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The Conduit (Shooter) – The Conduit

Wenn Nintendo die Bedürfnisse von Spielern abseits der Casual-Schiene nicht mehr befriedigen kann oder will, müssen halt die Dritthersteller ran: Nach mittlerweile indizierten Titeln wie House of the Dead: Overkill und Madworld will Sega mit The Conduit erneut erwachsene Spieler ansprechen und dabei beweisen, dass Ego-Shooter auch auf Wii funktionieren – sowohl mit einer spannenden Kampagne als auch packenden Online-Gefechten. Wird der Hoffnungsträger den hohen Erwartungen gerecht?

© High Voltage Software / Sega

Technik von gestern

Als wären die unansehnlichen Kulissen ohne Physik-Engine oder einen Hauch von atmosphärischen Lichteffekten nicht schon schlimm genug, fügt sich auch die miserable Klangkulisse ins technische Desaster ein. Schon die schlecht abgemischten Soundeffekte sind ein Graus, doch der ohrenschmerzende Soundtrack setzt mit seinen langweilig komponierten Loops dem Ganzen die Krone auf. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Kampagne ist einfach nur grottenschlecht! Sowohl technisch als auch inhaltlich serviert mir Sega hier einen der miserabelsten Shooter, die ich in letzter Zeit gespielt habe. Ich bin entsetzt, dass man sich als Entwickler heute überhaupt noch traut, einen solchen Schund abzuliefern. Selbst das betagte Time Splitters

bietet nicht nur deutlich mehr

Triste Kulissen, magere Technik, Klon-Gegner und fürchterliches Leveldesign: Die Kampagne ist trotz hervorragender Steuerung eine Zumutung für jeden Shooter-Freund.

Abwechslung, sondern sieht auch noch besser aus als das, was man hier auf dem Bildschirm ertragen muss. Müsste ich nur die Kampagne bewerten, würde sich The Conduit bei all den Design- und Technikmängeln schwer tun, überhaupt die 50%-Marke zu erreichen.

Vorbildliche Steuerung

Eine Schande – vor allem, wenn man bedenkt, wie hervorragend die Steuerung gelungen ist, die bei Wii-Titeln so oft ein Hauptanlass zur Kritik ist. Hier hat man aber nicht nur alle erdenklichen Möglichkeiten, Remote und Nunchuk mit Einstellungen bezüglich der Sensibilität, Cursor-Auto-Zentrierung oder auch der tote Zone den eigenen Vorlieben anzupassen, sondern auch das Gefühl, seine Figur immer wie gewollt unter Kontrolle zu haben – sei es beim Zielen, Umsehen, Schießen, Ducken oder Springen. Ich habe neben der Möglichkeit zum Spähen um Ecken lediglich eine Sprint-Funktion vermisst, doch lässt sich die maximale Laufgeschwindigkeit in den Optionen regeln. Außerdem kann man mit dem Steuerkreuz zumindest schnelle 180°-Drehungen durchführen und auch ein effektiver Nahangriff ist möglich, indem man die Remote wie ein Messer nach vorne rammt. Auch der Waffenwechsel geht über das Steuerkreuz leicht von der Hand – allerdings trägt man maximal ohnehin nur zwei Ballermänner mit sich herum und darf sie jederzeit bei besiegten Gegnern tauschen. Während das Standard-Arsenal der Menschen lediglich normale Pistolen, Shotguns oder Maschinengewehre umfasst, warten später noch futuristische Prototypen und natürlich die ansprechend designten Alien-Kreationen auf ihren tödlichen Einsatz. Daneben finden sich auch diverse Granaten in der Auswahl, die mit einer entsprechenden Bewegung des Nunchuk geworfen werden. Nachgeladen wird über die Minus-Taste, während man mit der Plus-Taste zum allsehenden Auge wechselt. Frische Munition gibt es entweder bei Gegnern oder an Vorratskisten. Auch Heilpakete finden sich der Umgebung, wobei sie sich teilweise unendlich oft benutzen lassen. Sobald man aber den Kampfanzug sein Eigen nennt, der später auch um Funktionen wie besseres Springen erweitert wird, wird aber auch ein automatisch regenerierendes Heilsystem angeboten. Ein Fernglas findet sich ebenfalls im Equipment, das bei Sniper-Waffen durch ein Zielrohr ersetzt wird. Da der Hintergrund aber meist unscharf dargestellt wird und man nicht zusätzlich manuell heraus- oder reinzoomen kann, hält sich der Anwendungsbereich in Grenzen. Trotzdem gibt es an der Mechanik insgesamt nicht viel zu meckern. Aber was nützt die beste Steuerung, wenn das Drumherum gestrickte Spiel eine einzige Katastrophe ist?

