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Rocksmith – Authentic Guitar Games (Musik & Party) – Rocksmith – Authentic Guitar Games

Dass ein Jahr oder mehr zwischen der Veröffentlichung von Spielen im außereuropäischen Raum und hierzulande liegt, ist nicht ungewöhnlich – man denke nur an zahlreiche fernöstliche Rollenspiele. Bei Rocksmith hingegen ist die lange Wartezeit überraschend. Die will Ubisoft jedoch mit der Unterstützung eines weiteren Instruments in Form des Basses abmildern. Was hat das Rhythmus-Spiel sonst noch auf dem Kasten?

© Ubisoft / Ubisoft

Gitarrenlehrer?

Auf dem Weg zum perfekten Song wird man immer wieder mit neuen Techniken konfrontiert, die über Übungen und Videos anschaulich erklärt werden. Überhaupt gibt sich der Titel Mühe, auch als semi-interaktiver Gitarrenlehrer zu fungieren. Doch der Langzeit-Test mit einem lernwilligen Anfänger führt zu einem gespaltenen Ergebnis.
Man bekommt zwar über das Stimmen der Gitarre (mit Hilfsmittel) über das Anschlagen

Die Kulisse ist spröde und kann nicht mit Harmonix' Rock Band-Serie mithalten.
Die Kulisse ist spröde und kann nicht mit Harmonix‘ Rock Band-Serie mithalten. © 4P/Screenshot

der Saiten (angefangen mit einer, später kommen dann mehr dazu) bis hin zum Kennenlernen neuer, teilweise fortgeschrittener Techniken viel über das Spielen des Instrumentes vermittelt. Doch es fehlen mitunter einige grundlegende Hinweise. So bekommen Anfänger z.B. nicht gesagt, wie sie das  Instrument am besten halten sollten, wie man Haltungsfehler vermeiden kann usw. oder auch, welche Möglichkeiten es gibt, die Gitarre ohne technische Hilfsmittel zu stimmen – von einer „Schulung“ des Gehörs ganz zu schweigen.

Dementsprechend bekam das Testsubjekt anfangs viel zu schnell durch falsche Haltung unnötige Schwierigkeiten, die ich allerdings mit Hilfe meiner langjährigen Gitarrenerfahrung, guten Zuredens und viel Geduld beheben konnte. Dass es keine Möglichkeit gibt, die korrekte Haltung zu überprüfen (selbst mit Kinect dürften diese filigranen Fehler nicht erkannt werden), ist eine Sache. Dass man aber nicht einmal ansatzweise darauf hingewiesen wird, was zu Problemen führen kann, ist schade und mindert den Wert von Rocksmith als Lehrer-Ersatz für blutige Anfänger. Wer jedoch die ersten Hürden nimmt oder bereits erste Schritte im Bereich des Gitarrespielens unternommen hat, wird eine interessante Erweiterung seiner musikalischen Fähigkeiten sowie eine stete Herausforderung finden. Vor allem auch, wenn man sich mit dem in der europäischen Version neu hinzugekommenen „Riff Repeater“ beschäftigt. Hier kann man sich gezielt einzelne Songbausteine herausgreifen, diese ggf. verlangsamen und so fokussiert Problemstellen in Angriff nehmen.

Spiel?

Das spielmechanische Konzept ist abseits des bereits erwähnten dynamischen Schwierigkeitsgrades auch nicht vor Problemen gefeit, die an der Motivation zehren. In der Kampagne z.B. kann man bereits bewältigte Gigs nicht ohne weiteres nochmals auswählen, um eine besondere vorgegebene Songkombo erneut zu spielen, die einem gefällt. Was ich auch vermisse, ist das Erstellen von Setlists abseits der Kampagne. Hier ist man auf

Zombies und Gitarren?
Zombies und Gitarren? © 4P/Screenshot

Einzelsongs festgelegt, was einem dadurch leicht vermiest wird, dass man vor absolut jedem Track die akkurate Stimmung der Gitarre nochmals bestätigen muss. Doch das sind nur kleine Stolpersteine auf einem ansonsten gelungenen und unterhaltsamen Weg zum Rockschmied, der mit coolen Songs gefüllt ist. Wobei die Songauswahl immer streitbar ist und es nicht jedem recht machen wird, mir aber bis auf wenige Totalausfälle gefällt.

Als Zeitvertreib für zwischendurch bzw.  wenn man keine Lust auf Songstress hat, sind die integrierten Minigames gut geeignet. Dahinter verbergen sich zwar meist Variationen bekannter Ballereien etc., die gitarrisch angepasst wurden. Spaßig ist es aber allemal, wenn man z.B. verschiedenfarbige Enten durch Anschlagen der korrekten Seite gegriffen im korrekten Bund abschießt – und ein gelungenes Fingertraining ist es obendrauf.

 Besser mit Bass?

Im Gegensatz zur ursprünglichen US-Version kann man in der europäischen Rocksmith-Variante nicht nur mit Gitarren, sondern auch mit dem Bass vor dem Bildschirm hantieren, wobei man den Viersaiter auch mit einer Klampfe emulieren kann, falls man keinen Bass im Proberaum oder zu Hause hat. Doch  nicht nur das – man kann mittlerweile sogar zu zweit abrocken, wobei man dabei verschiedene Optionen hat. Jeder kann das Instrument seiner Wahl spielen (auch zwei Bässe sind theoretisch möglich)und folgt seinem individuellen Schwierigkeitsgrad. Ganz wichtig dabei: Man spielt zusammen. Zwar werden Punkte nach wie vor gezählt um z.B. neue Amps etc. freizuschalten, doch man kämpft gemeinsam „gegen“ den Song und nicht gegeneinander mit dem Track als Kampfarena. Hier kann man übrigens zwischen einem „leichten“ und einem „schweren“ Anforderungsgrad auswählen. Allerdings wäre auch hier eine erweiterte Differenzierung dem Spielspaß zuträglich gewesen.
Ein dritter Spieler kann sich darüber hinaus ein Mikrofon schnappen und röhren, was das Zeug hält. Allerdings wird die Gesangsspur nicht kontrolliert und es gibt auch keine Punkte

Die Erkennung der gespielten Noten ist erstaunlich akkurat.
Die Erkennung der gespielten Noten ist erstaunlich akkurat. © 4P/Screenshot

dafür. Dennoch kommt man mit zwei echten Instrumenten und einem Sänger dem Musiker-Erlebnis sogar näher als Rock Band 3, das in dieser Hinsicht bislang das Maß aller Dinge darstellte. Dafür hingegen funktioniert Harmonix Rhythmus-Spektakel als „Spiel“ insgesamt einfach besser.

Merkwürdig ist übrigens, dass zum Europa-Start nur ein Bruchteil der in Übersee erhältlichen Download-Songs im Rocksmith-Store zu finden ist. Ein gutes Dutzend Titel kann man sich derzeit herunterladen, während man in den USA sein Archiv mit weit über 60 Tracks aufstocken darf.