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Oculus Rift (Hardware) – Ein Traum wird (virtuelle) Realität

Besser spät als nie: Nach massiven Start-Schwierigkeiten bei der Auslieferung kann auch ein Großteil der europäischen Vorbesteller mit Oculus Rift abtauchen. Wir konnten das Headset endlich ausführlich testen. Bietet Palmer Luckeys VR-Brille mehr Komfort? Und fesseln die exklusiven Oculus-Spiele?

© Oculus VR / Facebook

Roomscale? Fehlanzeige!

Während der größte PC-Konkurrent Valve sein Headset mit Raum füllenden Roomscale-Spielen bewirbt, baut Palmer Luckeys Headset auf klassischere Titel, die meist im Sitzen oder Stehen vor dem Schreibtisch gespielt werden. Die noch nicht erhältlichen Bewegungs-Controller Oculus Touch sollen zwar ebenfalls Bewegungen im Raum und sogar feinfühlige Fingergesten ermöglichen, vorerst sind Käufer aber auf klassische Eingabegeräte wie den Xbox-One-Controller oder die die simpel gehaltene, kleine Oculus-Fernbedienung mit Touchpad angewiesen (beide sind im Lieferumfang enthalten). Außerdem beschränkt die räumliche Erfassung des mitgelieferten Infrarot-Sensors die Möglichkeiten: Dreht man den Kopf komplett nach hinten, kann die Position nicht mehr so akkurat erfasst werden. Des Weiteren erfasst die beschränkte Auflösung den Spieler ab einer gewissen Entfernung nicht mehr so präzise. Das könnte in Zukunft z.B. darin resultieren, dass in der Hand gehaltene Objekte ein wenig ungenauer und ruckartiger durch die Luft wackeln (wie man es z.B. in der experimentellen Rift-Demo zu Fantastic Contraption sieht).

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Die stoffartige Gehäuseoberfläche über dem Kunststoff spart vermutlich Gewicht, zieht aber schnell Staub an und ist schwerer zu säubern als die glatten Stellen. © 4P/Screenshot

In der Nähe des Rift-Sensors und mit Blick nach vorne funktioniert das Tracking aber sehr exakt und verzögerungsfrei. Es deckt einen Bereich von etwa 1,5 bis 2 Meter vorm Spieler ab. Zusätzlich sind Sensoren für Beschleunigung, Lage und das Erdmagnetfeld verbaut. Jede Kopfbewegung wird so akkurat umgesetzt, dass man z.B. im Action-Adventure Edge of Nowhere blitzschnell und präzise mit dem Kopf auf die Gegner anlegen kann. Das seitlich aus dem Headset ragende Kabel habe ich beim Spielen meist nicht mehr registriert: Ich musste es zwar manchmal nach hinten streifen, es ist aber weitem nicht so prominent spürbar wie die dicke Strippe der Vive. Bei Bei längeren Spielsessions macht sich allerdings der leicht chemische Plastik-Geruch der Rift bemerkbar: Es bleibt erträglich, fällt aber trotzdem auf – da man das Gerät schließlich über einen langen Zeitraum nah vorm Gesicht hat.

Ideal für Simulationen?

Wer sich momentan die Rift zulegt, kommt also vor allem mit Spielen vor dem Schreibtisch auf seine Kosten, bei denen man seinen Körper nur leicht bewegt. Dazu zählen natürlich Cockpit-Titel wie Eve: Valkyrie, Elite Dangerous oder die Rennsimulation Assetto Corsa. Die Ränder der Kanzel können einem Sicherheit gegen die Simulationskrankheit geben. Trotzdem sollte sich jeder Interessierte darüber im Klaren sein, dass sich die Welt in vielen Titeln um den Spieler herum bewegt und somit immer ein gewisses Potenzial für Übelkeit besteht. Im Vive dagegen kann man sich zwischendurch in ein paar beruhigenden Runden mit Roomscale-Knobelspielen entspannen, was hier nur sehr bedingt möglich ist. Überraschend war übrigens, welch große individuelle Unterschiede es beim Brechreiz-Risiko gibt: Ich musste schon nach wenigen Sekunden Eve: Valkyrie abbrechen und kann es bis heute nicht spielen. Mathias hat dagegen keine Probleme in den Raumschiffen. Ihm wird dagegen bei Lucky’s Tale mit seiner seitlichen Kamerabewegung flau im Magen, welches mir wiederum nichts ausmacht.

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Die ringförmigen Bewegungs-Controller „Oculus Touch“ erscheinen erst später, ermöglichen aber sogar feine Fingergesten. © 4P/Screenshot

Während auf der Vive noch mit großem Budget produzierte Highlights fehlen, hat sich Oculus einige attraktive Exklusivtitel gesichert. Zu den grafischen Highlights zählt z.B. Insomniacs vollwertiges Action-Adventure Edge of Nowhere, welches an Serien wie Uncharted und Tomb Raider erinnert. Die Kamera schwebt hier mit sanften Bewegungen hinter der Spielfigur her. Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert das der Rift beiliegende Jump-n-Run Lucky’s Tale, in dem sich Entfernungen erstaunlich gut abschätzen lassen. Plattformer in Third-Person-Sicht passen also prima zur stereoskopischen Darstellung, zudem auch das Absuchen der Umgebung nach Boni deutlich mehr Spaß macht.