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Football Manager 2011 (Sport) – Football Manager 2011

Der beste Fußball Manager kommt woher? Richtig: Aus dem Kölner Bright Future-Studio. Stellt man diese Frage jedoch in England, wird man als Antwort die britische Hauptstadt London hören. Dort sitzt nämlich Sports Interactive, das Team hinter der Football Manager-Serie, deren neuester Teil wie in den letzten Jahren bedingt durch Lizenzgerangel nur als Import zu haben ist.

© Sports Interactive / Sega

Bis die Mannschaft insgesamt wieder einigermaßen funktionierte, gab es einige Multiple-Choice-Pressekonferenzen nach verlorenen Spielen inklusive klischeehafter Durchhalteparolen, noch einige weitere Einzelgespräche, viele Versuche, vor den Spielen oder in der Halbzeit die Mannschaft per „Team Talk“ mit wechselndem Ergebnis zu motivieren und letztlich einen Platz im gesicherten Niemandsland. Dennoch wurden in der Presse immer wieder Gerüchte laut, dass man im Vorstand bereits über eine Beurlaubung bzw. Entlassung meinerseits nachdachte. Und obwohl in einem Gespräch mit Vorstand und Aufsichtsrat zwar Bedenken angesichts der momentanen Tabellensituation geäußert wurden und es danach aussah, als ob ich beim HSV eine zweite Saison erleben könnte, wurde etwa Mitte der Rückrunde die Reißleine gezogen…

Taktik-Geplänkel: Wer will, kann das Verhalten bei Standardsituation bis ins Detail planen.

Nach einem kleinen Gastspiel in der zweiten englischen Liga bei Swansea, das ich auf eigenen Wunsch beendete, nachdem ich entgegen aller Erwartungen den Klassenerhalt für die Briten gesichert hatte, bin ich wieder zurück in Deutschland. In der zweiten Liga. In Paderborn. Und ich freue mich auf den Aufstieg und das Wiedersehen mit „meinem“ HSV. Rache ist süß!

Tabellen und Emotionen

Es ist kaum zu glauben, dass ein Titel, der trotz der Unterstützung auch hoher Auflösungen wie kaum ein anderer mit seinen mitunter staubtrockenen tabellarischen Strukturen wie ein Relikt aus längst vergessenen Spielezeiten wirkt, derart in seinen Bann zieht.

Aber ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich in freien Minuten nachdenke, wie die Mannschaft denn besser aufgestellt werden und welche Schritte ich ergreifen könnte, um ein schlagkräftiges Team auf dem Platz zu haben. Das Geheimnis des FM liegt wie gehabt einerseits in der Reduzierung auf das Wesentliche, während man andererseits sicher sein kann, dass alles, was man einstellt oder entscheidet, eine Auswirkung zeigt und gut miteinander verzahnt wurde. Das Ursache-Wirkung-Prinzip ist seit jeher eine der Stärken der Trainer-Simulation aus dem Hause Sports Interactive – und das ist hier nicht anders. Das beginnt beim Training, geht bei den Spieler- oder Team-Gesprächen weiter und hört erst bei der taktischen Einstellung der Mannschaft auf den nächsten Gegner auf, die man natürlich auch während des Matches weiterhin modifizieren kann und die auch hier sofort spür- und sichtbar ist.

Aber: Das kennt man bereits alles aus dem Vorjahresmodell. Daher muss geklärt werden, in welchen Bereichen man inhaltliche Fortschritte und Ergänzungen findet. Als da wären: Verbesserte Gesprächsinteraktion, überarbeitete

Pressekonferenzen, neue Trainingsoptionen sowie neue Optionen im Bereich Transfermarkt/Spielervermittler. Plus natürlich zahlreiche kleinere Änderungen, deren Auswirkung sich aber meist nur Hardcore-Managern der alten Garde beim Suchen in der dritten oder vierten Tiefgangs-Ebene zeigt.

Das Ziel ist dabei selbstredend, das Spielerlebnis nochmals intensiver zu gestalten – vorausgesetzt wohlgemerkt, dass man auch gewillt ist, die starren Tabellen mit Hilfe der Fantasie zum Leben zu erwecken. Und in den Punkten Training und Pressekonferenzen ist das Vorhaben gelungen. Während Ersteres mit noch mehr Möglichkeiten sowohl zur individuellen 

So sah es früher in der D-Jugend aus, wenn mein Trainer etwas auf die Tafel malte… Hier stellen die Linien jedoch einen Teil der umfangreichen Analyse-Tools dar.

