Veröffentlicht inTests

Scarlet Nexus (Rollenspiel) – Insane in the Brain

Bandai Namcos rasantes wie stylisches Scarlet Nexus verzückt mit coolen Kämpfen, Telekinese-Gimmicks und bizarrem Gegnerdesign, doch verwirrt mit schrägen Story-Wendungen. Wie viel Spielspaß letztlich in dem Action-Rollenspiel steckt – das verrät unser Test.

© Bandai Namco Studios / Bandai Namco Entertainment

Worum geht’s?

 

Im futuristisch angehauchten Szenario der Welt New Himuka sind Bevölkerung und Regierung neuronal vernetzt, gleichzeitig kämpfen geistig besonders begabte Menschen im Dienste der Öffentlichkeit gegen die sogenannten „Anderen“ – das sind groteske Mischwesen, die die Welt an immer unterschiedlichen Stellen heimsuchen und sich von den Gehirnen der Menschen ernähren. Kasane oder Yuito sind Kadetten in dieser Begabten-Armee, rutschen aber durch sich überschlagende Ereignisse aus der dritten Riege gleich ins erste Glied – und kämpfen zusammen mit illustren Generälen gegen die unheimlichen Bedrohung. Viele wilde Dinge geschehen oder werden angerissen – es geht um staatliche Überwachung und die Rolle der Medien, geheime Gen-Experimente und moralisch verwerfliche Forschung, dazu gesellen sich die Problemchen und Vorlieben der pubertierenden Protagonisten. Mal plaudert man mit einem Superkämpfer, der aussieht wie ein dünner, zwölfjähriger Bub über dessen beinhartes Fitnesstraining, an anderer Stelle ist die gesamte Truppe entsetzt, wenn einer der ihren aus dem Leben gerissen oder in ein haarsträubendes Monster verwandelt wird. Es gibt Wendungen im Akkordtempo und auch ein paar dämliche Protagonisten, gleichzeitig ist die einfallsreiche Geschichte aber eine stete Quelle der Motivation und man möchte wissen, wie sich das komplexe Beziehungsgeflecht entwickelt; da hilft es übrigens nicht, dass das Spiel mit japanischen Namen nur so um sich wirft und schon mal ein Anime-Mädel ex Machina auftaucht, um die Verwirrrung zu komplettieren.

 

[GUI_STATICIMAGE(setid=91400,id=92645748)]
Sieht geil aus, oder? Leider ist man nur sehr selten in so cool modellierten Arealen der Spielwelt unterwegs. © 4P/Screenshot

Mithilfe einer Gehirnkarte (ein Art Talentbaum) investiert man Erfahrungspunkte ins Freischalten und Verbessern der eigenen Kampffähigkeiten – ein Klassensystem oder ein echte spürbare Weiterentwicklung der Figuren gibt es aber nicht. Man kann mitunter auswählen, welche Mitstreiter auf die nächste Mission gehen und auch deren taktische Vorgehensweise im Kampf festlegen – richtig wichtig wird das allerdings nur auf den höheren Schwierigkeitsgraden. Wer zwischen den Missionen im Unterschlupf nicht nur plaudert, verkauft oder konfiguriert, sondern seinen Kollegen auch Geschenke macht und kleine „Vertrauens-Episoden“ erledigt (was meist nur Einzelgespräche sind), der vertieft seine Bindungen und freut sich im Kampf über deren verbesserte Fähigkeiten.

 

Nah- & Fernkampf

 

[GUI_STATICIMAGE(setid=91400,id=92645755)]
Let’s Fight! Die Kämpfe gegen die „Anderen“ sind das, was Scarlet Nexus über viele andere Action-Rollenspiele erhebt – die steuern sich klasse und sehen fetzig aus. © 4P/Screenshot

Außerhalb eures Verstecks gibt es nur sehr wenige, halb-offene Areale, wo mal nicht gekämpft wird und man in einer Seitengasse ein Medipack findet, NPCs bedeutlungsloses Blabla entlockt oder beim Händler shoppen bzw. speichern kann – zum Teil sind diese Bereiche wirklich toll inszeniert, die wenigen begehbaren Straßenzüge der Hauptstadt sehen zum Teil super aus. Auch innerhalb eines scheinbar verlassenen Krankenhauses oder auf der überwucherten Autobahn existieren sehr ansehnliche Orte – immer dann, wenn sich das Entwicklerteam Mühe gegeben hat, die ansonsten herrschende Leere mit vielen kleinen Objekten oder schmückendem Krimskram zu vertreiben. Gleichzeitig gibt es aber viele schmucklose Korridore, verwaiste Baustellen oder eisige Einöden, die als Hintergründe für Kämpfe in Ordnung gehen, aber keinerlei optische Reize bieten oder zum Erkunden einladen.