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Ninja Blade (Action-Adventure) – Ninja Blade

Seit Last Ninja auf dem C64 ist viel Zeit ins Land gezogen. Doch die Faszination, die von den fernöstlichen Meuchelmördern ausgeht, ist von Shinobi über Tenchu bis hin zu Ninja Gaiden ungebrochen: Mal als Abwandlung von Stealth-Action, mal als Shuriken-Plattformer, mal als pure Klingen-Action. Die Ninjas sind trotz stark schwankender Qualität nicht mehr aus der Softwarewelt wegzudenken. Können sie im neuesten Action-Mix von From Software endlich wieder zu Hochform auflaufen?

© From Software / Microsoft (Xbox 360); bitComposer Games (PC)

Ninja Kunterbunt

Kennt jemand das Kinderbuch „Chamäleon Kunterbunt“ von Eric Carle? Hier geht es um ein Chamäleon, das nicht nur seine Farbe, sondern auch seine Form wechseln kann. So wirkt es schließlich wie ein liebenswerter animalischer Flickenteppich mit Teilen von Seehunden, Giraffen, Elefanten, bevor es irgendwann seinen eigenen Wert erkennt.

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Video: Ninja Blade bietet einen gut inszenierten Action-Mix mit spektakulären Bossen

Ninja Blade (NB) erinnert mich in vielerlei Hinsicht an eben dieses farb- und formwechselnde Wesen. Denn From Software scheint sich nicht nur die schwarz gekleidete Konkurrenz von Team Ninja gut angeschaut zu haben, sondern hat darüber hinaus akribisch recherchiert, woran die Action-Fans in den letzten Jahren Gefallen gefunden haben.
Das wiederum spiegelt sich in nahezu allen Elementen wider, die einem in der Einstiegsphase begegnen und die bis zum Ende des gut zehn bis zwölf Stunden langen Abenteuers auftauchen. Ninja Blade hätte auch „God of Persia May Cry Sector Gaiden“ heißen können. Und vor allem die Hauptfigur leidet darunter, dass sie zwar teils sehr spektakulär inszeniert wird, man aber größtenteils die bekannten Versatzstücke erkennt, ohne dass diese dem Charakter jedoch Eigenständigkeit verleihen würden. So bleibt Ken letztlich ein Chamäleon ohne Persönlichkeit – schade.

Tokyo in Not

Die japanische Hauptstadt musste in der virtuellen Welt von Film und Spiel schon viel über sich ergehen lassen: Godzilla hat die Metropole schon einige Male in Schutt und Asche gelegt, sie wurde von Erdbeben heimgesucht und vieles mehr. Doch so nah am Abgrund, der sich auch global auswirken könnte, stand Tokyo nur selten: Ein Virus, der alle, die mit ihm in Verbindung kommen, in Tod bringende Monster verwandelt, breitet sich rasend schnell aus. Nur der Ninja Ken, scheinbar immun gegen die Gefahr, ist in der Lage, kann der globalen Krise die Stirn bieten.
Zugegeben: Die Story, die auch in Spielen wie Resident Evil oder Illbleed variiert wurde, ist weder neu oder gar originell, doch damit passt sie wunderbar zu der Schwertkampf-Action, die ebenfalls weniger darauf bedacht ist, mit frischen Elementen zu punkten als vielmehr Variationen bekannter Stilmittel feilzubieten – ohne sie sich zu Eigen zu machen.

Von Dante über Ryu zu Kratos

Und so schnetzelt man sich wie Dante oder Kratos in alt bekannter Manier durch weitestgehend lineare Abschnitte oder hüpft wie der persische Prinz von Stange zu Stange oder läuft wie eben dieser (und auch Ryu Hayabusa) an der Wand entlang, wobei die akrobatischen Elemente hin und wieder mit einer zweifelhaften Kollisionsabfrage zu kämpfen haben. Drei Nahkampfwaffen (eine ausgeglichen, eine schwach, aber schnell in der Handhabung sowie eine mächtige, aber dafür schwerfällige) stehen zur Verfügung und können mit der gewonnenen Erfahrung aufgerüstet werden – kennt man ebenfalls aus den DMCs, GOWs und NGs dieser Welt. Es ist zwar möglich, während einer Kombo die aktive Waffe über das Digipad zu wechseln, Auswirkungen bzw. Zugriff auf spezielle Angriffe hat man dadurch allerdings nicht.

Zusätzlich gibt From Software einem noch die Glaive aus Dark Sector als Fernkampf-Waffe in die Hand. Sie heißt hier zwar „Ninjutsu“, doch da man sie in Ninja Blade ebenfalls mit einer Elementarkraft (z.B. Feuer, Elektrizität) versehen kann und diese auch bei den spannenden Bosskämpfen sowie in der leichten Rätsel-Interaktion mit der Umgebung einsetzen muss, erinnert sie stark an das Vorbild.

Ninja Ken erinnert nicht nur an Ryu Hayabusa, sondern vereint auch Züge von Kratos, Dante sowie eines persischen Prinzen in sich.

Mit der Ninja-Vision wiederum wird die Neotokyoter Variante der Zeitlupe aka Bullettime aufgeboten. Allerdings verlangsamt sie nicht nur die „Außenwelt“, so dass Kens Aktionen effektiver eingesetzt werden können oder er dem sicher geglaubten Ableben entgehen kann, sondern sie zeigt auch zusätzlich potenzielle Schwachpunkte der Gegner, was vor allem bei den Bossen hilfreich sein kann.
Abgerundet wird der Spielemix durch clever inszenierte Schienen-Action, in denen man hinter einem Stationärgeschütz Platz nimmt, während man von einem gepanzerten Bodenfahrzeug oder einem Helikopter durch die Welt kutschiert wird.

Da From Software die verschiedenen Elemente sehr gut angeordnet hat und auch geschickt mit Tempo- und Gegnervariationen hantiert, kann man sich über ansprechend inszenierte Action nicht beklagen. Aber die charakterliche Eigenständigkeit der Figur sucht man größtenteils vergebens. Statt mit einem Ninja in Tokyo hätte man auch mit einem Matrix-Agenten in New York oder einem Spartaner in der Antike unterwegs sein können – auch wenn mit dieser Konstellation die Rail-Sequenzen sowie bestimmte Story-Elemente anders hätten interpretiert werden müssen. Und so sehr ich die Öffnung der Design-Entscheidungen gen Westen begrüße und so viel Spaß ich mit dem Action-Chamäleon habe, so sehr bedauere ich es, dass das Team verpasst hat, dem Ninja Ken ausreichend Tiefe zu geben.