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Football Manager 2011 (Sport) – Football Manager 2011

Der beste Fußball Manager kommt woher? Richtig: Aus dem Kölner Bright Future-Studio. Stellt man diese Frage jedoch in England, wird man als Antwort die britische Hauptstadt London hören. Dort sitzt nämlich Sports Interactive, das Team hinter der Football Manager-Serie, deren neuester Teil wie in den letzten Jahren bedingt durch Lizenzgerangel nur als Import zu haben ist.

© Sports Interactive / Sega

Die Immer-Wieder-Samstags-Trainer

Tatort: Die Imtech-Arena in Hamburg. Es ist Samstag, 15:30 Uhr. Anpfiff zur Partie Hamburger SV gegen VfB Stuttgart. Und bereits mit der ersten vergebenen Chance durch Jonathan Pitroipa werden sie schon wieder laut: Die Alleswisser. Die Supertrainer, mit denen ihr Verein endlich aus der Tristesse entkommen würde. Mitten rein in den europäischen Wettbewerb – mindestens. Und die Meisterschaft hätten sie auch schon in Serie gebucht. Und sie werden auch nicht leiser, wenn ihr Verein siegt. Denn schließlich gibt es immer Steigerungs-Potenzial.

Tabellenstrukturen sind Trumpf: Der Football Manager besticht nicht durch visuellen Glanz, sondern durch innere Werte.

Ich muss zugeben, dass ich auch irgendwie zu dieser Fraktion gehöre. Allerdings lebe ich diese Trainer-Fantasien vor dem Bildschirm aus und nicht im Stadion. Und wie jedes Jahr im Spätherbst bzw. Frühwinter gibt es zwei Titel, die um meine Gunst buhlen. Auf der einen Seite steht der Fussball Manager von Electronic Arts, dessen aktuelle Ausgabe mit einem 86%-Goldaward in die Saison gestartet ist. Und auf der anderen Seite befindet sich der wegen Lizenzgerangels (EA hält die Bundesliga-Lizenz exklusiv) abermals nur als Importversion erhältliche Football Manager (FM) von Sports Interactive/Sega, der traditionell einen anderen Fokus setzt und sich letztes Jahr nach einem harten Duell knapp vor den deutschen Konkurrenten setzen konnte.

Denn wo man bim deutschen Bright Future-Team auf ein kompaktes Rundum-Glücklich-Paket setzt, bei dem man beim Ausschöpfen aller Optionen die absolute Allmacht im Verein darstellt und sportliche sowie wirtschaftliche Aspekte bis ins Detail planen kann, setzt der britische Vertreter auf das pure Trainer-Dasein. Hier gibt es kein Festlegen der T-Shirt-Preise (nicht einmal optional) oder Hickhack um Eintrittskarten-Preise.

Fußball ist Kopfsache

Aber das machte der Sega-FM bereits letztes Jahr beinahe in Perfektion, wobei die offensichtlichste Schwäche die vorsintflutliche Präsentation war, die an die gute alte Excel-Ära erinnerte. Und dieses Jahr? Zumindest in dieser Hinsicht bleibt sich die Serie treu: Einsteigern wird nicht nur durch das äußerst spartanische Handbuch (die komplette Version gibt es nur online auf der offiziellen Seite), sondern auch durch die spröden Ansichten und Menüstrukturen sowie die nicht immer übersichtliche Darstellung das Leben schwer gemacht.

Es dauert eine Weile, bis man sich zurechtgefunden hat und mit nur wenigen Klicks dorthin kommt, wo Entscheidungen gefällt und Einstellungen festgelegt werden müssen. Doch sobald man die wesentlichen Punkte verinnerlicht hat -oder aber, wenn man zu den FM-Veteranen gehört- kann man sich auf ein mitunter erschreckend intensives Fußballerlebnis freuen – etwas Fantasie vorausgesetzt. Denn mehr noch als beim Konkurrenten aus Deutschland ist man darauf angewiesen, die Texte und Tabellen mit seiner Vorstellungskraft zum Leben zu erwecken. Spielt man z.B. die deutsche Liga, die auch ohne komplette Lizenzierung mit Spielern, Vereinen, Trainern und Funktionären enthalten ist, muss man auf viele Spielerbilder verzichten, wie man sie z.B. in der englischen Premiere League findet.

Alltags-Stress

Verdammt. So wird das nix. So werde ich virtuell niemals Sir Alex Ferguson nacheifern können, der mittlerweile in seinem sage und schreibe 25. Jahr bei Manchester United als Trainer (im Englischen: Manager) beschäftigt ist und in dieser Zeit die Mannschaft bei mehr als 1350 Spielen betreut hat – eine schier unglaubliche Zahl in dieser schnelllebigen Fußballzeit, bei der drei oder vier Niederlagen in Folge schon das Schicksal des Coaches besiegeln können.

Dabei fing es so gut an: Ich habe beim HSV angeheuert, der Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann hieß mich in einer Mail willkommen, die nach einem Titel dürstenden Fans waren zwar angesichts meiner bislang noch nicht vorzuweisenden Erfolge skeptisch, aber in einer ersten Pressekonferenz konnte ich sowohl die Medien als auch die Anhänger besänftigen und von meinem Konzept des attraktiven Angriffs-Fußballs begeistern.

Ich habe zusammen mit meinen Co-Trainern und Scouts Analysen durchgeführt, welche Spieler sich im  Training mit welchen Methoden verbessern können, Trainingspläne erstellt und nach einigen erfolgreichen Freundschaftsspielen ging es schließlich mit einem Sieg in die Saison. Ich hätte zwar noch gerne noch ein oder zwei Spieler verpflichtet, doch wie mir der

Gespräche wurden neu strukturiert, lassen aber Tiefe und Auswahlmöglichkeiten vermissen.

Aufsichtsrat in einem Gespräch mitteilte, müsse ich mich mit dem zufrieden geben, was ich an Spielermaterial habe, da neue Kicker nur dann gekauft werden können, wenn alte möglichst gewinnträchtig abgegeben werden. Schade, ein Ji-Sung Park, der mir von Manchester United angeboten wurde, hätte für mein Team eine willkommene Verstärkung dargestellt.

Doch auch ohne Spielertransfers liefen die ersten Saisonspiele gut: Nach fünf Spieltagen lag die Mannschaft noch ohne Niederlage im oberen Tabellendrittel – alles im Plan. Doch dann kam die erste Niederlage. Die Moral in der Mannschaft ging nach unten und konnte von dem darauf folgenden Unentschieden nur eingeschränkt aufgefangen werden.
Denn danach ging es rapide bergab. Es folgten zwei weitere Niederlagen, es kam Verletzungspech hinzu, das schließlich zu einer Systemumstellung führte, mit der die Mannschaft nicht sofort klar kam. Und schon kam es zu einem Teufelskreis: Teile der Mannschaft wurden unzufrieden, die Einzelgespräche brachten nur eingeschränkt Erfolg und in einem Fall hat das eigentlich harmlos begonnene Gespräch zu einem bitteren Zerwürfnis geführt, bei dem der Spieler mir ganz offen sein Misstrauen mitteilte – und dass er sich nicht vorstellen kann, für mich zu spielen. Starker Tobak!