Lieblingsspiel
Streets of Rage (das in Japan übrigens „Bare Knuckle“ heißt) hat einen hohen Stellenwert in der Vita vieler Sega-Fans: Die dreiteilige Mega-Drive-Serie war die Heimkonsolen-Antwort der Japaner auf Capcoms Final Fight – vor allem Teil 2 gilt bis heute als eines der besten Sidescroll-Beat’em-Ups der Geschichte. Die flashige Neon-Optik war ein Hingucker, die Charaktere cool und abwechslungsreich – dazu kam natürlich der Synthie-Soundtrack von Yuzo Koshiro, der viele Zocker auf Jahre hin verfolgte. Seit 1994 mussten Streets-of-Rage-vernarrte Spieler stark sein – und sogar damit noch deutlich länger ausharren als leidgeprüfte Shenmue-Fans. Versuche für einen Nachfolger auf Saturn oder Dreamcast kamen nie über die Frühphase hinaus, stattdessen gab es von Sega lediglich Neuveröffentlichungen in diversen Retro-Collections. Zudem machte der japanische Rechte-Inhaber einem Fanprojekt den Garaus: Dem seit 2003 in Arbeit befindlichen und 2011 veröffentlichten PC-Titel Streets of Rage Remake vom spanischen Team Bomber Link war kein langes Leben vergönnt. Das ambitionierte, von Grund auf neu programmierte und richtig gut gemachte Projekt durfte nach dem Einschreiten von Sega nicht länger zum Download angeboten werden.
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Mehr Glück hatte nun die Entwickler-Kooperation aus Lizardcube (Wonder Boy: The Dragon’s Trap), Dotemu (Windjammers) und Guard Crush Games. Die durften mit Segas Segen nun endlich einen offiziellen vierten Teil entwickeln – und wie ihr auf den Bildern sehen könnt, schaut der zwar ganz anders, aber doch richtig cool aus. Statt bunter Pixel und großer Sprites lassen nun stark gezeichnete Comic-Charaktere vor detaillierten Kulissen die Fäuste fliegen. Streets of Rage 4 sieht übrigens auf allen vier Plattformen klasse aus und läuft supersauber. Wer sich nur schwer an den modernen Look gewöhnen kann, sollte im Menü die Filter „Retro“ oder „Retro-CRT“ ausprobieren – damit sieht Teil 4 zwar nicht wie ein 16-Bit-Spiel aus, ganz uncharmant sind diese Varianten aber nicht. Auch der alte Soundtrack schallt auf Wunsch aus den Boxen – ganz so gelungen wie die Chiptune-Musik finde ich die treibenden, aber doch etwas austauschbaren neuen Stücke nämlich nicht. Und schließlich warten reichlich freispielbare Pixel-Helden auf Vielspieler.
Acht bzw. zehn Fäuste
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Zu den Serien-Oldtimern Axel und Blaze (plus später Adam) gesellen sich die agile Cherry und der Tank-Character Floyd. Allen gemein ist: Sie spielen sich ziemlich unterschiedlich. Jenseits von schnell aber schwach und langsam aber stark, gibt es signifikante Unterschiede, die gerade in den kniffligeren Stages das Zünglein an der Waage sein können: Beim einen bezieht der Superschlag umliegende „Ebenen“ mit ein, beim anderen sorgt die Option zu sprinten, für mehr Chancen, Granaten und Schüssen auszuweichen. Doch möchte ich natürlich auch über die Basics sprechen: Eure Spielfigur kann normal zuschlagen, springen, in der Luft attackieren, Feinde greifen (einfach durch „hineinlaufen“) und einen Spezialschlag ausführen – Letzterer kostet euch etwas Lebensenergie, diese kann man aber durch Treffer danach sofort zurückgewinnen. Dazu gesellen sich beim Werfen diverse Modifikatoren, raumgreifende Angriffe (durch zweimal nach vorn plus Schlag), ein kurzer, praktischer Punch nach hinten sowie eine extrastarke Super-Attacke, die einem aber nur zwei, drei Mal pro Stage zur Verfügung steht.
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Apropos Stage: Zwölf ordentliche lange Levels wollen von Standardschergen und Bossen befreit werden – man schafft einen kompletten Durchlauf in zwei Stunden. Auf höheren Schwierigkeitsgraden (eigentlich alles ab „normal“) darf man, Scheitern inklusive, aber das Doppelte einplanen. Denn es gibt zwar unendlich Continues (komfortablerweise verbunden mit einer Charakterwahl), ein Level muss man aber jeweils am Stück schaffen. In der zweiten Spielhälfte ist das leichter gesagt als getan: Fiese Rutsch-, Kick- oder Rennattacken, geworfene Granaten, Säurepfützen oder schwer gepanzerte Gegner machen das Überleben alles andere als leicht. Zum Glück kann man Streets of Rage 4 gut lernen: Man nutzt die individuellen Stärken der Figuren, erkennt, wie wichtig Würfe sein können, trainiert Ausweichwege für besonders starke Feindattacken und weiß irgendwann, welchen Gegnertyp man zuerst ausschalten sollte. Die Levelwächter selbst sind in puncto Attacken nicht übermäßig unfair, ihre Lebensleisten aber deutlich länger als man es von der Serie gewohnt ist.