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Risen (Rollenspiel) – Risen

Im Herbst 2006 hat eine börsennotierte Bugwelle ein Spiel namens Gothic 3 (4P-Wertung: 68%) mit voller Wucht erwischt und einen Mythos hinweg geschwemmt. Im Winter 2008 tauchten dann noch einige Trümmer auf, die JoWooD als Götterdämmerung (4P-Wertung: 20%) verkaufen wollte. Aber aus Fehlern kann man ja lernen. Vor allem, wenn man den Publisher wechselt, die Qualitätssicherung ernster nimmt und sich auf seine Stärken besinnt. Ist Piranha Bytes auferstanden aus Ruinen? Kann Risen als Rollenspiel überzeugen?

© Piranha Bytes / Deep Silver

Heiß und kalt im Banditenlager

Die Wälder sind zwar deutlich kleiner als in Obölivion, aber sehr stimmungsvoll gestaltet.

So lebendig die Stadt noch wirkt und so sehr sie mit all ihren kleinen Aufgaben motiviert, schleicht sich bei den Banditen zum ersten Mal eine Ernüchterung ein. Und das, obwohl man zunächst fasziniert wird: Gerade diese vernebelten Gebiete rund um ihr Lager gehören zu den stimmungsvollsten Regionen des Abenteuers. Man läuft über einen moosigen Bohlensteg durch die urige Wildnis, in der es verräterisch blubbert. Die überwucherte Tempelanlage mit ihren Bretterbuden und Lagerfeuern sorgt dann für erste Neugier. Aber erst wenn der stramme Wind durch den Sumpf pfeift und das hüfthohe Gras hin und her peitscht, während irgendwo im grauen Dunst einsame Fackeln aufleuchten, trifft man genau dieses unheimliche Gefühl – Hut ab, hier haben die Grafiker ausgezeichnete Arbeit geleistet! Und auch dem Soundtrack gebührt ein Lob, denn er donnert nicht wie üblich mit Fantasyposaunen, sondern zupft subtil, aber eindringlich im Hintergrund. Dabei entsteht eine ganz eigenwillige, melanchlisch-verträumte Melodie.

Erzählerisch wird man an diesem Punkt jedoch maßlos enttäuscht, obwohl es im Lager einige coole Dialoge und schräge Typen gibt. Doch hier streckt man das Spiel schon bei der Ankunft künstlich und vor allem unlogisch: Wenn es das Ziel der Banditen ist, die Hafenstadt wieder zu übernehmen, und wenn tatsächlich der Anführer der im Untergrund operierenden Banditen eine wichtige Botschaft nach draußen schmuggelt, um den ganz großen Boss der Banditen über den richtigen Zeitpunkt der Revolte zu informieren, dann wird der Bote, also der Spieler, nicht zu ihm vorgelassen? Dann muss der Bote erstmal das Vertrauen der Frau des Oberbanditen gewinnen, indem er hundert Aufträge im Lager erfüllt?

Der Lakei der Chefin

Sorry, aber das ist lächerlich! Hier fühlt man sich zum ersten Mal etwas auf den Arm genommen und nur im Sinne der Spielzeitstreckung, nicht im Sinne der Story abgewiesen. Immerhin entschädigen kleine Nebenquests im Lager etwas, man kann urige Höhlen erforschen und es mit den Moormonstern aufnehmen, aber die Hauptquest nervt weiterhin: Obwohl man ausreichend Gespräche belauscht und Beweise gesammelt hat, um die Frau endlich zu überzeugen, dass jemand im Lager gegen den Chef arbeitet, reicht das noch nicht. Nein, man muss erst noch gegen alle kleinen Banditen in der Arena kämpfen, um dann schließlich noch den Verdächtigen heraus zu fordern.

Das wäre vielleicht spannend, wenn die Arenakämpfe nicht so armselig ablaufen würden: Das ganze Lager hat laut Story Angst vor den Banditenkriegern und es scheint enorm wichtig zu sein, in der Rangfolge aufzusteigen, aber wer schaut zu, wenn man sich in der Arena bekämpft? Niemand! Warum macht man aus den Duellen nicht ein Schauspiel mit Wein, Weib und in extremo Gesang? Und wenn das schon nicht geht, warum gibt es dann nicht wenigstens ein paar Zuschauer, die den Kampf bezeugen könnten? Selbst wenn man am Ende gegen den mutmaßlichen Verräter antritt, vor dem sich das ganze Lager ja so fürchtet, steht man tatsächlich alleine im Ring – spätestens hier hätte sich auch die Frau des Bosses zeigen könne, denn man hatte sie ja informiert. Wo bleibt da die Dramaturgie? Hier verliert das über Story und Quests aufgebaute Machtgefüge im Banditenlager umgehend seine Glaubwürdigkeit. Und man fühlt sich wie ein dämlicher Handlanger.

