Kohärent und mitunter atemberaubend inszeniert
Ich muss mir immer wieder einen Satz vor Augen halten: Injustice 2 ist nur ein Prügler. Ein Beat-em-up. Ein Haudrauf-Spiel, bei dem es in erster Linie darum geht, in Eins-gegen-Eins-Duellen den Gegner mit Händen, Füßen, Spezialmanövern und Gagdets K.O. zu schlagen. Doch was das Netherrealm Studio rund um Mortal-Kombat-Maestro Ed Boon hier hinsichtlich der Inszenierung der Zwischensequenzen in der Story vom Stapel lässt, ist im schlimmsten Fall einfach nur „cool“, doch viel häufiger fantastisch. Nicht nur, dass die mehr oder weniger direkt an Gods Among Us anschließende Story konsequent weitergeführt wird. Sie wird inhaltlich und technisch besser inszeniert als viele Versuche der letzten Jahre, das DC-Universum filmisch in die Sphären der Marvel-Kinostreifen zu führen.
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Es beginnt mit der Flucht Kara Zor-Els (Supergirl) vom Planeten Krypton, der von Universen-Verschlinger Brainiac angegriffen wird. Es geht weiter mit den Folgen der Ereignisse des Vorgängers. Es kommt zu spannenden Wendungen, in denen die klar definiert scheinenden Strukturen von Gut und Böse irgendwann verwischen. Und als Brainiac die Erde als nächstes Ziel seines zerstörerischen Handelns auserkoren hat, eskalieren Ereignisse und Beziehungen. Und das alles wird nicht nur filmreif, sondern überzeugend mit der Unreal-Engine inszeniert, der ich solch filigrane, nahezu jederzeit komplett glaubwürdige sowie emotionale Mimik nicht zugetraut hätte. Und ich rede hier nicht nur von 30 Sekunden langen Einspielern, die zwischen den Kämpfen abgespult werden. Teilweise gehen die dramatischen Sequenzen über mehrere Minuten. Alles zusammengenommen würde ich die nahtlos in die Gefechte übergehenden Szenen auf über zweieinhalb Stunden schätzen. Zweieinhalb Stunden, die ich mir deutlich lieber angeschaut habe als viele Szenen in z.B. Suicide Squad oder Batman vs. Superman.
Superhelden-Prügler mit Film- und Spieleflair
War das Charakterdesign im Vorgänger vorrangig in den Comic-Ursprüngen verwurzelt, rückt man hier mittlerweile dichter an die Film- und TV-Vorlagen heran, wobei z.B. Green Arrow weiterhin stärker an sein Comic-Alter-Ego bzw. den Vorgänger erinnert denn an Stephen Amell aus „Arrow“. Joker (gestorben in Teil 1 und hier nur als Teil eines drogeninduzierten Traumes integriert) wiederum hat sich von seinem klassischen Aussehen verabschiedet und liegt mit seinem modernen Outfit zwischen den Film-Versionen von Heath Ledger und Jared Leto. Flash hingegen orientiert sich mehr an dem Fernsehserienauftritt, während Harley Quinn irgendwo zwischen der Arkham-Serie von Rocksteady und Margot Robbies Interpretation in Suicide Squad liegt. Apropos Arkham: Die englischen Sprecher von Batman und Harley sind auch hier mit von der Partie und liefern zusammen mit all den anderen exzellent besetzten Sprechern einen hochprofessionellen Job ab, der in der deutschen Version nur geringfügig an Qualität einbüßt.
Spielmechanisch hingegen setzt Injustice 2 genau auf die Elemente, die vor vier Jahren den Vorgänger ausgezeichnet haben: Schnelle Duelle mit einer eingängigen Steuerung, zahlreichen Möglichkeiten, mit der Umgebung zu interagieren sowie gleichermaßen verheerenden wie spektakulären „Super“-Angriffen. Nur, dass man hier in jeder Hinsicht eine Schippe zugelegt hat. Die Steuerung wurde auf drei grundsätzliche Angriffsknöpfe reduziert (schwach, mittel, stark), die in Variation sowie zusammen mit den Richtungseingaben und ggf. längerem Halten zu fiesen Kombos zusammengefügt werden können. Mit B- bzw. der Kreis-Taste wiederum können figurenspezifische Sonderaktionen gestartet werden. Bei Superman ist es z.B. ein temporärer Buff. Es kann sich dabei aber auch um weitere Angriffsmuster (Supergirl, Harley Quinn) oder Verteidigung handeln (Wonder Woman). Alternativ zu den oberen Schultertasten kann man sowohl die Würfe als auch die Umgebungsinteraktionen über zwei gleichzeitig gedrückte Angriffstasten erreichen. Sprich: Mit einem Minimum an Aufwand kann man ein Maximum an Action auf dem Bildschirm entstehen lassen.