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Let’s Tap (Geschicklichkeit) – Let’s Tap

WiiMotion Plus: Nintendo erweitert seinen Controller um neue Fähigkeiten, um endlich das zu bieten, was Wii einst versprochen hat. Und was macht Sega? Man springt dem populären Hype natürlich hinterher und versucht, einen Tennis-Klassiker mit dem Plus an Kontrolle zu erweitern… Dabei beweist eine den Kinderschuhen entwachsene Ikone zur gleichen Zeit und mit ganz einfachen Mitteln, dass Schlagwörter wie „Innovation“ oder „neues Spielgefühl“ gar keinen teuren Aufsatz brauchen!

© Prope / Sega

Auf die Plätze…

Doch was tut man in den wenigen vier Minispielen? Zunächst einmal gibt es zwei Eingaben, zwischen denen Let’s Tap unterscheidet: starkes und schwaches Tippen. Während schnelles schwaches Tippen z.B. den Hürdenläufer des ersten Spiels zum Sprint antreibt, springt er durch starkes Tippen. So überwindet er nicht nur Hürden, sondern erreicht auch Abkürzungen oder erklimmt „Lianen“, an denen er Hindernisse schneller überwindet. Wenn zwei bis vier Spieler so um die Wette tippen, ist das sogar richtig spannend! Es braucht Timing, Geschick und ein Auge für die Umgebung. Nicht zuletzt schimmern die Kulissen, als hätte Sega buntes, halb durchsichtiges Glas verbaut; selbst die Figuren passen sich dem coolen Design an. Es mag nicht die Farbgebung typischer Familienunterhaltung sein; ich finde die unterkühlte Farbgebung aber klasse! Man schaltet also nacheinander

16 Strecken frei und freut sich über Gold-, Silber- oder Bronzemedaillen. Hat man von

Ihr müsst Kisten suchen, weil euch zwei Pappkartons nicht den Aufpreis von etwa fünf Euro (die normale Version kostet etwas weniger als 30 Euro, die Special Edition etwas unter 35) wert sind? Sonic-Vater und Let’s Tap-Erfinder Yuji Naka hofft, dass das Suchen nach dem richtigen Karton nicht nur die Lust am Entdecken weckt, sondern dass sich jeder Spieler so auch seinen ganz privaten „Controller“ findet. Vor allem aber kann er sich vorstellen, dass deutsche Spieler die Schachteln ihrer Brettspiele nutzen – immerhin sind diese in fast jedem Haushalt vorhanden. Viel Erfolg beim Suchen!

den Rennen genug, beendet man den Modus allerdings und landet im Hauptmenü. Es gibt keinen über mehrere Disziplinen dauernden Wettkampf. Es gibt nicht einmal eine Siegerehrung, von witzigen Filmszenen wie in Rayman Raving Rabbids brauchen wir gar nicht erst reden!

Ich gehe also zum nächsten Spiel über, bei dem ich ähnlich wie in Jenga übereinander gestapelte Steine herausziehen muss. Starkes Tippen zerrt dabei ruckartig an dem gewählten Stein, leichtes Klopfen zieht nur vorsichtig dran. Irrwitziger Weise muss man beim abwechselndem Ziehen den Controller samt Kiste dabei stets weiterreichen; es gibt keine Möglichkeit, bequem mit zwei, drei oder vier Remotes zu spielen. Das funktioniert nur in einer Variante, an der man sich ebenfalls solo oder bis zu viert messen kann und die zum Glück die ohnehin interessantere ist: Kombiniert man hier mindestens drei gleichfarbige Steine, entsteht ein Bronzestein, während der Turm wieder zusammengeschoben wird, dreimal Bronze ergibt hingegen einen Silberstein usw. Auf diese Art geht das Spiel weiter, bis der Erste einen Diamanten kombiniert. Je mehr Züge man braucht, desto mehr Farben und Hindernisse kommen dabei hinzu, so dass man später genau schauen muss, welchen Stein man noch verrücken kann, ohne dass der Turm zusammenbricht. Auch das macht Laune – solo sogar mehr als gegeneinander, da man alleine ohne Zeitdruck kombinieren kann. Schade aber, dass es auch hier keinerlei Ziele oder Belohnung gibt. Das Überbieten der eigenen Highscore ist mir auf Dauer einfach zu wenig, und Let’s Tap verzichtet „geschickter“ Weise nicht nur auf Mehrspieler-Wettkämpfe im Internet, sondern bietet noch nicht einmal weltweite Ranglisten. Weshalb soll ich dann die Mühe auf mich nehmen?

