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Resident Evil 2 (Action-Adventure) – Zurück in Raccoon City

Manchmal erheben sich nicht nur Zombies, sondern auch Videospiele aus ihren Gräbern, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Für das Remake von Resident Evil 2 hat Capcom den Klassiker aus dem Jahr 1998 exhumiert und mit viel Aufwand runderneuert. Sorgt der modernisierte Survival-Horror auch 2019 für Gänsehaut?

© Capcom / Capcom

Alt und trotzdem frisch

Schon im Einstieg wartet die erste angenehme Überraschung: Anstatt wie beim Original erst auf den verwüsteten Straßen von Raccoon City die Kontrolle über Leon S. Kennedy oder Claire Redfield zu übernehmen, startet das Remake zunächst mit der Erkundung einer Tankstelle, in deren Ladenabteil die erste Begegnung mit den Untoten nicht lange auf sich warten lässt. Diese neue und interaktive Einführungssequenz schlägt nicht nur inhaltlich die Brücke zum Ankündigungstrailer von der E3

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Der will doch nur kuscheln? Für einen kleinen Snack gehen Zombies gerne auf Tuchfühlung. © 4P/Screenshot

2018, sondern gibt in komprimierter Form bereits einen willkommenen Vorgeschmack darauf, was Horror-Fans von dieser Neuauflage erwarten dürfen.  

Im Polizei-Revier angekommen, wird man als Kenner des Originals umgehend von einer Nostalgiewelle erfasst. Obwohl man sich im Gegensatz zum Remake von Resident Evil auf dem GameCube von den vorberechneten Bildern und starren Kameraperspektiven zum Glück verabschiedet hat und stattdessen auf eine 3D-Darstellung mit Schulteransicht setzt, werden schnell wieder alte Erinnerungen wach. Sei es die imposante Eingangshalle, die Büros oder die engen Korridore, die man aufgrund von Barrikaden oft nur über Umwege passieren kann: Bei Capcom hat man offenbar viel Wert darauf gelegt, die Schauplätze möglichst originalgetreu umzusetzen, ihnen gleichzeitig aber durch den technischen Fortschritt und den erhöhten Detailgrad einen frischen Anstrich zu verpassen. Dadurch fühlt sich die Rückkehr nach Raccoon City zwar angenehm vertraut an, setzt visuell aber gleichzeitig neue Impulse. Besonders der stimmungsvollen Beleuchtung gebührt Lob: Das Spiel aus Licht und (Echtzeit-)Schatten trägt in Kombination mit feinen Partikeleffekten bei Staub oder Nebel sowie der exzellenten Klangkulisse maßgeblich zur beklemmenden Atmosphäre bei. Wer gerne mit Kopfhörer zockt, wird sich auch sicher darüber freuen, dass man in den Optionen eine Unterstützung für binaurales 3D-Audio aktivieren kann.

Besetzung nicht ideal

Warum die Ohren trotzdem nicht von Anfang bis Ende verwöhnt werden, liegt zum einen an der deutschen Lokalisierung. Zwar ist es schön, dass Capcom im Gegensatz zu früher nicht länger nur die Texte übersetzen lässt, doch an manchen Sprechern dürften sich die Geister scheiden. Im Großen und Ganzen bin ich mit der Leistung der Akteure zufrieden, denn

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Neben automatischen Speicherpunkten darf man den Spielstand an Schreibmaschinen auch manuell sichern. Auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad sind Farbbänder Pflicht! © 4P/Screenshot

selbst kleine Nebenrollen sind ordentlich besetzt. Aber ausgerechnet einer der Protagonisten hinterlässt einen sehr gewöhnungsbedürftigen Eindruck: Leon klingt auf Deutsch zwar nicht so schlimm wie ein Totalausfall à la TheNightfall, aber ich werde mit dieses Stimme einfach nicht warm.

Zum anderen lässt es aber auch teilweise zu wünschen übrig, was die Figuren so von sich geben: Zwar wirken die Dialoge vor allem in den Zwischensequenzen deutlich reifer als im Original, aber manchmal fragt man sich auch, was sich die Autoren bei manchen Zeilen gedacht haben. Als besonders nervig empfinde ich die Momente, in denen die Spielfigur einfach den Drang verspürt, irgendetwas zu kommentieren oder seine Gedankengänge kundtun zu müssen. Diese Selbstgespräche wirken einfach nur künstlich aufgezwungen und tragen dadurch nicht unbedingt zur Atmosphäre bei. Weniger ist manchmal mehr.