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FIFA 15 (Sport) – Gefühle im Fußball?

Das Motto von FIFA 15 lautet „Feel the Game“. Es soll also auch um Gefühle gehen. Das System dafür nennt sich „Emotional Reactions“. Aber oft gleichen neue Features den besten Schwalbenkönigen – sie heben elegant ab, bevor sie schmutzig landen. Allerdings hat EA-Chef Andrew Wilson ausdrücklich betont, dass auch Sportspiele „kraftvoller erzählen“ und „glaubhaftere Charaktere“ zeigen könnten. Daher analysieren wir im Test nicht zuerst das Spielgefühl, sondern die Spielmodi, in denen sich Emotionen und Story zeigen könnten. Also raus aus der Marketing-Kabine, ab auf den Platz der virtuellen Tatsachen.

© EA Canada / Electronic Arts

Zwei Klassen: Premier League hier, Bundesliga da

Zum einen gibt es eine Zweiklassen-Gesellschaft in diesem FIFA 15. Obwohl EA nahezu alle Lizenzen zur Verfügung hat, werden diese mit zweierlei Maß behandelt, wie schon die ersten Videos vermuten ließen. Es gibt quasi eine noch exklusivere Lizenz in der exklusiven Lizenz. Mal abgesehen davon, dass es nur in der englischen Premier League auch wirklich alle 20 originalen Stadien vom Emirates bis zum Upton Park gibt, dass nur das britische Kommentatoren-Duo die Aufstellungen kommentiert, dass man nur auf der Insel die Torlinientechnik einsetzt und offizielle Menü-Einblendungen des

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Die englische Premier League wird deutlich besser isnzeniert als die Bundesliga. © 4P/Screenshot

Ligasponsors sieht, hören sich auch die englischen Fans kerniger an. Man bekommt auch wesentlich mehr Gesänge als in der Bundesliga. Und es kann Zufall sein, aber ich habe Einblendungen der Ersatzbank wie links beim FC Chelsea bisher nicht in einem Bundesligaverein gesehen.

Dabei sieht es in der Realität so aus, dass sich gerade englische Fans viel von der lebendigen Stimmung in deutschen Stadien zurückwünschen. Ein Spiel in Liverpool oder Arsenal hört sich in FIFA 15 authentischer an als eines in Dortmund, Frankfurt oder Gelsenkirchen – hier fehlen fast immer Einlaufmusik & Co, hier erkennt man seine Arena zwar architektonisch, farblich, aber nicht hinsichtlich der Stimmung und Gesänge wieder.

Stimmung ja, aber wenig authentische Fankultur

Ja, es gibt natürlich noch viele originale Schlachtrufe, aber es fehlen viele neuere

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Nur in der Premier League gibt es alle originalen Stadien, originale Einblendungen im TV-Stil und auch eine stimmungsvollere Akustik. © 4P/Screenshot

und es gibt immer noch einige, die nicht passen. Warum wird „Die Nummer eins im Norden sind wir!“ gesungen, wenn man mit Leverkusen gegen Frankfurt spielt? Und jetzt ganz stark sein: Was muss man im Westfalenstadion hören, wenn der FC Bayern  als Auswärtsmannschaft ein Tor schießt? Man muss sich anhören, wie der Stadionsprecher vor Freude ausflippt und in Herbert-Zimmermann-Euphorie ein „Toooor!Toooor! Toooor!“  in die Arena brüllt, als hätte Rahn gerade die WM entschieden. Was soll das denn sein, EA? Feel The Game? Fragt mal bei Norbert Dickel nach, wie er sich bei einem Gegentreffer fühlt.

Selbst ein Heimspiel von Real Madrid

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Egal ob Premier League oder Bundesliga: Die Wiederholungen können sich sehen lassen. © 4P/Screenshot

wirkt im Vergleich zu einem vom BVB, S04 oder Frankfurt wie ein Rock-Konzert, weil der spanische Einpeitscher die ganze Zeit Alarm macht – und zwar egal, wie es steht. Operetten-Publikum nach einem hohen Rückstand? Nicht zu erkennen. Es gibt in den Stadien zwar teilweise tolle akustische Stimmung, aber keine glaubhafte Dramaturgie. Warum kann ich eigentlich nicht wie in der WM-Edition auch mal einstellen, wie die Stimmung sein soll – da könnte man von Freundschaftsspiel über Derby bis KO-Phase oder Finale auch mal unterschiedliche Intensitäten anbieten! Dass man nicht von Paderborn bis Leche einzigartige Stimmungen wiedergeben kann, ist verständlich. Aber dass man über all die Jahre die Lizenz für die Bundesliga hat und das Leben in den deutschen Stadien nicht authentisch weiterentwickelt, ist ärgerlich. FIFA 15 kann nur deshalb so toll in der Präsentation abschneiden, weil es einfach keine Konkurrenz hat – dabei wäre viel mehr möglich.