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KARDS (Taktik & Strategie) – Zwischen Sherman und Stuka

Lust auf Kartentaktik à la Magic: The Gathering, Hearthstone oder Gwent? Aber bitte nicht schon wieder Fantasy? Dann hätte das isländische Team von 1939 Games den Zweiten Weltkrieg im Angebot. Seit dem 15. April könnt ihr euch in KARDS auf Seiten der Deutschen, Russen, Amerikaner und einiger anderer bekämpfen. Und dass es sich um ehemalige EVE-Online-Entwickler handelt, lässt aufhorchen. Lohnt sich der Abstecher in die Welt der Shermans und Stukas oder geht der Free-to-play-Mobilisierung schnell die Luft aus?

© 1939 Games / 1939 Games

K statt Mana

Aber Vorsicht: Ein ausgespielter Panzer oder Bomber braucht auch noch K-Energie für den Angriff – je stärker die Truppe, desto mehr K verschießt sie quasi! Überhaupt lohnt sich cleveres Haushalten: Denn was bringen einem zig K, wenn man auf der Hand nur noch eine Karte hat? Ich habe einige coole Gefechte erlebt, in denen der Angreifer sein Pulver so früh verschossen hat, dass er zwar das Hauptquartier des Feindes bis auf ein paar Punkte zerstört hatte, aber danach noch den Krieg verlor, weil er einfach nicht nachsetzen konnte. Auch ein Befehl wie das Nachziehen kann Gold wert sein! Zwar werden Wargamer klare Unterschiede zwischen Flak und Artillerie vermissen, außerdem ist die Marine angesichts der reinen „Landkriege“ nur eine Kartenart, aber immerhin werden Bomber und Jäger anders definiert und es gibt einige coole Kombomöglichkeiten.

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Auch wenn es einen Shop gibt: Man kann KARDS sehr lange ohne Zusatzkosten spielen. © 4P/Screenshot
Und was macht man, wenn es irgendwo hakt? Sein Deck bearbeiten! Und hier kommt dem unterhaltsamen Spielprinzip der zweite Motivationsfaktor: Denn man kann ohne Zusatzkosten sehr lange an seiner Armee feilen. Man hat nach kurzen Tutorials gegen die KI sofort Zugriff auf die fünf Starterdecks der Amerikaner, Japaner, Briten, Deutschen und Russen, die jeweils eine Hauptfraktion mit maximal zwölf Karten einer Nebenfraktion beinhalten – man kann also ein Deutschrussisches oder Japanischamerikansches Deck erstellen. Jede Nation hat ihre militärischen Eigenheiten wie etwa der stete personelle Nachschub der Russen, die starke Verteidigungskraft der Briten oder die Opferbereitschaft und maritime Kraft der Japaner. Hinzu kommt für jede Nation eine andere Musik, so dass hier Lili Marleen und dort Jazz aus den Boxen schallt.

Deckbau in edlem Artdesign

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Das Artdesign ist edel, es gibt zu jedem Motiv auch eine historische Erläuterung. Man hat auch ohne Zusatzkosten Zugriff auf Deutsche, Russen, Briten, Japaner und Amerikaner. © 4P/Screenshot
Das Tüfteln und Sammeln macht auch deshalb Laune, weil Präsentation und Artdesign angenehm edel wirken. Zwar erreicht man nicjt die animierte Klasse eines Gwent: The Witcher Card Game, aber auf den Karten befinden sich illustrierte Interpretationen von Fotos & Co oder teils originale Motive aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Das dürfte einige ältere Spieler an die Bilder auf den Schachteln der Miniatursoldaten von Revell & Co erinnern, aber die Isländer bedienen sich keiner naiven Malerei, sondern aus dem Fundus bekannter Künstler oder aus öffentlichen Archiven. Sehr schön: Man kann sich die Originale samt einer historischen Beschreibung anschauen – alles komplett auf Deutsch. Natürlich sind das letztlich militaristische Verherrlichungen, aber nichtsdestotrotz passt genau dieser gediegene Stil wunderbar zu diesem Kartenspiel. Lediglich die Hintergrundmotive hätte man etwas abwechslungsreicher gestalten können.

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Die Musik ist stimmungsvoll, die Akustik lebt von authentischen Geräuschen, aber nur wenig wird animiert. © 4P/Screenshot

Das Studieren der Karteneffekte ist dank gut lesbarer aufploppender Texte kein Problem und das Management des Decks ist aufgrund der Filterfunktionen angenehm komfortabel – allerdings gibt es da noch vereinzelte Bugs. Ganz wichtig ist, dass man über Siege sowie das Erreichen von Rängen sowie Tagesaufgaben auch ohne den Einsatz von Geld entweder virtuelle Währung oder direkt Karten gewinnen kann, die es von gewöhnlich bis sehr selten in vier Stufen gibt – was auch ihre Anzahl in einem Deck reglementiert, so dass die besten Karten auch nur einmal vorhanden sein dürfen; überhaupt wirkt die Balance sehr stimmig. Schön auch, dass man überflüssige gewöhnliche Karten recyceln kann, um sich daraus andere zu bauen, die man eher benötigt.

Wer neben der zufälligen oder über die Freundesliste absolvierten Online-Schlacht mehr Herausforderung sucht, kann sich an einem Draft versuchen, um sich in eine Art befristete Versus-Kampagne zu stürzen: Dafür stellt man ein Deck aus zufälligen Karten zusammen, wobei man jeweils zwischen drei Vorschlägen wählen kann. Damit darf man nur dreimal verlieren, dann heißt es Game Over – wer bis zu sieben Mal gewinnt, wird hingegen je nach Erfolgen belohnt. Allerdings ist nur der erste kostenlos, der zweite Versuch muss mit 15 Münzen bezahlt werden. Wer es schneller mag, kann sich natürlich im Shop bedienen, in dem es ab etwa fünf Dollar aufwärts diverse Pakete bis hin zu Sammlungen von knapp 100 Dollar gibt. Auch ohne einen Cent auszugeben kann man recht lange seinen Spaß mit KARDS haben. Aber wer „professionellere“ Ansprüche hegt und in den Ranglisten vorwärts kommen will, der wird für bessere und seltene Karten bezahlen müssen, wenn er nicht ewig darauf warten will – hier wirken dann also letztlich die Mechaniken von Pay-to-Shortcut, Pay-to-win & Co. Aktuell ist Andrang recht hoch, so dass man immer Mitspieler findet. Neben ein, zwei Abstürzen gab es aber auch einige nervige Lags.