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Fire Emblem Fates (Taktik & Strategie) – Ein Epos, drei Blickwinkel

Die Fantasytaktik von Intelligent Systems stand immer etwas im Schatten von Advance Wars – zumindest in unserer Wertungshistorie. Aber 2013 konnte Fire Emblem: Awakening auf dem 3DS erstmals Gold erobern. Das war ein edler Zeitfresser mit motivierendem Management von Charakteren, Fähigkeiten und Beziehungen. Letztere spielen jetzt noch eine größere Rolle und Nintendo hat das Abenteuer in drei separate Kampagnen „Vermächtnis“, „Herrschaft“ sowie „Offenbarung“ aufgeteilt. Die Story eines Konfliktes wird also aus mehreren Blickwinkeln erzählt. Eine gute Entscheidung?

© Intelligent Systems / Nintendo

Nicht vergessen darf man bei aller Kritik an der Regie sowie Distribution, dass Fire Emblem Fates trotz dieser Kitschanflüge und Aufstückelung überaus hochwertig präsentiert wird. Der dramaturgische Kontrast zwischen kindlicher Naivität in Dialogen & Co und dem heroischen Pathos in den kunstvoll arrangierten Zwischensequenzen ist groß. Intelligent Systems zeigt die ansehnlichsten Cutscenes, die ich bisher auf einem Handheld gesehen habe – voller Eleganz und Ausdruckskraft entfaltet sich ein Fantasystil, den man auch als Erwachsener westlicher Prägung genießen kann. Schon das Intro ist klasse, was die Regie sowie das Art-, Sound- oder Figurendesign betrifft. Ich habe mir später in der „Ruhmeshalle“ sehr gerne all die archivierten Filmszenen wie „Lied am See“ oder „Unwirksamer Fluch“ nochmal angeschaut. Last but not least: Die Kampfanimationen. Das

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Die Kampfanimationen sind klasse choreografiert. © 4P/Screenshot

sind einfach tolle Choreographien, die man aus allen möglichen Perspektiven von Ego bis Schulter ansehen kann. Die Produktionsqualität ist für ein Handheld-Spiel außergewöhnlich.

Sammelwahn und Aufbauspiel


Fire Emblem hat sich traditionell auch über Sammelreize definiert: Man wollte immer möglichst viele Helden in seinen Reihen haben und sie optimal ausrüsten. Intelligent Systems treiben es diesmal auf die Spitze – man fühlt sich fast wie in einem Harvest Moon mit Communityfunktionen. Aber diese Ernte- und Aufbauelemente können nicht mal ansatzweise so gut unterhalten wie die Kämpfe. Ich habe natürlich nichts dagegen, dass sich die neun Ausrüstungskategorien von Schwert über Axt und Bogen bis hinzu Schriftrollen, Steinen und Stäben auch aufgrund der Läden so schnell füllen. Es bleibt übrigens dabei, dass es keine Rüstungen oder Schilde für die Kampagne gibt und dass bei einem Aufstieg bestimmte Werte von Stärke über Magie bis Glück automatisch steigen. Allerdings kann man einzelne Werte über Artefakte nicht nur temporär für eine Schlacht, sondern auch permanent erhöhen.

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Das eigene Hauptquartier kann u.a. im Hoshido-, Windklan- oder Izumo-Stil gebaut werden. © 4P/Screenshot

Hinzu kommen im astralen Hauptquartier nicht nur diverse Musiken sowie Stile für das allgemeine Aussehen, sondern über 40 Gebäude, die man errichten und in mehreren Stufen aufwerten darf: Von kleinen Statuen, die Maximalwerte des namengebenden Helden erhöhen, bis hin zu Bad, Gefängnis, Schmiede, Kasino, Arena mit ganz eigenen Funktionen wie Glücksspiel, Zweikampf etc. So entsteht mit der Zeit eine kleine Stadt voller Nebenaktivitäten, in der nach einem Gefecht zig Ausrufezeichen aufpoppen, die zu Gesprächen oder Sammelei animieren. Man kann sogar von der Draufsicht in die Schulterperspektive wechseln und seine Siedlung erkunden oder Schlösser von Freunden besuchen.

Tageszeiten, Ernte und Astraldrache

Mir war das als Feldherr alter Schule ehrlich gesagt zu viel. Es gibt ja nicht nur vier

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Man kann seine Siedlung nicht nur aus der Draufsicht, sondern auch aktiv erkunden. © 4P/Screenshot

Tageszeiten, die unterschiedliche Ernten oder Aktionen hervorrufen, sondern zwölf Rohstoffe wie Lapis oder Rubine, die man immerhin in der Schmiede einsetzen kann, damit aus zwei ähnlichen eine bessere Waffe entsteht. Es gibt allerdings auch zehn Nahrungsmittel von Reis bis Fisch, die man für temporäre Fähigkeitenboosts zu Gerichten für seine Truppe verarbeiten oder dem Astraldrachen verfüttern kann, damit er stärker wird. Oder anders: Man kann sich hier bei jedem Besuch erstmal einen Wolf sammeln. Und nicht alles an Nebenaktionen macht Laune: Gerade bei den Arenaduellen ist mir zu viel Zufall im Spiel, wenn man z.B. Rubine auf seine Kämpfer setzt – man kann sie nicht nach Gegner auswählen, keinerlei Taktik einstellen, sondern muss blind setzen.

Ein Ziel dieser Aufbauspirale ist, dass man sich für Belagerungen wappnet, die man

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Viel mehr Spaß als dieser Aufbau machen aber weiterhin die Kämpfe: Gelingt die schnelle Flucht? © 4P/Screenshot

offline gegen die KI oder online gegen Invasoren austragen kann – dafür kann man auch Ballisten und Kanonen errichten oder Gebäude, die die Kampfkraft der Verteidiger erhöhen. Wird man attackiert, stehen die Feinde an drei offenen Flanken und es gilt sie schnell zu vernichten, denn sie können Gebäude zerstören oder den eigenen Thron besetzen. Gegen den Computer macht das ehrlich gesagt nur leidlich Spaß, weil die KI sehr vorhersehbar agiert und der ewig aufgepeppelte Astraldrache als neutrale Figur einfach nur da steht und nicht eingreift. Wofür hab ich den die ganze Zeit gefüttert? Der Reiz soll natürlich im PvP liegen, der hier eine Premiere feiert. Schließlich gibt es sogar einen Zubehörladen, in dem man auch noch Accessoires wie Broschen oder Gewänder erwerben kann, die lediglich Boni für diese Multiplayerduelle liefern.

Und ja, die Kämpfe gegen unberechenbare menschliche Gegner sind natürlich reizvoller, zumal man jetzt erstmals lokal oder online auch im 2-vs-2 gegeneinander antreten kann, wobei jeder bis zu fünf Einheiten ins Feld führt. Zu Beginn wählt man zusammen eine Karte oder lässt den Zufall entscheiden. Allerdings ist gerade die Beschränkung auf lediglich fünf Helden natürlich ein Dämpfer für alle, die mal etwas komplexer auf dem PC rundentaktisch im Netz gekämpft haben. Außerdem ist die Balance abhängig vom Level des Gegners: Wer seine Kampagne bereits beendet hat, kann natürlich mit deutlich stärkeren Kriegern auftreten. Immerhin kann man den Kontrahenten auch unter seinen Freunden suchen, falls man denn Codes ausgetauscht hat.