Antike Mächte im Fokus
Selbst wenn sich die Entwickler in einem Spiel namens Imperator: Rome natürlich auch auf die Römer konzentrieren, muss man ihnen zugute halten, dass die Stilbrüche bei anderen antiken Völkern aus dem Mittelmeerraum nicht so groß sind wie bei den damals aus antiker Sicht als „Barbaren“ (frei übersetzt waren das keine Bodybuilder mit Zweihändern, sondern „Stammler“) geltenden. Nicht ohne Grund empfiehlt Paradox mit Römern oder Ägyptern für einen leichten, mit Karthagern oder Makedoniern für einen normalen und mit Seleukiden oder Phrygiern für einen schweren Einstieg zu spielen; ansonsten kann man den Schwierigkeitsgrad ebenso in fünf Stufen anpassen wie das Tempo der in Tagen ablaufenden Zeit, die man wie immer anhalten kann, um in Ruhe Entscheidungen zu treffen.
Und sobald man eines dieser Völker wählt, zeigt sich schon ein wesentlich authentischeres Bild – vor allem die Entwicklung Roms wird mit nahezu allen historische bekannten Herausforderungen sowie Rivalen spürbar. Selbst wenn Paradox nur die wesentlichen Merkmale der Geschichte dieses Imperiums streift, und vieles Innenpolitische auslässt oder anpasst, darf man nicht vergessen, dass das keine Simulation ist. Für mich als Historiker ist es vollkommen ausreichend und teilweise verblüffend, dass über zufallsbasierte Ereignisse und dieses riesige Spektrum überhaupt so vieles bekannt wirkt. Manche Ansprüche an Authentizität müssen in einem Spiel zugunsten der Balance einfach ausgelassen werden. Und Paradox gelingt das auf dieser schwierigen globalen Ebene weitaus besser als etwa Creative Assembly in Total War.
Schon beim Start beginnt ja das Studium der komplexen geostrategischen Zusammenhänge, die nahezu alle den historischen Voraussetzungen entsprechen. Denn als Römer, Karthager oder Phrygier muss man ganz andere Planungen und Entwicklungen, ganz andere Grenzen, Feinde und Bündnisse berücksichtigen. Dabei hilft einem ein Blick auf den Menüpunkt „Entscheidungen“, der so etwas wie ein empfohlener Leitfaden für die anzustrebenden Ziele ist – inklusive der nötigen Voraussetzungen, die man dafür z.B. an Geld, Gesetzen und Eroberungen schaffen muss. Da geht es bei den Karthagern z.B. um den Ausbau des berühmten Hafens oder die Etablierung als Söldnerpartner, bei den Friesen um die Bildung eines sächsischen Großstammes etc. Aber die wahre Kunst liegt in dem Mikromanagement der kleinen Ziele innerhalb der Staatsführung.
Faszinierende Kreisläufe
Und da gibt es nicht nur einige Neuerungen, was die Benutzeroberfläche betrifft, wie etwa das Makro-Menü, das mich umgehend Gebäude und Truppen bauen, Bewohner managen sowie handeln lässt; dazu eine übersichtliche horizontale
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Navigation, in der man Regierung, Militär, Technik, Technologie, Ereignisse & Co bequem ansteuern kann. Im Vergleich zu Hearts of Iron 4 ist die Bedienung komfortabler und klarer.
Innenpolitisch muss man neben dem wichtigen Geld und Rekruten dafür sorgen, dass vier weitere Währungen stets wachsen: Militär- sowie Zivilmacht, Redekunst und Religion. Diese kann man direkt für Taktiken, Technologien, Diplomatie oder einen Segen bzw. Ritual ausgeben. Wie erhöht man die Stabilität? Ein Opfer an die Götter bringen – wenn man denn genug Religionsmacht hat. Nur wer genug Diplomatiemacht hat, kann einen Kriegsgrund fingieren oder Beziehungen verbessern. Klingt nach Auf-Knopfdruck-Regierung, ist aber komplexer.
Sehr schön ist z.B., dass vor allem die Technologien all diese vier Währungen positiv beeinflussen können: Wer also mit Zivilmacht die „Materielle Wissenschaft“ erforscht, senkt die Kosten für Militärtraditionen. Wer die „Volkszählung“ einführt, erhöht das Redekunst-Wachstum. Zusätzlich kann jeder dieser Bereiche (Militär, Zivil, Redekunst, Religion) in mehreren Stufen aufsteigen, was nicht nur mit Technologien, sondern vor allem dem richtigen Personal beschleunigt werden kann. Man sollte also die Forscher einsetzen, die mit ihren Charakterwerten (u.a. Kriegskunst, Finesse, Charisma, Eifer) dafür geeignet sind. So kann man seine Forschungseffizienz von anfänglich vielleicht nur 25% auf 100% oder gar bis zu maximal 300% erhöhen. Was bringen neue Stufen? Weitere Technologien, bessere Moral, höhere Zivilisation, stärkere Omen! Man bemerkt also angenehme Wechselwirkungen, die langfristig dafür sorgen, dass ein Rad das andere beschleunigt, dass das eigene Reich irgendwann dampft und rattert. Und genau das sorgt für Spieltiefe.