Tap Band Hero

Also weiter zu Minispiel Nummer drei, dem vielleicht am nächsten liegenden, denn was hat man schon vor vielen Jahrhunderten ohne Wii gerne gemacht? Natürlich: rhythmisch im Takt getrommelt! Und so schaltet man nacheinander die popige Trackliste einer Grundstufen-Disko frei, um alleine oder bestenfalls im Quartett mitzutippen.

Interessant ist, dass jeder Teilnehmer dabei stellenweise andere Noten treffen muss, so dass fast ein Band-Gefühl entstehen könnte – welches in der Abrechnung allerdings umgehend zunichte gemacht wird, weil nur die Einzelleistung bewertet wird. Wieder nicht mitgedacht, wieder nur „nett, aber belanglos“. Zu allem Überfluss müssen hier leichte, normale und starke Töne getroffen werden – den Unterschied zwischen den ersten beiden kann man spielerisch allerdings getrost ignorieren.

Ähnliches gilt auch für das letzte Spiel, das auf den ersten Blick an ein horizontal

scrollendes Shoot’em Up erinnert – bevor es sich als recht simpler Geschicklichkeitslauf durch einen zufällig generierten Parcours entpuppt. Schwaches Klopfen bringt den fliegenden Helden dabei voran, durch schnelles Klopfen gewinnt er an Höhe und bei einem starken Tap schießt er eine Waffe ab, die mit Extras auch in die Breite oder als besonders mächtiges Kaliber feuert. Das Ärgerliche: Nicht jeder starke Tap resultiert in einem Schuss, was besonders in engen Passagen fatal enden kann, wo man mit viel Gefühl die richtige Höhe halten muss. Immerhin kostet jede Berührung mit einem Asteroiden wichtige Lebenspunkte und beim Verlust aller Energie heißt es Game Over. Wieder gibt es nur die Liste mit den eigens erzielten Highscores, wieder fehlt die Online-Anbindung und wieder sorgt die unpräzise Steuerung dafür, dass mich Misserfolge mehr frustrieren als ich mich

Die „Jenga“-Variante Stabile Blöcke fordert eine ruhige Hand und graue Zellen.

über Erfolge freuen kann. Wenn sich zwei bis vier Spieler auf nur einem Bildschirm Saures geben, indem sie ihre automatisch drehenden Flieger durch leichtes Tippen geradeaus bewegen oder durch starkes Tippen Extras frei- und Gegner beschießen, kommt sogar noch weniger Freude auf. Der Mangel an Kontrolle steht nämlich spätestens dann sinnbildlich für die großen Schwächen der ungewöhnlichen Steuerung: Das innovative Tippen ist im ersten Moment witzig – weil es viel zu unpräzise ist, sehnt man allerdings sehr bald ein herkömmliches Konzept herbei.

Ungewollte Klopfschwankungen

Es liegt ja nicht nur daran, dass auf dem Weg von der Tipp-Eingabe über den an jeder Stelle unterschiedlich stark schwingenden Karton bis hin zur mitwippenden Remote oft genug wichtige Informationen verloren gehen. Es hat auch damit zu tun, dass der ständig in Bewegung versetzte, glatte Controller gerne mal innerhalb weniger Minuten verrutscht. Da die Mitte eines großen Päckchens aber stärker schwingt als die Seiten, kann sich die für unterschiedliche Befehle geforderte Klopf-Stärke schon mal mitten im Spiel ändern. Interessanterweise gilt das besonders für die in der Special Edition mitgelieferten Kartons. Man kann die Empfindlichkeit jeder angeschlossenen Remote zwar einstellen, doch das ändert nichts daran, dass diese deutlich variieren kann. Um den grandiosen „Strange Days“ frei zu zitieren: „Die Frage ist nicht, ob die frustresistent sein musst. Die Frage ist, ob du frustresistent genug bist.“ Und um gleich eine Antwort mitzuliefern: Für diese minimale Minispielsammlung will ich es gar nicht sein!