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Irgendwann wechselt die Kulisse von Schwarzgrau in Rotbraun – zusammen mit den Farbtönen verändert sich auch die Stimmung. (360) |
Apropos Taschenlampe: Diese sollte man nur mit Vorsicht einsetzen, denn die brutalen Krankenschwestern werden wie Motten von ihrem Licht angezogen! Man muss also nicht kämpfen: Wenn man die Funzel rechtzeitig ausschaltet, kann man sich im Dunkeln an ihnen vorbei schleichen. Aber was ist, wenn man in dem Raum noch irgendwo einen Schalter bedienen oder einen Gegenstand finden muss? Kommt man hautnah an zwei, drei Schwestern mit Küchenmessern vorbei? Knifflig und gefährlich. Genau diese Momente machen Silent Hill zu einem richtig guten Spiel. Genau davon hätte es aber noch mehr geben müssen.
Es gibt auch einige weitere Herzschlagbeschleuniger: Da fällt ein Toter urplötzlich aus der Decke, da rasselt ein Rollstuhl unverhofft eine Treppe herunter, da wird eine Fahrstuhltür aufgerissen – alles wunderbar. Auch die Umgebungsverwandlungen werden sehr gut, weil wirklichkeitsfremd dargestellt: Meist beginnt das mit einem Rauschen und Kratzen im Radio, dann knistert es förmlich und aus dem trüben grauschwarzen Einerlei an Decken und Wänden wird plötzlich eine rotbraunes Kulisse, seltsame Ranken wachsen an Wänden hoch und die ganze Szene scheint leicht zu glühen. Kleine rote Narben hacken sich in die eigene Sicht, das Gefühl der Bedrohung steigt. Etwas schade ist wie gesagt, dass es zu oft nur Textfeedback des Helden und wenig gesprochene innere Monologe gibt, aber trotzdem schwimmt man später aufgrund der gelungenen Zwischensequenzen im Wechselbad von Jacks Gefühlen mit.
Leider nehmen die intensiven Schockmomente mit der Zeit deutlich ab und scheinen sich vor allem im Mittelteil ganz zu verabschieden, in dem man dann mehr mit dem konservativen Kampf und Gekloppe als mit der Angst zu tun hat. Auch als Alex seine Heimatstadt erkundet, die von seltsamen Abgründen umringt wird, ist man oft recht verloren unterwegs. Und manchmal wandert man einfach zu lange ohne irgendeine spannende Situation durch endlos scheinende Gänge, Tunnel oder leere Gassen. Schade, dass man den grausigen Nervenkitzel des Einstiegs nicht ganz beibehalten konnte! Der Kampf läuft dafür wesentlich dynamischer ab: Ausweichen, ducken, parieren, wegrollen, zuschlagen – alles ist möglich.
Modernes Kampfsystem
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Einer der Bosskämpfe wird seinem Namen sofort und gnadenlos gerecht: Das Monstrum ist groß, mutiert und ihr müsst es in mehreren Phasen mit wenig Munition bekämpfen. (360) |
Aber Vorsicht: Der Schwierigkeitsgrad kann je nach Waffenwahl erheblich schwanken – man sollte klug zwischen schnellen Stich- und schweren Hiebwaffen wechseln. Ab und zu zickt die Kamera im Getümmel, wenn man es mit mehreren Gegnern in engen Räumen oder verwinkelten Gassen zu tun hat; da kann sie schon mal komplett hinter einer Wand verschwinden. Bei Verletzung pausiert das Spiel und man kann sich in Ruhe heilen. Zu den spannenden Highlights gehören die kleineren und größeren Bosskämpfe, die in mehreren Phasen ablaufen und eine spezielle Taktik verlangen.
Das Kampfsystem erfüllt seinen Zweck: Es ist freier als zuvor, es ist leicht zu bedienen, bietet taktische Möglichkeiten, aber ist weit weniger anspruchsvoll als etwa im zweiten Teil des verbotenen Sega-Horrors und nicht so packend wie in Dead Space, obwohl das hier das blutigste Silent Hill der Geschichte ist. Vor allem im Original erreicht der Gewaltfaktor nicht nur in den Finishern, sondern auch in den Zwischensequenzen einen bisher ungekannten Grad inklusive Folterszene à la Saw – in der deutschen Version wurden einige Kamerawinkel geändert.
All das wirkt sich aber nicht auf das Spielerlebnis aus. Viel wichtiger für die Bewertung ist, dass die Kämpfe irgendwann zu inflationär eingesetzt werden. Wenn man erstmal alle Monstertypen gesehen hat (und davon gibt es leider nur eine Hand voll), gewöhnt man sich nach dem vierten fünften Aufeinandertreffen an sie und wird kaum noch überrascht. Und ein großer Schwachpunkt sind die maskierten menschlichen Gegner: Die müssten eigentlich einigermaßen klug agieren, lassen sich aber viel zu leicht ins Jenseits befördern, ohne dass sie sich im Team abstimmen oder gezielte Schwachstellen nutzen würden – dieses Kanonen- und Faustfutter hätte man sich sparen können. In der geschnittenen deutschen Fassung sind gegen diese humanoiden Feinde übrigens keine Tötungsmanöver mehr möglich; außerdem hat man die Kamerwinkel in einigen drastischen Zwischensequenzen inkl. Folterszenen so geändert, dass man nichts Maschinelles oder Zerteiltes mehr erkennen kann.
Rätsel & Physik
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Und all die Aufregung, weil der kleine Bruder verschwunden ist: Was ist bloß mit Joshua passiert? Wo ist er? Esst letztlich die Story, die dieses Spiel zu einem unterhaltsamen Abenteuer macht. (PS3) |
Die Physik ist spürbar, aber im ganzen Spiel nicht mehr als Zierde: Obwohl man hier und da in Stühle, Kisten und Apparate rennt, die sich dann geräuschvoll bewegen, kommen keine Rätsel auf diese Weise ins Spiel. Auch laufende Fernseher oder so manches frei stehende Bett kann man nicht bewegen. Ärgerlicher sind einige Bugs in der Spielumgebung: Es kann an ein einer Stelle passieren, dass man partout nicht weiter kommt, weil man fest steckt – hier ist tatsächlich ein Neustart erforderlich.