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Remnant 2 (Action-Adventure) – Soulslike-Shooter mit Evolution statt Revolution

Vor fast genau drei Jahren lieferte Gunfire Games einen echten Überraschungshit ab: Wer bis dahin glaubte, dass Soulslike-Spiele zwingend auf Schwert und Bogen angewiesen sind, wurde eines Besseren belehrt. Mit Schusswaffen geht es genauso, wenn das Gunplay so gut flutscht wie in Remnant: From the Ashes. Nun erscheint der Nachfolger und will alles noch ein bisschen besser, noch ein bisschen runder machen. Wir haben etliche Stunden in der Spielwelt verbracht, zahlreiche Bosse erledigt und Geheimnisse gefunden und stellten fest: Remnant 2 ist eine klassische, aber sehr gute Fortsetzung. Wieso genau, das verraten wir euch im Test.

© Gunfire Games / Gearbox

Third-Person-Shooter Königsklasse
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Über den roten, gar nicht gefährlich wirkenden Weltenstein reist man in neue Welten – und zu neuen Gefahren. © 4P/Screenshot

Wo Remnant 2, wie bereits der Vorgänger, abermals bei der Story und der Präsentation bieder und über weite Strecken beliebig wirkt, glänzt es strahlend im Gameplay-Segment. Das liegt daran, dass Entwickler Gunfire Games gar keine großen Experimente eingeht, sondern das starke Grundgerüst aus dem ersten Teil lediglich um ein paar Feinheiten erweitert, die dem Third-Person-Shooter mehr Tiefe verleihen. Serienkenner brauchen also kaum Anlaufzeit, um sich mit der intensiven und dynamischen Wechselwirkung von Schießen, Ausweichen, dem cleveren Einsatz der einzelnen Fähigkeiten und Waffenmods sowie der Abwägung, ob sich ein Nahkampfangriff lohnt oder nicht, vertraut zu machen.

Während die ersten Minuten noch recht simpel wirken, da man lediglich eine Primär-, eine Sekundär- und eine Nahkampfwaffe in ihrer Basisform erhält, wird es mit zunehmender Spieldauer und neuem Equipment immer besser. Dank präziser Steuerung weicht man gefährlichen Angriffen mehr oder weniger elegant aus, visiert Feinde an, drückt ab und erlebt ein befriedigendes Gefühl, wenn das mit Feuer versetzte Blei den Körper von Robotern, Zombies oder merkwürdigen Wurzelfeinden durchschlägt und diese sichtlich vom Einschlag zurückgeworfen werden. Noch adrenalingeladener wird es, wenn bestimmte Feindtypen auf einmal anfangen, Schüsse zu blockieren und man riesigen Wurfäxten ausweichen muss, während man die entscheidende Schwachstelle sucht, um den Gegner endlich ins Jenseits zu befördern. Spray’n’Pray funktioniert zwar auch, aber da der eigene Munitionsvorrat endlich ist und man nicht an jeder Ecke hundert neue Kugeln findet, sollte man sämtliche Vorteile nutzen, die sich einem bieten.

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Buildvarianz ist gegeben: Von Mods bis hin zu Reliktfragmenten kann man seinen Helden stark individualisieren. © 4P/Screenshot

Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt, der das gute Kampfgefühl abseits vom wuchtigen und knalligen Gunplay unterstützt: Man ist ständig auf den Beinen und kann sich nicht hinter hüfthohen Deckungen verschanzen. Stattdessen ist man so gut wie immer in Bewegung, weicht Geschossen oder Granaten aus, und wenn man im Rücken eines Gegners landet, dann ist ein Stich mit dem Schwert eine schmerzhafte Alternative. Etwas schade nur, dass die Levelumgebung im Gegensatz zu den dynamischen Kämpfen recht statisch bleibt und Zerstörung kaum eine Rolle spielt. Lediglich Vasen, Kisten und anderes Kleinzeug können kaputt gemacht werden, um hin und wieder ein paar Ressourcen abzustauben.

Ein Archetyp sollst du sein

Doch bevor man überhaupt richtig in die Kämpfe zieht, gilt es eine Frage zu klären: Wer möchte ich sein? In Remnant: From the Ashes war die Wahl zu Beginn auf drei Klassen begrenzt, allerdings konnte man nach und nach auch die anderen Richtungen in seinem Charakter vereinen. Remnant 2 bietet nun Archetypen, die jeweils eigene Spezialfähigkeiten und Eigenschaften mit sich bringen und von denen kurz nach der Ankunft in Station 13 vier Grundtypen zur Auswahl stehen. Im Laufe des Spiels lassen sich, ohne viel spoilern zu wollen, noch weitere Archetypen freischalten, die müssen jedoch erst gefunden werden.

Bei meinem ersten Charakter entschied ich mich für den Helfer, der stets von einem Hund begleitet wird. Diesen 

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Zwei Archetypen in einem Charakter: Das neue Klassensystem macht spannende Kombinationen möglich. © 4P/Screenshot

kann ich gezielt in den Angriff schicken, zurückrufen oder ihn heulen lassen, damit er die Aufmerksamkeit von Gegnern auf sich zieht. Besonders praktisch: Die Hauptfähigkeit der Helfer-Klasse sorgt dafür, dass der Hund mich einmalig alle anderthalb Minuten wiederbeleben kann, falls sich meine Lebenspunkte doch einmal dem Ende neigen. Voraussetzung ist jedoch, dass von meinem Drachenherz-Relikt, welches mit der Estus-Flask aus Dark Souls vergleichbar ist, noch mindestens eine Ladung vorhanden ist. Der Helfer ist also die ideale Klasse für Solo-Spieler, denn der Hund kann euch den einen oder anderen Feind zumindest kurzfristig abnehmen und falls doch mal etwas schief geht, hat man ein Sicherheitsnetz parat.

Später im Spiel lassen sich sogar zwei Archetypen gleichzeitig ausrüsten und ihre Vorteile miteinander kombinieren, wodurch sich vielfältige Möglichkeiten ergeben. Schließlich erhält man vom sekundären Archetyp nur die zusätzlichen Boni, während der primäre Archetyp die Hauptfähigkeit bestimmt. Da ich vorrangig mit einem Gewehr für mittlere Distanz unterwegs war und mein treuer Vierbeiner im Nahkampf feste zubiss, entpuppte sich in meinem Fall der Jäger als passende Ergänzung. Schließlich erhielt ich somit mehr Schaden für meine Distanzwaffen, während ich dennoch die Möglichkeit in der Hinterhand hatte, bei einem tödlichen Schlag noch gerettet werden zu können.