich zum Vorgänger leicht verbessert wurde, ist das Schießen nun weniger verkrampft und hakelig – nur etwas. Setzt man auf die Feuerkraft, wird The Evil Within 2 ein Zombie-Shooter mit chronischem Munitionsmangel.

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Das Auge in der Mitte des oberen Bildschirms signalisiert, ob die Gegner auf Sebastian aufmerksam geworden sind oder nicht. Einen Geräusch-Indikator gibt es ebenfalls. © 4P/Screenshot

Gelegentlich erinnert es an The Last of Us. Alternativ kann man Schleichen und die Gegner versuchen im Nahkampf mit Messer, Axt und Co. auszuschalten, was Munition spart und etwas spannender daherkommt, denn die meisten Kreaturen bewegen sich recht abrupt und gucken hastig in viele Richtungen, weswegen nicht jede Stealth-Attacke erfolgreich ist und manche Feinde mehrere Attacken aushalten. Dann hilft nur: Weglaufen und verstecken, was die Gegner in der Regel dankenswerterweise ermöglichen. Manchmal hätte ich mir gewünscht, dass die Feinde in dem Bereich hartnäckiger und cleverer sind. Zumal sich viele Feinde anlocken und auf dem Rückweg ausschalten lassen. Hohes Gras erweist sich zudem als zu leichter Rückzugspunkt.

Manche Kämpfe gegen stärkere Gegner – wie zum Beispiel dem ersten Guardian oder den Flammenwerfer-Leuten – kann man aus dem Weg gehen, in dem man an ihnen vorbeischleicht. Dabei büßt man einerseits „Grünes Gel“ ein, spart andererseits jedoch Ressourcen. In vielen aufwändigeren Begegnungen gibt es häufig Objekte in der Umgebung, die sich einsetzen lassen, wie eine Sprinkleranlage zum Löschen der Flammen, Kühltanks zum Betäuben der Gegner, Stolperdrähte zum Auslösen eines Zeitstopps oder ausgelaufenes Öl, das sich entzünden lässt. In den Bosskämpfen gegen Stefano, dem Event gegen Bosse aus dem ersten Teil beim Pater oder dem Endboss sind die alternativen Handlungsmöglichkeiten hingegen nicht vorhanden.

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Mit gesammelten Gegenständen können Munition, Armbrustbolzen und Co. hergestellt werden. © 4P/Screenshot

Hervorragend abgestimmte Herausforderung

Was Entwickler Tango Gameworks sehr gut gelungen ist, ist die Abstufung der Herausforderung der drei anfänglich verfügbaren Schwierigkeitsgrade. Auf „Einsteiger“ kann man der Geschichte folgen und bekommt deutlich mehr Munition bzw. Craftingzeug spendiert – und die Feinde sind weniger schusssicher. Auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad ist alles kniffeliger, vor allem die Feinde halten mehr aus. Der höchste Schwierigkeitsgrad ist in etwa auf dem Niveau von The Evil Within. Die Kämpfe sind fordernder und Munition ist wirklich knapp. Es ist des Öfteren vorgekommen, dass nach einigen (der wenigen) Arenakämpfe bloß ein oder zwei Schuss übrig waren. In diesem Sinne wird Survival groß geschrieben, aber nicht der Horror. Nach dem ersten Durchspielen schaltet man zwei weitere, höhere Schwierigkeitsgrade und die „Schwarzen Balken“ frei – letztere sind hinlänglich aus dem ersten Teil bekannt und sollen das cineatische Gefühl unterstreichen.

Bei der Erkundungstour in den offenen Arealen oder den lineareren Gebieten findet man Munition und allerlei Kram für das Herstellungssystem zur Anfertigung von Munition. Je nach Spielweise und Schwierigkeitsgrad ist es erforderlich, dass man sich stärker in der Umgebung umschaut, die Schusswaffen möglichst präzise einsetzt und auf mehr oder weniger Stealth setzt.

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Kleine und meist simple Mini-Rätsel lockern das Spielgeschehen auf. © 4P/Screenshot

Im Gegensatz zum Vorgänger verfügt man überraschend schnell über starke Waffen wie Scharfschützengewehr, Armbrust oder Schrotflinte, sofern man sich dazu entscheidet, den optionalen Pfaden zu folgen.

Mit „grünem Gel“ kann man Sebastian Castellanos an die bevorzugte Spielweise (Attacke, Schleichen, Gegner umgehen etc.) anpassen und Elemente in den Bereichen Gesundheit, Stealth (List), Kampf (inkl. Zeitlupe beim Zielen für sündhaft viel Gel), Heilung und Athletik (längeres Springen) individuell verbessern. Zusammen mit den Verbesserungen seiner Fähigkeiten können die Waffen aufgewertet und schlagkräftiger werden. Trotz dieser Schlagfertigkeit ist Sebastian verletzlich und kann schnell getötet werden, manchmal sogar von einer einzigen Attacke.