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Mass Effect 3 (Rollenspiel) – Mass Effect 3

Tod und Trümmer überall, die Erde gleicht einem Schlachtfeld: Wie aus dem Nichts wird der blaue Planet von den gefürchteten Reapern überfallen. Sie wollen alle organischen Wesen des Universums vernichten, sind absolut skrupellos und technologisch weit überlegen. Die Verteidigung scheint aussichtslos, konventionelle Waffensysteme versagen. Wie kann man die Menschheit retten? Wie kann man das Leben an sich retten? Es gibt nur eine Antwort: Shepard!

© BioWare / Electronic Arts

Landen und kämpfen

Shepard trifft auf viele alte Bekannte, darunter auch Liara.
Shepard trifft auf viele alte Bekannte, darunter auch Liara. © 4P/Screenshot

Im Vorfeld wurde mehr Anspruch im Gefecht versprochen. Wenn damit eine bessere KI gemeint war, muss man den Kopf schütteln: Teilweise hat sie Moorhuhn-Niveau. Dass die Kämpfe tatsächlich manchmal etwas kniffliger sind, liegt also nicht daran, dass BioWare die Computerintelligenz erhöht hat – man kann meist ohne Gefahr flankieren, manche Feinde reagieren überhaupt nicht, wenn sie in Deckung sind und selbst dann nicht, wenn man neben ihnen steht. Aber wesentlich früher tauchen mittelgroße Kreaturen wie Verwüster oder Mechs mit starken Barrieren, Schilden oder Fähigkeiten sowie getarnte Einheiten wie Phantome auf, die auch noch von vielen normalen Truppen begleitet werden. Es ist allerdings eher die Masse, die die Gefechte manchmal schwerer als nötig macht. Da muss man sich taktisch kaum anpassen: Wenn Zenturionen ihren dichten Rauch einsetzen, sorgt ein Scharfschützengewehr für Durchblick. Wenn Feinde mit Schilden nahen, hilft Schnellfeuerbeschuss. Bei einer Banshee sollte man die biotischen Sprünge für den Angriff abwarten – selbst wenn man es nicht tut, erledigt das die kombinierte Feuerkraft.

Diese Wesen, vor allem wenn sie zu dritt auftauchen, sorgen dennoch für wesentlich mehr Gefahr als das hirnlose Zombie- und Mutantenzeug, das einem in ein, zwei oder drei

Ärgerliche Ladephasen:

Sowohl auf der Normandy als auch auf der Citadel muss man häufig warten. Vor allem auf Shepards Raumschiff wird man bei jedem Gang vom Kommandoraum zur Galaxiekarte künstlich aufgehalten, indem man immer wieder einen Scan über sich ergehen lassen muss. © 4P/Screenshot

Wellen wie blöde vor die Flinte läuft. Wer die situative Hochspannung eines Gears of War 3 oder Killzone 3 sucht, wird sie hier nicht finden – von den steifen Animationen beim Kampf ganz zu schweigen. Man kann wie gehabt jederzeit pausieren, das Fähigkeitenrad aufrufen und einen Feind quasi von drei Seiten gleichzeitig unter Beschuss nehmen – das bringt selbst die dicksten Brocken schnell zu Fall. Wenn man die Kräfte seiner Gefährten kombiniert, wenn man z.B. biotisch lähmt, dann einfriert und mit einer Haftgranate bestückt, hat man sie vernichtet. Es gibt eine Hand voll Kombos, mit denen man alle Situationen meistert: Ziehen und Warp, Überlasten und Betäubungsschuss, Verbrennung und Blutbad, Einfrieren und Sturmangriff. Aber erstens kennt man das schon zur Genüge aus dem Vorgänger. Und zweitens gelingt es nicht, diese bekannte Kampftaktik zu variieren oder gar aufzuwerten: Warum wird man nicht mal von feindlichen Biotikern attackiert und selbst in die Luft befördert? Warum gibt es keine Konter über Fähigkeiten? Warum ist das Befehlssystem immer noch genau so simpel (Steuerkreuz rechts/links für die Deckung; unten für Sammlung; oben für Angriff) wie überflüssig, weil die KI einfach so wieder den sicheren Schutz verlässt?

Gears of War lässt grüßen

Zu selten fordern die Gefechte taktische Planung: Meist reichen ein paar Kraft-Kombos.
Zu selten fordern die Gefechte taktische Planung: Meist reichen ein paar Kraft-Kombos. © 4P/Screenshot

Keine Entscheidung verdeutlicht die Anbiederung BioWares an Shooter wie Gears of War so deutlich wie das einzige frische Element, nämliche der neue Nahkampf über die so genannte Omniblade: Shepard kann auf Feinde zurennen und ihnen seine orange glühende Klinge nach kurzer Aufladung in den Körper rammen – die Kettensäge lässt grüßen, es gibt auch Bayonette für Gewehre und je nach gewählter Klasse unterschiedliche Angriffe. Leider hat man es damit etwas übertrieben, denn wer sich auf diese kurze Distanz und den Vollkontakt konzentriert, schlitzt sich viel zu leicht durch; auch direkte Tötungen aus der Deckung heraus sind möglich. Allerdings ist die Handhabung zu steif, die Übersicht geht oftmals flöten und die animierte Ausführung ist nicht gerade ansehnlich. Dazu passt die neue Beweglichkeit: Man kann im Sprint über Abgründe springen (automatisch ohne Timing) und über einen Doppelklick zügiger hüfthohe Hindernisse überwinden. Das Ducken oder Kriechen im Gelände ist nicht möglich.

Allerdings wirkt die neue Akrobatik in den Verfolgungsszenen nicht immer flüssig, denn man muss zu oft die Kamera nachjustieren oder kann plötzlich doch nicht auf ein Plateau klettern, obwohl es nicht viel höher liegt als die anderen. Das schlauchartige Leveldesign bietet mehr Freiraum und Größe, wird aber immer noch künstlich beschränkt. Vor und nach den Gefechten sollte man sich dennoch gut in den Gebieten umsehen: Meist findet man Medizin, Waffen, Modifikationen oder Credits.

Ein Armutszeugnis für die Action sind übrigens die Geschützturmszenen: Es ist ja nicht so, dass man das nicht spannend gestalten kann, aber wer hat sich bloß dieses primitive Wegrotzen ausgedacht? Selbst wenn man nicht alle Husks auf Anhieb trifft, scheint auch das keine Rolle zu spielen – es kommt quasi nie einer durch. Man vermisst anspruchsvolle Geschützturmszenen, in denen man sich auch mal auf den Schwachpunkt eines Feindes oder auf die Zerstörung explosiver Umgebung konzentrieren muss, um die Wellen zu überstehen. Gerade im letzten Drittel, wenn es wirklich heikle Missionen gibt, kann man nur den Kopf schütteln, wenn Shepard mal wieder an die Projektilrampe muss. Gibt`s dafür keine Spectre-Hiwis? Oder einen Bot?