Die Rettung: Der Mehrspielermodus

Dass The Conduit nicht im tiefen Wertungskeller eingemauert und vergessen wird, verdankt es einzig und allein dem herausragenden Mehrspieler-Modus, der neue Maßstäbe auf Wii setzt. Erstmals dürfen sich die maximal zwölf Teilnehmer beim (Team-)Deathmatch oder der Eroberung nicht nur gegenseitig mit Kugeln und Strahlenkanonen einheizen, sondern sich dabei dank WiiSpeak sogar miteinander unterhalten. Was auf der 360, PS3 und dem PC zum Standard gehört, ist auf Wii leider immer noch die Ausnahme, doch vielleicht trägt The Conduit dazu bei, dass es auch hier

Der Mehrspielermodus kann überzeugen und punktet mit lagfreier Darstellung, vielen Optionen und WiiSpeak-Unterstützung.

endlich die Regel wird. Doch damit nicht genug: Hier findet man sogar ein Rangsystem und den Versuch, durch Matchmaking ebenbürtige Spieler zusammen zu würfeln. Die traditionellen Online-Lobbys gibt es hier allerdings nicht. Stattdessen wird man ähnlich Mario Kart automatisch eingeteilt, während Karte und Waffenarsenal durch eine Abstimmung der Teilnehmer entschieden werden. Das gilt auch für den Spielmodus, denn neben dem klassischen „Jeder gegen jeden“ und Team-Deathmatch hat The Conduit noch sehr viel mehr zu bieten. So jagt man beim chaotischen „ASA-Rugby“ dem Spieler hinterher, der momentan das allsehende Auge in den Händen hält und sich folglich nicht wehren kann – dazu verrät aber ein Radar seine aktuelle Position. Auch für eine Variation von Capture the Flag muss das Gadget herhalten, während man bei „Kopfgeldjäger“ bestimmte Ziele erfüllen muss, um Punkte zu sammeln. Daneben stehen auch Ausscheidungsspiele zur Auswahl, bei denen die Teilnehmer maximal nur drei oder zehn Respawns zur Verfügung haben. Wer sich lieber mit Freunden misst anstatt wahllos in Online-Sessions geworfen zu werden, hat auch die Möglichkeit, ein privates Spiel anzulegen, an dem nur Spieler auf der eigenen Freundesliste (mit Wii-Codes) teilnehmen können. Allerdings gilt auch hier die Regel, dass Bewaffnung, Modus und eine der insgesamt sieben Karten per Abstimmung festgelegt wird, doch kommt man unter Freunden sicher besser auf einen gemeinsamen Nenner als mit Fremden. Die Performance ist hervorragend: Selbst mit der maximalen Spielerzahl war der Spielablauf erstaunlich flüssig – störende Lags traten nicht auf. Gut, die Kulissen sehen auch im Mehrspieler-Modus schwach aus und stammen überwiegend direkt aus der Kampagne, aber trotzdem gebührt den Entwicklern aufgrund des stabilen Netzcodes und der gelungenen Auswahl an Modi Lob. Schade ist nur, dass man nicht auch an solche Leute gedacht hat, die sich auch gerne im Splitscreen gegenseitig die Hölle heiß machen.