Es wird immer wieder von der Geschichte angedeutet, wenn er etwa seinem Meister in einem pompös inszenierten Kampf gegenübersteht. Doch wo Ryu Hayabusa nie seine charakterlichen und damit erzählerisch wertvollen Wurzeln vernachlässigt, wirkt Ken beinahe wie sein Namensvetter aus dem Barbie-Universum. Er möchte sich zu vielen Gruppen anbiedern und verliert sich dabei meist selber. Wie das Kinderbuch-Chamäleon haben die Entwickler zwar noch rechtzeitig erkannt, dass es nicht ratsam ist, seine Wurzeln komplett aufzugeben und kriegen Richtung Ende noch die Kurve. Aber auch wenn der Weg dorthin mit gänzlich gelungener Unterhaltung gepflastert ist, bleibt
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Spannende Bosskämpfe, Schienen-Balleraction, Quicktime-Events, Akrobatik: Als Action-Chamäleon ohne Eigenständigkeit kann Ninja Blade gut unterhalten. |
auch das Gefühl zurück, dass mit ein wenig mehr Selbstbewusstsein viel mehr aus der Materie hätte herausgeholt werden können.
Reaktionsspielchen im Überfluss
Wo das Team aber definitiv über die Stränge schlägt, sind die so genannten Quick Time Events (QTE), also Reaktionsspielchen, in denen man eine bestimmte Taste rechtzeitig drücken muss.
Dass dies bei Bosskämpfen gang und gäbe ist und gut genutzt werden kann, haben Titel wie God of War bereits eindrucksvoll bewiesen. Dementsprechend geht die Taktik in dieser Hinsicht auch in Ninja Blade gut auf: Hat man die Strategie für den jeweiligen Boss herausgefunden und ihn/sie/es schließlich mit Timing, etwas Glück und viel Geschick auf eine bestimmte Stufe seiner Energie herunter gekämpft, kann das QTE gestartet werden. Und das belohnt nicht nur mit einem spektakulären Finisher, sondern auf dem Weg dahin auch mit einigen teilweise atemberaubenden Sequenzen, die durchaus dafür sorgen können, dass man vor lauter Staunen vergisst, die entsprechenden Tasten zu drücken.
Da man allerdings auch bei bestimmten Standard-Kombos mit einem Mini-QTE einen besonderen Finisher abrufen kann, fühlt es sich so an, als sei man fast die Hälfte der Spielzeit mit diesen QTEs beschäftigt – auch wenn es letztlich nur zwischen 15 und 25 Prozent sein dürften. Und die gefühlte Ratio ist mir etwas zu viel; so spektakulär alles auch inszeniert wird und so sehr Ninja Blade letztlich wie eine gigantische Bosskampf-Tour-de-Force wirkt.
Faux pas
Interessant, wenngleich spielerisch absolut irrelevant ist die Möglichkeit, Ken mit allerlei Kostümen auszustatten und sogar eigene Farbkombination zu entwickeln, die dann in den Zwischensequenzen zur Schau getragen werden.
Aus einem anderen Grund interessant ist eine fehlgeleitete Designentscheidung: Denn dass man innerhalb der unter Umständen umfangreichen Abschnitte – man ist im Schnitt etwa 45 Minuten bis eine Stunde mit einem Level beschäftigt – nicht speichern kann (es gibt auch keine Schnellspeicherung) ist ein anachronistisches Manko, das auch von den intelligent gesetzten Kontrollpunkten nicht vollständig abgemildert werden kann und das letztlich viele wertvolle Motivationspunkte kostet.
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Der insektoide Hubschrauber ist eines der zahlreichen Beispiele für das gelungene Figurendesign, hinter dem viele Umgebungen leider zurückbleiben. |
Vor allem beim letzten Level, das mit einem Etappen-Bosskampf und entsprechendem Ableben gut zwei Stunden dauern kann, ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem ich sage „Jetzt reichts. Ich brauche mal ’ne Pause.“ Aber entweder schalte ich die Konsole jetzt aus und muss mich nochmals durch den kompletten Abschnitt arbeiten. Oder aber ich lasse das Gerät laufen – beide Alternativen klingen nicht überzeugend…
Hübsch anzusehen?
Angesichts vieler anderer guter Entscheidungen -und sei es auch nur die, ein bestimmtes Element aus diesem oder jenem Titel zu nehmen und in Ninja Blade einzubauen- fällt es mir schwer, einen Grund für dieses Speicherdesaster zu finden. Zumal auch hinsichtlich der Kulisse vieles richtig entschieden wurde. Im Detail neigen die Schauplätze zwar immer wieder zu matschigen Texturen sowie eintönigen Häuserfassaden, doch das wird durch das ausgefeilte Figurendesign sowie die effektvoll inszenierten Zwischensequenzen und QTEs weitestgehend wett gemacht, so dass sich letztlich alles auf einem ansehnlichen Niveau einpendelt. Angefangen von Ken als Hauptfigur, der bis auf wenige Ausnahmen sehr geschmeidig animiert seine Klingen durch die Gegner jagt, bis hin zum fantasievollen Design der vom Virus gezeichneten Monster, die mit überwältigender Mehrheit beunruhigende bis erschreckende insektenähnliche Züge tragen. Beispielhaft seien hier die bildschirmfüllenden Bosse erwähnt oder die „Insekten-Hubschrauber“, die wie schwer bewaffnete Libellen hinter einem her sind und einem alles abverlangen.
Wiederum im Gegensatz dazu stehen die zu starren Gesichter, die kaum eine Gefühlsregung preisgeben – und das, obwohl die zumeist gelungene (englische, wahlweise japanische, in jedem Fall sauber deutsch untertitelte) Sprachausgabe eigentlich das Gegenteil suggeriert. Auch die sehr karge Benutzerführung wirkt spröde und wenig mehr als zweckmäßig. Doch das sind Punkte, die unter dem Strich nur eine vergleichsweise kleine Rolle bei der Wertungsvergabe spielen. Auch die natürlich immer in den ungünstigsten Momenten aus dem Ruder laufende automatische Kamerapositionierung (es kann manuell nachreguliert werden) hat im Gegensatz zum Speichersystem kaum Auswirkungen.