Das Kampfsystem

Das Kampfsystem wurde gegenüber Gothic 3 klarer strukturiert: Angriffe, Kombos, Paraden und Riposten sind möglich.
Zumal das Kampfsystem alleine für die Motivation nicht ausreicht, denn statt Herzklopfen und Spannung à la Demon’s Souls <a class="DYNLINK" onmouseover="DynToolTipp_Show('Klicken für Gameinfos‚)“ onmouseout=“DynToolTipp_Hide(); “ href=“javascript:DynCont_Display(‚Gamefinder‘,’runmod.php?sid=%7BSID%7D&LAYOUT=dyncont_gf&spielid=249298′)“>
, wo man bei jedem Schlag mitfiebert, ist hier Routine angesagt. Man zückt seine Waffe mit dem mittleren Mausrad und klickt danach für einen Schlag auf die linke Maustaste, um einen Feind so lange zu treffen, bis seine Lebensenergieleiste den Nullpunkt erreicht; pariert wird mit der rechten Maustaste, während man sich um den Gegner bewegen kann. Manchmal kann man permanent ohne Schaden verteidigen, manchmal durchbrechen Feinde den Dauerblock – man muss sich also bewegen. Und es gibt die Möglichkeit eines Konters, wenn man entsprechend ausgebildet ist und rechtzeitig die rechte Maustaste drückt. Will man Pfeile, Bolzen oder Magie abschießen, wechselt die Perspektive und man kann ein Fadenkreuz zum Anvisieren nutzen.

Das ist in der Praxis zwar auf den ersten Blick taktischer als das Gefuchtel in Gothic 3. Und auf den zweiten Blick weiß man zu schätzen, dass man im Laufe der Karriere seine Kampfhaltung ändern, mit dem Schild zustoßen und dass man nicht mehr so einfach jeden Krieger mit Dauergeklicke weghauen kann. Aber trotzdem kann der Kampf mit Maus/Tastatur oder Gamepad nicht wirklich überzeugen, denn es fehlt immer noch an Dynamik und Abwechslung – manchmal haut man sich ohne Treffer minutenlang auf die Rübe, weil beide hinter der Deckung stecken oder clever blocken. Der Rechtsklick für den Konter wird auch viel zu oft nicht rechtzeitig erkannt und wenn man es schafft, ist die Wirkung nicht effizient genug: Der Gegner taumelt und man kann draufschlagen.

Bei Treffern bemerkt man im Kampf kaum ein Zucken oder je nach Trefferart eine andere Verletzungsbewegung. Was hätte den Kampf packender machen können? Schläge, die dem Gegener die Balance nehmen, effektivere Kombinationen, fiese Tritte zwischen den Hieben oder fatale Riposten, mit denen man einen Feind sofort töten kann – so hat man immer nur die Lebensenergie, aber nie den Tod vor Augen. Zumal man sich auch noch Heiltränke einschmeißen und damit einen Vorteil verschaffen kann, was die Feinde nicht tun. Deshalb kommt man in der Arena der Banditen auch sehr schnell voran bis zum finalen Kampf.
       

  1. ...endlich habe ich es auch mal geschafft das Spiel zu beenden und bin voll auf meine Kosten gekommen. Ein etwas lahmes Ende und das gewohnt hakelige Kampfsystem waeren die einzigen Dinge, die ich als alter Gothik FB auszusetzen haette. Ich wurde sehr gut unterhalten. Die Wertung von 74 ist fuer mich nicht verstaendlich. Freue mich bereits auf den Nachfolger...gogogo Piranhas!

  2. GOTY ist die gängige Bezeichnung für Spiele in ihrer kompletten Edition mit allen Add-ons (anno 2010: allem DLC) und gepatcht. Angefangen hat das eigentlich mit den Elder Scrolls, die sich immer als "Game of the Year" mit allen Erweiterungen verkauft haben.
    Es ist ganz leicht AXO. Es ist eine Bezeichnung die jeder kennt und es gibt keinen Grund daran etwas zu ändern.

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