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LittleBigPlanet 2 (Logik & Kreativität) – LittleBigPlanet 2

Wer den Giganten der Spielindustrie chronische Ideenlosigkeit vorwirft, kann ab dem kommenden Freitag persönlich für Abhilfe sorgen: Mit der Veröffentlichung von LittleBigPlanet 2 ruft Sony seine Spieler ein weiteres mal dazu auf, aktiv zu werden. Das Abenteuer der grinsenden Häkelpuppe Sackboy ist nicht nur ein schickes Jump’n’Run im Bastel-Design, sondern auch ein gigantischer Baukasten, mit dem sich noch deutlich mehr verwirklichen lässt als im Vorgänger. Vorhang auf für die Kreativität der Community!

© Media Molecule / Sony

Das Spiel der Spiele

Wer einen Blick auf die ersten Schöpfungen aus der Beta geworfen hat, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus: In einem Exemplar flitzt Sackboy durch tiefste Finsternis – bis die Elektro-Musik einsetzt und die grell glühenden Neon-Plattformen im Takt der Bassdrum sichtbar macht und wieder verschwinden lässt. Arcade-Shooter im Stil von Geometry Wars oder After-Burner gibt es ebenfalls und vieles, vieles mehr.

Cooler geht’s nicht: Der sprungstarke Riesenhase mit den Kulleraugen ist nur eines der mechanischen Reittiere.

Auch ein Blick auf die Liste der Tutorials vermittelt einen ersten Eindruck davon, wie mächtig der neue Baukasten ist: In rekordverdächtigen 52 Exemplaren verrät Robert de Niros deutscher Synchronsprecher mit uriger Märchenonkel-Stimme die Grundfunktionen und all jene Kniffe, welche mit praktischen Neuheiten wie der Harpune oder den programmierbaren Sackbots möglich werden. In den meisten Lektionen darf ich mit Sackboy herumturnen und das Erklärte direkt ausprobieren.

Als ich Mathias nach einer ausgiebigen Bastelstunde vom Überfluss der Möglichkeiten erzähle, wiegelte er ab: „Also ich probiere den ganzen Kram bestimmt nicht aus!“ Doch auch an ihn hat Entwickler Media Molecule gedacht: Neben dem Baukasten steckt schließlich ein komplettes Hüpfabenteuer im Spiel, welches ebenfalls vom neuen Editor profitiert. Viele der professionellen Level-Baumeister wurden aus der Community des ersten Teils rekrutiert und arbeiten mit dem gleichen Editor wie alle anderen Spieler auch. Man merkt an jeder Ecke, dass unheimlich viel Liebe in die Levels geflossen ist. Beispiele dafür sind die coolen Roboter-Tierchen wie das aus dem Maul ballernde Kamel mit realistisch wehendem Fell oder die putzige Transport-Biene, mit welcher kleine Schützlinge in Sicherheit getragen werden. Siehe da: Kaum kullere ich mit einem kugelrunden Mech-Hamster durch die Levels, ist plötzlich auch Mathias begeistert: „Cool – das muss ich haben!“. Er ist mit Sicherheit nicht der Einzige, der nicht basteln, sondern nur gemütlich zocken will, und dafür gibt es den Story-Modus.

Atreju lässt grüßen

Beim Austüfteln der Geschichte hat Media Molecules kaum Kreativität bewiesen: Es geht schlicht und einfach darum, dass ein fieses Monstrum aus dem All mit dem Namen „Negativitron“ alle von Sackboy bereisten Welten ins Chaos stürzt und jegliche Kreativität vernichtet. Das Thema passt zwar ähnlich gut zum Spiel wie das Nichts zur Unendlichen Geschichte, trotzdem hätte es ruhig etwas tiefgründiger sein dürfen. Glücklicherweise sind die Akteure und ihre Welten aber so herzallerliebst gestaltet, dass ich nicht im Traum darauf gekommen wäre, die Zwischensequenzen wegzudrücken. Allein das ebenso euphorische wie schusselige Kauderwelsch von Larry Da Vinci klingt herrlich albern.

Silvia Paragorica und Fabrikdirektor Clive Handforth verbünden sich mit Sackboy gegen das finstere Negativitron.

Auch das Design meiner anderen Verbündeten ist klasse, z.B. das von Clive Handforth. Seit das Negativitron seine Fabrik für ein besseres Morgen unterjocht hat, ist er nur noch ein Schatten seiner selbst – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Er wandelt als Notizblock mit Füßen durch die Werkshallen. Seine traurigen Gesichtszüge wurden wie bei einem Strichmännchen auf das Papier gekritzelt, inklusive stilecht wackelndem Fabrikdirektor-Schnurrbart aus der Zeit der industriellen Revolution. Auch Silvia Paragorica sieht todschick aus: Auf ihrem fotorealistisch matt lackiertem Vogelkäfig-Helm sind sogar feine Farbbläschen zu sehen. Die verträumte Musikbegleitung glänzt ebenfalls mit viel Abwechslung und passt perfekt zu den fantasievollen Welten.

Auch in den Kulissen ist der überschäumende Ideenreichtum der Entwickler allgegenwärtig: Die Reise führt durch kunterbunte Kuchen-Landschaften, den dicht überwucherten südamerikanischen Dschungel sowie in finstere Höhlen. Sogar ein Shooter-Ausflug in menschliche Organe steht auf dem Programm. Der Fokus liegt aber klar auf futuristischen Science-Fiction- und Retrospiel-Welten. Passend dazu erstrahlen die meisten von ihnen in einem modisch glühende Neon-Look. Da das Spiel auf dem Vorgänger aufbaut, hat Media Molecule nur Details der Engine überarbeitet. Manche der ohnehin schon fotorealistischen Bastelmaterialien sehen jetzt noch eine Spur echter aus. Bei Szenen mit Feuer, Rauch Wasser und anderen feinen beweglichen Dingen gibt es hübschere Partikel zu sehen und die dritte Änderung ist die neue Beleuchtung. In den Retro-Levels glühen Monsterpixel, im Weltall strahlen die Himmelskörper und in einer unterirdischen Höhle werden die Plattformen sogar nur dann sichtbar, wenn lodernde Feuerkäfer an ihnen vorbeiflattern.