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Styx: Shards of Darkness (Action-Adventure) – Meisterzyniker

Vor drei Jahren sorgte ein misanthropischer Goblin für stimmungsvolle Schleichunterhaltung. In Styx: Master of Shadows ging es um angenehm bedächtige und gefährliche Stealth-Action alter Schule, die mit ihrem ausgeklügelten Leveldesign und kreativen Klonfähigkeiten überzeugte. Allerdings gab es einige Probleme hinsichtlich der Präsentation, der KI sowie der Fähigkeiten und Automatismen. Wie spielt sich der Nachfolger Styx: Shards of Darkness auf PC, PS4 und One?

© Cyanide Studio / Focus Home Interactive

Der König heißt…

…Leveldesign! Also kniet nieder und huldigt den Entwicklern von Cyanide, wenn ihr Freunde der geheimen Wege, der versteckten Tunnel, der steilen Simse und alternativen Routen seid. Dieses Styx: Shards of Darkness besticht mit einer offenen Architektur, die den Vorgänger nochmal übertrumpft und innerhalb des Genres ihresgleichen sucht – kein Thief, kein Deus Ex und kein Dishonored können da mithalten. Zumal man diesmal durch wesentlich ansehnlichere und abwechslungsreichere Areale schleicht, von in Felsen gewachsenen Siedlungen über pompöse Festungen mit Badehäusern und Ritualtempeln bis hin zu stolzen Luftschiffen über mehrere Decks.

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Schon im Tutorial kann man sterben, weil das Springen auch Timimg verlangt – herrlich! Das Leuchten an der Klinge zeigt übrigens Styx‘ Sichtbarkeit an. © 4P/Screenshot

Und es gibt so viele Möglichkeiten für den Goblin, sein Ziel zu erreichen, dass es einfach Spaß macht, die Gegend mit all ihren vertikalen Kletter- und horizontalen Schwung-Möglichkeiten, mit all ihren begehbaren Dachböden, Simsen, Säulen und Kellern, genau zu erkunden. Zwar nervt die nervöse Steuerung an Seilen, außerdem reagiert die Physik bei angestoßenen Gegenständen viel zu stark, so dass Kisten bei minimalem Kontakt unrealistisch weit wegfliegen, aber unterm Strich lässt sich der Goblin sehr präzise durch die stimmungsvollen Kulissen bewegen – auf dem PC wahlweise per Maus und Tastatur oder Gamepad.

Damit hört die Vielfalt noch nicht auf, denn Styx kann sich unter Tischen oder in Vasen, Kisten oder Schränken verstecken, aus der Distanz mit Sand Fackeln löschen oder ablenkende Geräusche machen. Die Wachen reagieren aufmerksam auf viele Kleinigkeiten: Sie wundern sich über eine gelöschte Fackel und entzünden sie wieder, sie suchen im höchsten Alarmzustand auch in Nischen. Nur sind sie manchmal beim Blick nach unten scheinbar blind, außerdem sind ihre Patrouillenwege etwas zu statisch.

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Wo bekommt man sonst so einen herrlichen Anschiss, wenn man stirbt? Styx ist der Meister der zynischen Häme, wenn er sich direkt an den Spieler wendet. © 4P/Screenshot

Styx kann nicht nur schnell von hinten oder aus der Ferne mit Wurfpfeilen töten, sondern auch à la Hitman subtil das Essen vergiften – okay, er kotzt eigentlich wenig zimperlich rein. Er kann Kronleuchter, Alarmglocken oder Fässer sabotieren, die dann für scheinbar natürliche Tode sorgen. Alles unnatürlich dahin Gemeuchelte kann man in Kisten oder Schränken verstecken, damit kein Alarm ausgelöst wird. Man darf sich also wie ein skrupelloser Assassine durch die Level morden oder wie ein reiner Dieb auf jegliche Gewalt verzichten. Wer Stealth-Action alter Schule mit großen interaktiven Freiheiten sucht, wird hier richtig gut unterhalten. Und nicht vergessen: Jederzeit kann ein zweiter Spieler einsteigen, so dass man alle Missionen auch kooperativ meistern kann!

Der Prinz heißt…

…Styx! Auch wenn er diesen kitschigen

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Styx kann Fackeln löschen, um sich mehr Schatten zu verschaffen – auch per Sandwurf. © 4P/Screenshot

Titel verabscheuen wird, ist der Goblin selbst neben dem herausragenden Levelaufbau ein kleiner König. Mal abgesehen davon, dass er unter seiner Kapuze mit den funkelnden Augen einfach klasse designt ist, besticht er mit seinem herrlichen Zynismus. Als ausgewiesener Egoist, süchtiger Goldharzjäger und Menschfeind hat er immer einen herrlichen Spruch auf Lager – niemand ist vor ihm sicher.

Und das Beste ist: auch der Spieler nicht! Denn wenn man stirbt, bekommt man in den Ladephasen seine ganze Häme in rotzfrechen Sprüchen bis hin zum

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Ob das gut geht? Der Sprung ins Badehaus… © 4P/Screenshot

Stinkefinger zu spüren. So fühlt man sich tatsächlich wie ein humanoider Versager ohne echte Goblinskills – hier wird die so genannte „vierte Wand“ kreativ durchbrochen, indem Styx plötzlich mit dem Spieler kommuniziert. Auch wenn sich irgendwann die Sprüche wiederholen: Der meist gerechtfertigte Anschiss weckt umgehend den Ehrgeiz für den zweiten oder dritten Anlauf.

Wer sich von diesem kritischen Alter Ego nicht zu sehr runtermachen will, sollte auf dem ersten von vier Schwierigkeitsgraden spielen, denn schon auf der normalen zweiten Stufe wird man gefordert. Zum einen, weil man bei all der Kletterei auch schon im Tutorial abstürzen kann. Zum anderen, weil die aufmerksamen Wachen nach der Entdeckung des Goblins sofort tödliche Feinde sind, denn Styx fehlen bis auf eine mögliche Parade und einfache Hiebe die schlagenden Argumente im Nahkampf. Aber das ist nicht weiter schlimm, denn er ist von Anfang an mit den einblendbaren Sichtlinien der Wachen sowie seinen Fähigkeiten aus der Distanz so stark aus dem Hinterhalt, dass er gar nicht in Duelle gehen muss. Und dieses Gefühl der Übermacht führt zusammen mit einigen Automatismen zu den ersten Kritikpunkten.