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Half-Life: Alyx (Shooter) – Spektakuläre Rückkehr

Nach zwölf Jahren Pause erscheint endlich ein neues Half-Life. Auf den Schultern der jungen Widerstandskämpferin Alyx lasten entsprechend hohe Erwartungen. Sie soll nicht nur die Fans zufriedenstellen und die Alien-Besatzer „Combine“ bekämpfen, sondern ganz nebenbei auch noch der VR-Branche einen Aufschwung verpassen. Ein unmögliches Unterfangen oder der System-Seller für Valve Index, Rift S & Co.? Im Test finden wir es heraus!

© Valve Software / Valve Software

Weniger ist manchmal mehr

Die Besinnung aufs Wesentliche zieht sich durchs komplette Spiel. Zu Beginn wirkt die relativ kleine und konservative Waffen-Auswahl noch etwas enttäuschend, zumal sie sich nur leicht an Combine-Konsolen aufrüsten lässt – etwa mit Visieren, Feuermodi oder mehr Munitionskapazität. Doch im Gegenzug geht in keinem anderen VR-Shooter die Handhabung der Schießeisen so schön in Fleisch und Blut über, weil die Entwickler darauf verzichten, den Spieler mit unnötigen und selten eingesetzten Gadgets zu verwirren. Gerade für VR-Neulinge dürfte sich das als Segen herausstellen, da diese sich ohnehin erst einmal mit der Bewegungssteuerung und anderen Besonderheiten anfreunden müssen.

Die angenehm räumlichen 3D-Puzzles sind ebenfalls motivierend ausbalanciert. Zu Beginn wirken sie noch wie Spielereien, doch nach einigen Stunden wird es spürbar anspruchsvoller, Leuchtkugeln in die passende Form zu ziehen oder versteckte Kabel mit dem Multi-Tool nach manipulierbaren Schaltern abzusuchen. Die Puzzles brauchen sich nicht einmal hinter kompletten VR-Knobelspielen wie Form (zum Test) zu verstecken.

Arbeit für die grauen Zellen

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Der Ort der Begierde thront bedrohlich über der Stadt. © 4P/Screenshot

Allgemein gibt sich die Kampagne für einen Shooter ziemlich rätsellastig. In einem Stealth-Level übertreiben es die Entwickler allerdings mit den Kopfnüssen. Ja, Jeff – du bist gemeint! Der Pilz-Mutant mit diesem Namen wurde zwar alptraumhaft gut animiert, trampelt dem Spieler im Sporen-Labyrinth aber bei jedem Mucks hinterher. Die Regie ist hier so uneinheitlich, dass oft unklar ist, ob man gerade geschickt die Umgebung nutzen oder nur in einem Quicktime-Event mit passendem Timing ein Knöpfchen drücken muss. Hier mangelt es einfach an Hinweisen oder alternativen Lösungswegen, zumal wichtige Objekte wie ein Rad sogar untrennbar an einem Regal hängen bleiben können. Glücklicherweise wird oft automatisch gespeichert, was den ab und zu auftretenden Bugs ihre Dramatik nimmt. Mal bleibt eine Tür untrennbar mit der Hand verbunden, anderswo klappt der Teleport-Sprung nicht oder das Spiel stürzt komplett ab.

Von solchen Macken abgesehen ist die Technik aber konkurrenzlos gut. Auf einer GeForce RTX 2080 Ti blieb es mit hohen Einstellungen, etwas Supersampling und bei 90 bzw. 120 Hertz Bildwiederholrate fast immer flüssig – sowohl mit der Index als auch der Rift S. Manche Orte in Asgard’s Wrath (zum Test) wie die urige Kneipe sind zwar noch einen Deut hübscher, doch kein Spiel bietet durchgehend eine derartige Detailverliebtheit wie Half-Life: Alyx! Schon profane Dinge wie das verkratzte Metall und all die animierten mechanischen Feinheiten laden zur ehrfürchtigen Inspektion ein.