Teil 2 (31.08.2012)
Zu wenig Stunden am Tag
Es ist ein gutes Zeichen, wenn der Blick auf die Uhr ein „Verdammt, ist es wieder so spät?“ zum Ergebnis hat? Naja, nicht so gut für die Familie oder sonstige soziale Kontakte, aber verdammt gut für den Zeitvertreib, der mir unbemerkt Stunde um Stunde stiehlt – in

diesem Fall für Guild Wars 2. Mein Elementarmagier nähert sich unaufhörlich Stufe 30, hat mittlerweile die heimatlichen Gefilde weit hinter sich gelassen und schon die Asura sowie die Menschen kennen gelernt. Ich habe ihre Hauptstädte und Einstiegszonen erforscht. Und ich habe meine Geschichte immer weiter verfolgt.
Da die empfohlenen Levelstufen für die Hauptstory (häufig kämpft man in diesen Instanzen) zuletzt meist höher als der jeweils aktuelle Status meiner Figur waren, habe ich mir mit den erforderlichen Aufstiegen geholfen, indem ich in den neuen Gebieten die dort angebotenen Nebenaufgaben sowie dynamischen Ereignisse erledigt habe. Und hier kommt der bereits angesprochene Kniff der „Charakter-Skalierung“ motivierend zum

Tragen. Ich hatte alle Fähigkeiten und Boni der Ausrüstung zur Verfügung, meine Lebenspunkte wurden aber an die Maximalstufe für das Gebiet, also z.B. Level 15 angepasst. Das Ergebnis: Ich war immer noch angenehm gefordert, ohne jedoch gravierende Angst um mein Leben haben zu müssen. Andererseits hätte es Guild Wars 2 auch nicht geschadet, dem Spieler ein wenig Angst um sein virtuelles Leben einzuflößen. Dass man in Dark Age of Camelot z.B. zum Ort seines Ablebens zurückkehren musste, um dort zu beten und etwas der beim Tod verlorenen Erfahrung zurückzugewinnen, machte das Sterben ungleich intensiver. Denn wenn man in einem hochstufigen Gebiet getötet wurde, war selbst die „einfache“ Rückkehr ein Risiko sondergleichen – und damit ein nicht zu verachtender Spannungsfaktor. In Tyria hingegen wendet man sich einem anderen Bereich zu und versucht dort sein Glück – beinahe so, als ob nichts passiert wäre.
Fantasy-Vergnügungspark
Wie bei einem gut ausgestatteten Vergnügungspark à la Six Flags wird man von Arealen und Fahrgeschäften zugeschüttet. Allerdings sind die Attraktionen nicht so abwechslungsreich, wie man es sich wünschen würde. Eine Achterbahn ist nunmal eine Achterbahn, setzt dementsprechend auf möglichst hohe G-Kräfte, Gefälle und Kurven. Ob dieses Fahrgeschäft nun mit Spider-Man-Logo versehen ist oder generisch nur „The Rollercoaster“ heißt, ändert nichts am Erlebnis.

Analog dazu setzt Guild Wars 2 sowohl bei den Events als auch den „herkömmlichen“ Nebenaufgaben häufig auf ähnliche Aufgabenstellungen. Mal müssen Wellen von Gegnern abgehalten werden, dann wiederum muss man auf eine Art Ungezieferjagd gehen. Es gilt, Dinge einzusammeln oder abzuliefern, man geht auf Eskort-Missionen usw.
Doch da die Belohnung stimmt, das Kampfsystem durchdacht ist und sowohl mit schneller Dynamik als auch immer wieder mit Taktik hinsichtlich der Waffenauswahl und der damit verbundenen Fähigkeiten punktet, fühle ich mich nie genötigt oder gar gelangweilt. Und es gibt ja auch immer wieder Ausnahmen, so z.B. als ich als Trüffelschwein die Delikatessen erschnüffeln, sie dann ausgraben und verfolgt von Ettins zu meinem Auftraggeber bringen musste. Durch diese und andere Abweichungen von bekannten Missionsstrukturen weht immer wieder ein erfrischender Wind durch Tyria.

Weiterhin bleibt festzuhalten, dass hinsichtlich der persönlichen Geschichte einige Register gezogen werden. Immer wieder muss man Entscheidungen treffen, die den Fortgang der Mission beeinflussen. Bevorzuge ich eine direkte Vorgehensweise und sichere mir die Unterstützung der Armee, um das Vorhaben des Alptraumhofes aufzuhalten oder nutze ich subtilere Mittel wie Verkleidungen, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen? Mittlerweile war ich sogar als explosiver Golem unterwegs, um Untote aufzuhalten oder musste mich als Sylvari (zur Erinnerung: dies sind baumähnliche pflanzenbasierte Lebewesen) in einen Menschen verwandeln lassen, um mir das Vertrauen von Banditen zu erschleichen – sehr schön und dazu noch sehr stimmungsvoll inszeniert.