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Mass Effect 3 (Rollenspiel) – Mass Effect 3

Tod und Trümmer überall, die Erde gleicht einem Schlachtfeld: Wie aus dem Nichts wird der blaue Planet von den gefürchteten Reapern überfallen. Sie wollen alle organischen Wesen des Universums vernichten, sind absolut skrupellos und technologisch weit überlegen. Die Verteidigung scheint aussichtslos, konventionelle Waffensysteme versagen. Wie kann man die Menschheit retten? Wie kann man das Leben an sich retten? Es gibt nur eine Antwort: Shepard!

© BioWare / Electronic Arts

Auf der Citadel reden und suchen

[GUI_PLAYER(ID=86342,width=400,text=Es gibt einige ansehnliche Filme mit Star Wars-Flair.,align=right)]Gut, dass es neben der explosiven, aber auf Dauer redundanten Action noch etwas Rollenspiel gibt. Die Gespräche erreichen gerade in Konfliktsituationen immer noch eine Qualität, von der viele andere Spiele weit entfernt sind. Hinsichtlich der Dramaturgie beweist BioWare seine Klasse, indem man immer wieder in ein moralisches Dilemma gerät und Entscheidungen mit teilweise tödlichen Konsequenzen treffen muss. Trotzdem wird man auch auf diesem Spezialgebiet der Kanadier ernüchtert: Die Dialoge sind manchmal sehr kurz und teilweise oberflächlich. In den Situationen, wo es um die politische oder auch emotionale Überzeugung geht, wo sich Shepard kommunikativ beweisen müsste, vermisst man verschachtelte Gespräche mit mehreren Antworten, die auch mal zum Lesen und Nachdenken animieren, bevor man losplappert.

Kinect auf der Xbox 360:

Auf der Xbox 360 kann man Kinect einsetzen, um Sprachbefehle in Echtzeit zu erteilen: Egal ob der Einsatz von Fähigkeiten, die Deckungssuche oder das Anlegen von Waffen. Man kann auch Türen per Kommando öffnen oder die Antwort in Gesprächen laut vorlesen. © 4P/Screenshot

Man hat die Dialoge zu schnell durchschaut. Man hat meist nur zwei Optionen, wobei ein, zwei Klicks auf die obere und damit „gute“ bzw. „vorbildliche“ Antwort ausreichen, um nahezu jede Situation optimal zu meistern. Sehr ärgerlich ist dabei, dass die kurzen Antworttexte manchmal nicht dem entsprechen, was Shepard bei einem Klick darauf antwortet: Zwischen dem provokativen „Sind sie wahnsinnig?“ und einem „Wie wollen sie das machen?“ liegen Welten. So verlieren vermeintlich brisante Szenen wie z.B. Shepards erstes Treffen mit dem Rat der Citadel an außenpolitischer Glaubwürdigkeit und rhetorischem Anspruch. Auch die Rekrutierung alter Gefährten ist hinsichtlich der Kommunikation manchmal eine Sache von Sekunden. Natürlich herrscht Krieg da draußen, natürlich hat es Shepard eilig, aber so wird es ihm auch verdammt einfach gemacht – egal ob Romanze oder Allianz, alles idiotensicher. Und warum nutzt man nicht wenigstens die Dramatik der Echtzeit, um Antworten auf Zeit zu verlangen? Alpha Protocol war in dieser Hinsicht interessanter.

Abtrünnig oder vorbildlich?

Lediglich in vereinzelten Situationen muss man wie im Vorgänger schnell reagieren, wenn das gute blaue oder das böse rote Symbol auftaucht: Ein Klick und schon unterbricht man den Zuhörenden, weist ihn schroff zurecht oder lenkt beschwichtigend ein. Dieses System sorgt für mehr Aufmerksamkeit, aber es ist nicht optimal designt. Mal abgesehen davon,

Feinde hinter Schilden sollte man mit SChnellfeuer oder Disruptor-Mun angreifen.
Feinde hinter Schilden sollte man mit Schnellfeuer oder Disruptor-Mun angreifen. © 4P/Screenshot

dass Shepard seine Karrierepunkte weder direkt in Charisma noch Rhetorik investieren kann, weil es keine reinen sozialen Fähigkeiten gibt: Warum habe ich in diesen Konflikten nicht grundsätzlich die Wahl zwischen abtrünniger oder vorbildlicher Antwort? Das würde die Entscheidung erschweren. So taucht oftmals willkürlich die eine oder andere Aktion auf. Es kann z.B. sein, dass der eigene Shepard einen zu 90% vorbildlichen Ruf hat, aber dennoch lediglich eine abtrünnige Aktion aufblinkt. Warum?

Shepards Ruf setzt sich ja aus beiden zusammen: Vorbildlichen (blau) und abtrünnigen (rot) Punkten, die man für Antworten oder Missionen bekommt und die zusammen eine Leiste ergeben. Je nachdem, wie weit man in einem Bereich ist, werden weitere Dialogoptionen oder Unterbrechungshandlungen wie oben beschrieben freigeschaltet. Dass man nicht genügend Ruf in einem Bereich erworben hat, wird immer dann klar, wenn z.B. Antworten in Gesprächen ausgegraut und damit nicht verfügbar sind – das ist wesentlich nachvollziehbarer als das willkürliche Auftauchen der Aktionen.

Romanzen und Techtelmechtel

Man kann Beziehungen eingehen, sowohl hetero- als auch homo- und aliensexuell. Wie gehabt muss man dafür einiges an Zeit und vor allem Dialoge investieren, aber der Weg zum Ziel inklusive Akt ist denkbar billig. Schade ist, dass man sich den aktuellen Beziehungsstand nicht anzeigen lassen kann. Auch die reine Loyalität gegenüber Shepard bleibt unsichtbar, obwohl auch sie Auswirkungen hat: Immerhin kann man eine Fähigkeit dieses überzeugten Crewmitglieds zur Auswahl im Labor freischalten – z.B. die Inferno-Granate oder Warp-Munition.

Ich habe auf meiner Reise weder einen Zickenkrieg an Bord erlebt noch einen Streit darüber, wer bei der nächsten Mission dabei sein darf. Lediglich zu Beginn des Abenteuers kommt es zwischen den Botschaftern zu einer hitzigen Debatte, bei der Shepard eingreifen darf. Aber ansonsten verläuft der Alltag auf der Normandy ohne allzu große Zwischenfälle: Man liest seine Mails, tröstet oder bestärkt, fliegt zum nächsten Planeten. Erst während der Missionen dort kann es zu tragischen Momenten kommen. Aber viel zu selten wird Shepard in Konflikte auf dem Raumschiff hinein gezogen.