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Oculus Quest (Hardware) – Endlich frei!

Kein teurer PC, keine störenden Kabel, kein Gebastel mit dem Smartphone: Oculus Quest verspricht ein neues Freiheitsgefühl in der Virtuellen Realität, ganz ohne im Zimmer aufgebaute Sensoren. Und anders als bei der alten Oculus GO erweist sich das 6DOF-Tracking (Six Degrees of Freedom) als erfreulich präzise, so dass wir uns tatsächlich völlig in manchen der Roomscale-Spiele verloren haben. Mehr zum autarken VR-Headset und dem Spiele-Lineup im Test.

© Oculus / Facebook / Oculus / Facebook

Konsolig komfortabel

Bei manchen Dingen macht es einfach auf Anhieb klick, wenn man sie zum ersten Mal benutzt: Mein erster Walkman als mobiler Musikplayer in den Achtzigern, die Nintendo Switch als Hybridkonsole, die ich gerne mal auf Reisen einpacke. Oder auch Spielmechaniken wie in Astro Bot Rescue Mission, die einfach unheimlich gut zu PSVR passen. Die am 21. Mai erscheinende Oculus Quest gehört ebenfalls zu diesen Dingen, die man beim ersten Ausprobieren auf Anhieb versteht – obwohl ich das gar nicht erwartet hatte.

Vor einer Woche ließ mich das Paket von Oculus noch völlig kalt. Sobald ich das Headset erst einmal auf dem Kopf hatte, haben mich die Bewegungsfreiheit und das erstaunlich präzise Tracking aber schnell für sich gewonnen. Tatsache: Ich kann in Racket Fury: Table Tennis VR völlig frei vor der Tischtennisplatte zum Ball springen! Und im Zelda-ähnlichen Journey of the Gods (zum Test für Oculus Quest) laufe und ziele ich mit der Armbrust in alle Richtungen – ganz ohne ruckartige Drehungen mit dem Stick oder ein zerrendes Kabel, das mich an die reale Welt erinnert. Endlich frei!

Kabellos ohne Hintergedanken?

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Uns ist das Headset bislang nicht vorm Kopf gerutscht. Ganz so agil wie auf den PR-Fotos sind wir allerdings bislang nicht durchs Büro gehüpft. © 4P/Screenshot

Klar – eigentlich kenne ich kabelloses VR schon vom PC; mit Hardware-Erweiterungen wie TPCast (zum Test) oder dem offiziellen Vive Wireless-Adapter (zum Test). Oculus Quest setzt die spielerische Freiheit aber deutlich eleganter um. Montage-Arbeiten sind nicht nötig und auch das Unterbewusstsein fühlt sich freier: Hier schwirren mir keine Sorgen darüber durch den Kopf, ob der Video-Stream zum Headset abbrechen oder die CPU überlasten könnte. Einfach aufsetzen und los geht‘s? Nicht ganz: Vorm ersten Einsatz ist leider eine Verknüpfung mit einem Smartphone und der darauf installierten Oculus-App nötig (Ab Android 5.0 oder iOS 10.0). Als Nächstes ließen wir die Quest direkt mit unserem WLAN-Router Kontakt aufnehmen.

Danach konnten wir alle Apps und auch den Store problemlos nur mit dem Headset bedienen – selbst wenn das verknüpfte Handy ausgeschaltet war. Ein Facebook-Account ist glücklicherweise (noch?) nicht nötig. Ein leicht mulmiges Gefühl blieb natürlich trotzdem, als ich die Zuckerberg-Hardware jedes noch so kleine Detail meiner Wohnzimmer-Einrichtung scannen ließ.

Faszinierend gutes inside-out-Tracking

Diese Erfassung bildet die Grundlage für das neue Inside-out-Tracking, welches auch beim kommenden PC-Headset Rift S zum Einsatz kommt. Vier schräg eingelassene Kameras im vorderen Rand des Headsets scannen beim ersten Einsatz in einem neuen Raum alle möglichen Unebenheiten wie Tische, Regale, Boxen, woraus die Software eine dreidimensionale Karte berechnet. So erkennt das System jederzeit, wo sich der Kopf des Spielers befindet. Danach zeichnet man flott die Außengrenzen des Spielfelds, die später nur sichtbar werden, wenn man ihnen zu nahe kommt. Steckt man Hände oder Kopf durchs Schutzgitter, vergrößern sich die roten Warnkreise so lange, bis man schließlich in die Außenwelt blickt – inklusive verwirrter Kollegen, die sich fragen, warum man sich gerade über ihren Schreibtisch beugt.

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Ein handlicher Karton: Darin steckt das Headset, zwei Controller + Batterien, ein Lade-Adapter mit Micro-USB-Kabel, ein Brillen-Einsatz und ein kleiner Einrichtungs-Guide. © 4P/Screenshot

Bislang dient dieses leicht ruckelnde, schwarz/weiße Kamerabild nach außen nur als „Aufprallschutz“; Augmented-Reality-Spiele sind noch nicht angekündigt. Manchmal „vergaß“ das OS allerdings einen Raum, so dass ein erneutes Scannen nötig wurde. Oder es stürzte sogar ab, als etwa Kollege Mathias direkt vor der Kamera entlang lief. Solche Zicken, bei denen das Bild kurz wackelt oder verschwindet, blieben in meinen rund 20 Test-Stunden aber die Ausnahme. Spiel-Sessions im Freien bei gleißenden Sonnenstrahlen könnt ihr übrigens vergessen; das System funktioniert von Haus aus nur in geschlossenen Räumen. Ein Redakteur des französischen Magazins ETR hat die Beschränkungen allerdings bereits mit Tricks umgangen und erfolgreich in der Dämmerung auf einem riesigen Sportplatz gespielt (zur News). Wer dagegen nur sehr wenig Platz zur Verfügung hat, kann übrigens jederzeit in einen stationären Modus mit einem schmalen kreisrunden Schutzgitter umschalten.