Verbesserung als auch zum Einstudieren bestimmter Taktiken weiteren Tiefgang bietet, wurden die Gegenüberstellung mit der Presse einerseits entschlackt, andererseits vertieft. Soll heißen: Die Frequenz der Konferenzen wurde optimiert, man ist nicht mehr so häufig wie noch letztes Jahr im Multiple Choice-Einsatz. Und es gibt vieleneue interessante Fragen.

Bei den Interaktionsmöglichkeiten, z.B. in Gesprächen mit Spielern oder dem Aufsichtsrat, kommt ein neues „Dialog“-System zum Einsatz, das die Reaktionen besser kennzeichnen soll. Der Ansatz ist gut, allerdings gibt es insgesamt zu wenige Optionen, so dass ein harmlos begonnener Small-Talk, bei dem man einen Spieler nur dazu bringen möchte, ein Nachwuchstalent als Mentor unter die Fittiche zu nehmen, letztlich sogar dazu führen kann, dass der Spieler mehr oder weniger seine Arbeit verweigert. Das führt nicht nur in der Anfangsphase, sondern auch im späteren Spielverlauf immer wieder zu Irritationen.

Über (fast) alle Zweifel erhaben

Sicher ist: Die Matchdarstellung ist auf den ersten Blick der von der FIFA-Engine angetriebenen Konkurrenz-Variante nach wie vor unterlegen. Zuschauer, deren Anzahl in keiner Form den verkauften Tickets entspricht und deren Animationsbibliothek sich auf eine Hand voll Phasen beschränkt, machen nicht viel her. Diesen Eindruck vermittelt auch das Geschehen auf dem Platz in den ersten Momenten: Obwohl die Anzahl der Bewegungsphasen im Vergleich zum Vorgänger deutlich aufgestockt wurde, wirken nicht nur Grätschen und Dribblings um ein Vielfaches weniger filigran als beim deutschen Manager-Kollegen.

Doch sobald die ersten Pässe schnell das Mittelfeld überbrückend aus der Abwehr in den Sturm gespielt werden, Schüsse knapp über das Gebälk streichen und die Schiedsrichter sogar Abseitstore geben, sind die Details der visuellen Darstellung fast egal. Denn ehe man sich versieht, übernehmen Emotionen die Zügel und geben einem die Sporen. Man schreit den Monitor an, schimpft auf den Schiedsrichter, spult zweifelhaft Szenen nochmals zurück und schaut sie sich wieder und wieder an: Das war kein Abseits! Das war ein reguläres Tor! Verdammt noch mal!

Und in diesem Moment sind mir die spröde Benutzerführung und das Excel-Design egal. Was Sports Interactive hier an dynamischer Spielintelligenz und konsequenter Umsetzung der Match-Taktiken in der Matchdarstellung präsentiert, ist bis auf vernachlässigbare Ausnahmen einfach nur grandios. Vor allem auch, weil man im Taktikbereich jedem einzelnen Spieler 

haarklein Aufgaben zuschreiben kann. Soll die Sechser-Mittelfeldposition vor der Abwehr eher defensiv oder offensiv ausgelegt werden? Soll die rechte Mittelfeldoffensive wie Arjen Robben immer in die Mitte ziehen oder zusammen mit dem

Die Matchdarstellung wirkt spartanisch, bietet aber die beste Matchlogik und die höchste Dramatik, die man derzeit in einem Manager-Titel erleben kann.
Verteidiger die Seitenlinie beackern? Wie viel kreativen Freiraum gibt man der Mannschaft im Allgemeinen? Es gilt haufenweise Entscheidungen zu fällen. Und alle haben sie Auswirkungen. Sowohl unmittelbar als auch mittelbar für das Mannschaftsgefüge und die Spielweise der Mannschaft. Für unbeteiligte Zuschauer sieht es so aus, als ob sich 22 Strichmännchen eine Pixelkugel zuschieben. Für den Trainer vor dem Schirm ist das einzige Erlebnis, das noch emotionaler ist, ein Besuch im Stadion.

Zumal man auch -für 16:9-Bildschirme empfohlen- haufenweise Gagdets mit weiteren Infos zuschalten kann. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, taktische Änderungen durchzuführen, ohne sich erst umständlich von Menü zu Menü hangeln zu müssen.
Dass es keinen „Textmodus“ im klassischen Sinne gibt und stattdessen nur eine schnelle Abfolge mehr oder weniger emotionsloser Textbausteine, von denen es auch nicht allzu viele gibt, lässt sich verschmerzen. Denn der Vorteil liegt hier in der einheitlichen Ergebnisfindung. Egal ob man das Spiel komplett betrachtet, sich nur Highlights anzeigen lässt oder pur auf Text setzt: Für alle Varianten gilt die gleiche Berechnung.