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Remnant: From the Ashes (Action-Adventure) – Souls mit Shooterflair

Gunfire Games? Da war doch was? Richtig: Das texanische Studio von David Adams, dessen knapp 60 Mitarbeiter im Jahr 2014 fast alle von Crytek USA übernommen wurden, hat letztes Jahr das Action-Adventure Darksiders 3 entwickelt. Im August dieses Jahres wurde Gunfire Games dann von Publisher THQ Nordic gekauft. Allerdings haben die mit der Veröffentlichung von Remnant: From the Ashes nichts zu tun, denn das vertreibt Perfect World für knapp 40 Euro. Was hat dieses Dark Souls mit Shooterflair zu bieten?

© Gunfire Games / Perfect World

Simple Nahkämpfe, coole Schussgefechte

Was das Tutorial andeutete, wird außerhalb der Basis Gewissheit: Es gibt recht simple Nahkämpfe, die lediglich einfache und schwere Schläge erlauben, die aufgrund fehlender Gegnerfixierung schonmal wild ins Nichts treffen. Spezialmanöver, Haltungen oder Konter? Fehlanzeige. Dafür lohnt es sich durchaus, hinter einen Feind zu kommen, denn das verursacht mehr Schaden. Bis zu dieser Stelle wirkt das Abenteuer vor allem ästhetisch und angesichts so vieler bekannter inhaltlicher Aspekte wie ein Bloodborne für Arme, das auch von Nioh oder The Surge klar übertroffen wird. Aber diese flüchtige Einschätzung wird man bald revidieren. Denn da gibt es ja noch was: die Schusswaffen. Hier war ich zunächst sehr skeptisch, denn Immortal: Unchained von Toadman Interactive versuchte letztes Jahr vergeblich die Faszination der From-Software-Saga mit Shooterflair zu verbinden, indem man viel kopierte…

…aber Gunfire Games inszeniert eine ganz andere Dynamik, ein ganz andere Waffengefühl: Kaum weicht man elegant aus und drückt den Abzug – macht das plötzlich Spaß! Wenn eine Horde kreischender Flummifettwänste heranrauscht, die man mit dem Pistolendauerfeuer gerade so aufhalten kann, bevor ein ekelhafter Geschwürballon explodiert und durch den giftigen Dunst ein Riese mit zwei Schwertern

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Man kann die Kampagne alleine spielen oder bis zu viert kooperativ. © 4P/Screenshot

schreitet – tja, dann ist richtig Spannung angesagt! Vor allem, wenn Letzterer die ersten Projektile aus dem Jagdgewehr einfach so abwehrt und ich ihn erst dazu bringen muss, seine schützende Haltung zu ändern. Oder wenn eine Stiermutation unter Schrotflintenbeschuss nicht mal mit der Wimper zuckt, während sie mit ihrem Funken sprühenden Schlachtbeil immer näher kommt. Dann heißt es: Rückzug, nachladen, Schwachstelle finden! Zwar kann man auch mal plump draufhalten, allerdings sollte man immer Munition sparen, die es in zwei Typen für die Primär- und Sekundärwaffe gibt. Denkt man zu Beginn noch, sie sei endlos, wird man ebenso wie bei der Beute feststellen, dass Gunfire Games diese mit Bedacht und eher sparsam verteilt. In vielen kleinen Bereichen der Spielmechanik wird die Erfahrung dieses Teams spürbar.

Ballerspaß mit toller Soundkulisse

Zwei Elemente intensivieren den Ballerspaß: Zum einen sieht man Wirkungstreffer! Das heißt, die oben erwähnten Flummifettwänste werden vom Einschuss sichtbar zurückgeworfen – vor allem in der Luft sieht das verdammt cool aus. Außerdem wirken sich Einschüsse anders aus, wobei es neben dem Kopf noch andere Schwachpunkte vor allem bei mittelgroßen Gegnern gibt. Aber man muss ständig in Bewegung bleiben, denn man wird selbst aus der Distanz mit Granaten und Projektilen eingedeckt. Sehr komfortabel und gegen schwere Maschinengewehr-Dämonen lebensrettend ist, dass man dafür die Schulterausrichtung

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In der Basis gibt es einen Kristall, der als Teleporter in andere Bereiche dient. © 4P/Screenshot

ändern kann. Je nach Klasse ist natürlich eine andere Distanz effizienter, so dass der Jäger wie ein Scharfschütze schon aus weiter Ferne loslegen kann; den optimalen Abstand für höchste Wirkung markiert das Fadenkreuz durch einen zusätzlichen Punkt.

Also: Das Schießen fühlt sich verdammt an, weil es akustisch und visuell knackig inszeniert wird, wozu die Animationen bei Einschüssen sowie die Gegnervielfalt beiträgt, die auf düsterem Fantasydesign mit einem gehörigen Schuss bizarrer Kreativität und dämonischer Freizügigkeit beruht. Sobald man Blei in die roten Dämonen pumpt, fühlt man sich zwischen Nachladeklicken und Treffergekreische wohlig an den Horror-Shooter Undying von Clive Barker oder an so manche Situation aus Left 4 Dead erinnert, wenn vor einem mal wieder etwas platzt oder eine Fratze hinter der Ecke auftaucht. Zwar gelingt den Leveldesignern keine spektakuläre Gestaltung en detail, außerdem ist nur manches zerstörbar, es gibt kaum Interaktionen mit der Ungebung und einige künstliche Hindernisse, so dass sich manche Erkundung statisch anfühlt. Aber dafür sorgen zum einen die Soundeffekte für lebendige Atmosphäre: So kann man sich in den von Pflanzen überwucherten Gassen oder den verwinkelten Tunneln am Gehör orientieren, um einfache Monster am tiefkehligen Murren oder mittlere Bosse an einem hellen Klang zu erkennen. Zum anderen steigert sich das Artdesign in den fünf Gebieten, denn es gibt nicht nur die fade Stadtkulisse in ihren Grau- und Brauntönen, sondern vom dichten, fast zauberhaften Wald über giftige Sümpfe bis hin zu surrealen Labyrinthe jede Menge visuelle Abwechslung.