Grotesk ist etwas, das total übertrieben ist: Eine lange Nase, ein Glubschauge
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Klamauk ums Pilzgericht. Zu Beginn will Drake noch verschlungen werden, was sich dann ins Gegenteil verkehrt. |
oder ein schiefer Mund. In der Kunst gibt es auf fast allen Bereichen Grotesken, von der Malerei über die Literatur bis zum Film. Gerade Letztere hat einige äußerst humorvolle Grotesken zu bieten, in denen Situationen oder Charaktere übertrieben dargestellt werden. Allen voran ist da die Truppe von Monty Python zu nennen, die in abgefahrenen Sketchen immer wieder Skurriles vom Feinsten präsentiert. Egal ob Arthus-Mythos oder Jesus-Kult – kein Epos scheint vor ihnen sicher. Den britischen Komikern würde man es wohl am ehesten zutrauen, eine richtige Fantasy-Satire zu machen, wären sie nicht längst in Pension.
Auch bei Grotesque trifft man immer wieder auf Anleihen an die „Pythons“, etwa wenn einen im Dungeon brutale Killerkaninchen attackieren. Das ist nur einer der Seitenhiebe, manches erinnert fast an Terry Prachett, da die Helden auch ihre Schwächen haben. Der Held kämpft etwa gegen Menschen fressende Pilze, auf deren „Dienste“ er zu Beginn zurückgreifen will. Das ist zumindest neu, denn bislang hatten wir nur etwas von Pilz fressenden Humanoiden gehört. Silent Dreams machen in ihrem Rollenspiel viele Fässer auf, aber nicht eins davon wird annähernd ausgeschöpft. So greift man auch nicht auf die heilige Handgranate von Antiochia zurück, sondern wie üblich auf Schwert, Harfe und Bogen, um die gefährlichen Nager zu plätten.
Story ohne Überraschungen
Die Story ist trotz des skurrilen Themas weniger überraschend, sondern eher schlicht: Obwohl man anfänglich neugierig ist,
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Holy ist ein ganz besonderer Held, dessen Monologe nicht nur auf Gegenliebe stoßen. Sein Gefolge ist noch nerviger. |
verläuft sie in etwa so vorhersehbar wie eine durchschnittliche Folge einer Vorabendserie. Einmal mehr spielt man den Helden, der wider Willen ins Abenteuer schlittert, um die Welt zu retten. Es droht eine Invasion des Bösen, das hier Dark Church heißt. Doch zu Beginn hat Drake noch andere Probleme, denn er will sich das Leben nehmen: Der schwermütige Heroe ist durch die Prüfung gerasselt. Doch gerade als er sich einem Pilz als Mahlzeit anbieten will, wird er gerettet. Er trifft auf ein paar Soldaten, die nach einer verlorenen Schlacht den Tod suchen. Als die noch um den Pilz zanken, tritt plötzlich eine Lichtgestalt hinzu, die alle aus der Lethargie reißt – der göttliche Holy Avatar.
Der ebenso hünenhafte wie übertriebene Held gibt allen wieder neuen Mut und bringt Drake dazu, für Glory zu kämpfen. Zunächst gegen die fiesen Pilze, anderes Getier und dann gegen Dark Church, um das Königsreich zu retten. Der großspurige Holy ist nicht der einzige, den man in seine Gruppe aufnimmt, die schnell anschwillt. Da sind devote Jungfrauen ebenso dabei wie Rauschgoldengel oder verkrachte Goblins. Nicht alle sind immer auszuhalten wie die halbnackten Weibsbilder, die Holy umschwärmen wie Motten das Licht. Es gibt zarte Bande zum Manga, was das Artdesign der Helden angeht. Zudem kommen als Gag Cosplayer und Emos vor, ohne dass das eine weitere Rolle spielen würde.
Rundenbasierte Schlachten
Zentrales Element des Rollenspiels made in Germany sind die Kämpfe,
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Die Kämpfe sind rundenbasiert und gelegentlich auch taktisch. Aber selbst magische Gegner sind zu schnell beseitigt. |
bei denen die allgegenwärtigen Hexfelder endlich Sinn ergeben: Sobald man auf Feinde trifft, wechselt das Spiel automatisch in den Rundenmodus, so dass man jeden Zug planen kann. Es geht gegen Schwärme von Stechmücken, Horden von Goblins oder Ritter der Dark Church, denen meist ein kampfstärkerer Bossgegner folgt. Als Kommandant hat Drake den ersten Schlag, sobald er in Reichweite ist. Nach ihm schlägt jeder, zaubert oder feuert. Man kann auch Spezialattacken wie Blendung, Plattschuss oder Wuchtschlag wählen, die aber Mana kosten. Für jeden Treffer gibt es Erfahrungspunkte, die auf dem Aufstiegskonto landen.
Zudem hat jeder Held eine Macke, die irgendwann von selbst losgeht: Holy betäubt Freund und Feind durch sein Geschwätz, was zumindest beim ersten Mal für Erheiterung sorgt. Das Kämpfen läuft allerdings simpel ab, auch was die taktischen Möglichkeiten angeht: So ist zwar eine gewisse Planung vonnöten, aber großartig ausgeklügelte Attacken wie bei Heroes of Might & Magic sind kaum erforderlich. Selten genug muss man mal die Gruppe teilen, um von mehreren Seiten zu attackieren, was aber keine Vorteile bringt. Die Jungfrauen muss man in Schutz nehmen, da sie nur Bögen haben und nicht viel aushalten. Meist sind die Gegner schnell getötet, so dass das auch Massen keine große Herausforderung sind. Immerhin kann man den Schwierigkeitsgrad etwas hochschrauben; Grotesque bleibt aber auch im weiteren Verlauf ein eher simples Spiel. Zudem können Tote bei einer Rast in Westwind wiederbelebt werden.