Ein weiterer Schritt in die falsche Richtung stellen meiner Meinung nach die deutlich kleineren und geradlinigen Schauplätze des Spiels dar. Zwar wurden die insgesamt 15 Spielumgebungen erneut mit viel Liebe zum Detail entworfen, aber für Erkundungen abseits des Hauptpfades ist nicht mehr viel Platz und auch die in jeder Welt verstreuten Schatzkisten findet man fast alle im Vorbeigehen. Zwar dürft ihr euch abermals an zahlreichen Minispielen versuchen, aber dass z. B. Arielles Atlantica nur noch als Bühne für primitive Rhythmusspielchen fungiert, ist irgendwie traurig.
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Gelungene Erweiterung: In bestimmten Situationen löst ihr per Dreieck-Taste aufwändige Spezialattacken aus. |
Auch die radikale Reduzierung der im Vorgänger sicher zu Recht kritisierten Hüpf- und Rätseleinlagen hinterlässt einen schalen Beigeschmack. Frustmomente bleiben so zwar aus, aber es wäre auf jeden Fall wünschenswerter gewesen, die Kritikpunkte auszumerzen als die kritisierten Passagen einfach weg zu lassen…
Grandiose Inszenierung
Uneingeschränktes Lob verdient hingegen die neue Nostalgiewelt, in der alles im Stil der ersten Disneyfilme präsentiert wird – inklusive altmodischer Schwarzweißgrafik, antiquierter Soundkulisse sowie Donald und Goofy in Originalform. Auch sonst passen sich Sora und seine Gefährten äußerlich erneut den aktuellen Schauplätzen an – allerdings nicht immer, was gerade im sehr realistisch gehaltenen Fluch der Karibik-Szenario für herbe Kontraste sorgt. Insgesamt ist die Präsentation der Themenwelten und Charaktere jedoch abermals erstklassig – sowohl was Technik als auch Authentizität betrifft. Figuren, Animationen und Effekte wurden liebevoll gestaltet und versprühen nicht nur in den grandiosen Zwischensequenzen perfektes Zeichentrickflair. Da verschmerzt man sogar den Umstand, dass man fast mehr Zeit mit Zuschauen als mit Spielen verbringt.
Auch bei der Vertonung hat man einmal mehr keine Kosten gescheut und ein geradezu sensationelles Aufgebot an deutschen Original-Synchronsprechern verpflichtet. Das gleiche gilt für die vorbildliche Übersetzungsarbeit, bei der selbst Wortwitze gekonnt angepasst wurden. Schade nur, dass nicht alle Dialoge vertont wurden, aber der Anteil an Sprachausgabe ist dennoch erfreulich hoch. Die musikalische Untermalung kommt in meinen Augen bzw. Ohren zwar nicht ganz an die Brillanz des Vorgängers heran, ist atmosphärisch aber nach wie vor topp und lässt Eigenkompositionen und Originalthemen harmonisch in einander fließen.
Und wenn wir schon beim Loben sind: Auch die PAL-Anpassung ist mit absolut balken- und ruckelfreiem 50Hz-Vollbild dieses Mal tadellos und hat wie die grandiose Lokalisierung für zukünftige Square Enix-Spiele hoffentlich Vorbildcharakter.
Viel zu tun
Vorbildlich sind auch die zahlreichen Nebenbeschäftigungen, denen ihr in Kingdom Hearts II nachgehen könnt. Egal ob Item-Synthese, Gummischiffbau, Arenenwettkämpfe oder die zahlreichen Minispiele, Langeweile kommt so schnell keine auf. Auch beim Charakter-Management habt ihr viele Freiheiten: So wechselt ihr Gruppenmitglieder aus, weist verfügbare Items, Fertigkeiten und Zauber zu oder legt das KI-Verhalten eurer Mitstreiter fest. Ärgerlich nur, dass ihr diese Einstellungen nicht auch während eines Kampfes verändern könnt. Wer die falschen Zauber, Fertigkeiten oder Items ausgerüstet oder unpassende KI-Anweisungen vorgenommen hat, muss wohl oder übel damit leben – im Vorgänger hattet ihr zumindest noch die Möglichkeit eure Gefährten auf bestimmte Gegner anzusetzen. Der harmlose Schwierigkeitsgrad und das faire Continue-System gleichen diese Einschränkung jedoch problemlos aus, auch wenn die daraus resultierende Unwichtigkeit der Einstellmöglichkeiten berechtigte Zweifel am Vorhandensein selbiger aufkommen lässt…