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Reservoir Dogs: Bloody Days (Arcade-Action) – Misslungene Hommage an einen Kultfilm

Für viele ist Quentin Tarantino einer der besten Regisseure und Drehbuch-Autoren. Sein Regie-Einstand Reservoir Dogs feiert gerade das 25-jährige Jubiläum. Obwohl es bereits vor etwa zehn Jahren ein (nicht gerade berauschendes) Spiel zu dem gewalthaltigen Kammerspiel gab, versucht Big Star Games erneut, dem Kultfilm gerecht zu werden. Warum
Bloody Days als taktisch angehauchter Dualstickshooter nicht überzeugt,
verraten wir im Test.

© Big Star / Big Star Games

Keine Frage

Egal ob als Drehbuchautor (True Romance, Natural Born Killers, From Dusk Till Dawn), als Regisseur von Streifen wie Pulp Fiction, Kill Bill oder Inglorious Basterds und mitunter sogar als Schauspieler: Quentin Tarantino ist eine Naturgewalt. Seine unnachahmliche Art, über scharfzüngige Dialoge erinnerungswürdige Figuren sowie Spannung aufzubauen, die sich zumeist in extremer Gewalt entlädt, hat das moderne amerikanische Kino geprägt wie bei kaum einem anderen Autor/Regisseur: Das hat natürlich auch den einen oder anderen Spieleentwickler beeinflusst. Doch mit Ausnahme des 2006 erschienenen Reservoir Dogs wurde kein Projekt von ihm zu einem Spiel umgearbeitet. Zum Glück, möchte man sagen. Denn abseits von der zur Schau gestellten Gewalt, die dafür sorgte, dass der Titel für PC, PS2 und Xbox kurz nach seiner Veröffentlichung indiziert wurde, hatte das seinerzeit von Volatile für Eidos entwickelte Spiel einige Schwierigkeiten, die Essenz des Filmes zu erfassen.

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Die Dualstick-Action mit taktischem Einschlag wird brachial inszeniert, aber hat sonst wenig mit Quentin Tarantinos Regiedebüt gemeinsam. © 4P/Screenshot

Und das gelingt auch Big Star Games nicht. Als Twinstick-Action mit einem taktischen Einschlag konzipiert, kann man sich zwar  über brachiale Gewalt und knackige Waffen-Akustik freuen. Doch da man erzählerisch teilweise alles demontiert, was im Originaldrehbuch aufgebaut wurde, fällt es mir als Tarantino-Fan schwer, einen Zusammenhang zwischen dem Film und dieser Arcade-Action zu sehen. Die einzige erzählerische Gemeinsamkeit: Die Protagonisten tragen die gleichen Farbcode-Namen. Doch wo sie sich im Original eigentlich nicht kannten, sondern nur über den im Hintergrund agierenden Joe Cabot zusammengebracht wurden, um einen Überfall zu unternehmen, begleitet man sie hier in wechselnder Zusammenstellung von einem Raubzug zum nächsten. Das ist nicht per se verwerflich, doch den kompletten erzählerischen Zusammenhang auf den Kopf zu stellen zeigt mir nur, dass man die Essenz des Filmes nicht verstanden hat, sondern nur vom Kultnamen profitieren möchte – sehr ähnlich, wie es Activision vor kurzem mit Ghostbusters gemacht hat.

Fragwürdig


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Nicht nur das Comic-Design mag so gar nicht zum düsteren Filmvorbild passen. © 4P/Screenshot

Um die eingängige sowie mit insgesamt gut 20 Nah- und Fernkampfwaffen ausgestatte Action aufzuwerten, stehen einem pro Auftrag nicht nur mehrere Figuren zur Verfügung, die über unterschiedliche Werte in den Bereichen Stehlen, Tempo und Vitalität verfügen. Man hat als taktischen Kniff die Möglichkeit, die Zeit zurückzuspulen und im Anschluss daran den nächsten Charakter zu übernehmen. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem man mit dem Anführer das Rückspul-Feature genutzt hat. Dann geht es weiter mit ggf. weiteren Figuren, bevor man schließlich wieder beim „Boss“ landet, der daraufhin in Echtzeit weiter macht. Das Konzept ist prinzipiell interessant und erinnert an eine Action-Variante von in Strategietiteln wie „They Stole a Million“ oder „Crookz: Der große Coup„eingesetzten Mechaniken. Und es sorgt spielerisch theoretisch dafür, dass man bestimmte Fehler durch die gleichzeitige Aktion einer zweiten oder dritten Figur ausgleichen kann. So etwa, wenn man einen der zahlreichen Polizisten oder Wachmänner nicht nur solo unter Beschuss nimmt, sondern ins Kreuzfeuer zieht.