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Wer steckt hinter den Angriffen der Dunklen Brut und was will er damit erreichen? Fragen über Fragen, die auf einen interessanten Antagonisten hinaus laufen. |
Die Lage ist brisant, denn man hat erstens nur wenig Soldaten und zweitens wenig Geld: Sichert man mit ihnen die Stadt Amaranthine oder lieber die Höfe auf dem Land oder doch besser die Händler, damit der Warenverkehr läuft? Oder alle gleich? Schon diese Frage des Truchseß‘ hat mich sehr lange grübeln lassen. Und sehr viel später habe ich zu spüren bekommen, was ich mit meiner Entscheidung ausgelöst habe – das sind dann die besten Momente dieses Rollenspiels, wenn man die Konsequenz seines Handelns spürt. Hier ist es den meisten Vertretern seiner Art immer noch voraus, obwohl man sich das meist für die großen Entscheidungen aufspart – im Rahmen der kleinen Quests vermisst man manchmal die letzte Konsequenz und vor allem die Entwicklung der Situation.
Das eigene Geld könnte man in viele Dinge investieren: Da wäre der aus Denerim bekannte Schmied Wade, der die Waffen der Gefährten verbessern könnte, wenn man ihm kostbare Erze aus den Tiefen bringt; da wäre ein zwergischer Steinmetz, der die Mauern von Vigils Wacht erstmal verspottet und dann anbietet, sie für 80 Gold gegen Angriffe zu festigen und ihre Tunnel zu sichern – aber dann müsste man diese erstmal freischaufeln und erkunden, ob sie nicht mit den tiefen Wegen verbunden sind.
Und da wäre eine seltsam konspirative Adlige, die von einem Komplott der anderen Adligen spricht: Man könnte laut Truchseß 50 Gold in einen teuren Spion namens „Dunkelwolf“ investieren, der die Namen der Verräter bringt – man könnte das aber auch gewöhnlichen Soldaten überlassen oder sogar hart durchgreifen und Geiseln von allen Verdächtigen nehmen? Je nachdem, für was man sich entscheidet, macht man sich eher Freunde oder Feinde und löst andere Ereignisse im späteren Verlauf aus. Allerdings ist das Ganze trotzdem überschaubar und kein all zu vertracktes politisches Labyrinth, denn mit Lord Eddelbrek und Bann Esmeral gibt es zunächst nur zwei Parteien unter den Gefolgsleuten sowie die Händler als dritte. Wer sich für sie ins Zeug legt und verlorene Seide aus dem Wald zurückholt, soll übrigens reich belohnt werden…war das jetzt schon wieder eine Quest? Ja. Sie fliegen einem hier nur so um die Ohren.
Alte Stärken, alte Schwächen
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Diese bizarren Horrorwesen werden euch in den Kämpfen fordern – man sollte gut vorbereitet sein, wenn man ihre Höhlen aufsucht. |
BioWare hat eine sehr durchdachte und überaus epische Erweiterung entwickelt, die sich allerdings weder stilistisch noch strukturell vom Vorgänger abhebt – es bleibt bei der düsteren Grundstimmung, es bleibt bei der blutigen Inszenierung und kampflastigen Quests, man geht sogar in den Dungeons mit so manch missgestaltetem Monster noch einen zaghaften Schritt Richtung Horror. Das tut dem Kampfgefühl gut, denn man wird schon mal von Fratzen aus dem Dunklen attackiert. Die Aufträge schwanken in ihrer Qualität zwischen gewöhnlichem Holen und Bringen (bitte neun mal Seide aus dem Wald holen – gähn) und überaus gut inszenierten Konfliktsituationen: Etwa als die Gruppe eingesperrt, ihrer Ausrüstung beraubt wird und dann fliehen muss. Abwechslung ist also da, aber sie wirkt manchmal wie ein Fremdkörper: Etwa die witzigen bis albernen Untertöne, wenn man etwa die Quests für die Waisenkinder übernimmt, um den Bullemann zu mimen oder Streiche zu spielen – und das als Lord von Amaranthine?
Aber einige Designfehler wurden leider nicht ausmerzt: Wachen greifen z.B. in der Stadt Ameranthine nicht in Kämpfe ein – selbst wenn man quasi als ihr Herrscher und im Auftrag ihres Kommandanten unterwegs ist, muss man sich großflächige Gefechte vor ihren Augen liefern; diese Tatenlosigkeit nagt an der Glaubwürdigkeit der Spielwelt. All das könnte reaktiver ablaufen, denn so verliert die neue Stadt nach dem ersten Abgrasen der Quests und NPCs auch etwas an Reiz und Lebendigkeit. Dass die Kulisse in dieser Erweiterung optisch nicht zulegt, dürfte angesichts des schmalen Zeitfensters zum Original niemanden verwundern – für eine kurze Polygonschocktherapie sollte man zwischendurch Mass Effect 2 <a class="DYNLINK" onmouseover="DynToolTipp_Show('Klicken für Gameinfos‚)“ onmouseout=“DynToolTipp_Hide(); “ href=“javascript:DynCont_Display(‚Gamefinder‘,’runmod.php?sid=%7BSID%7D&LAYOUT=dyncont_gf&spielid=15768′)“>
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In der Landschaft gibt es einige malerische Ausblicke – allerdings bleibt es unterm Strich bei begrenzten Gebieten mit mittelprächtiger Grafik. |
Inhaltlich hätte man allerdings auch im Kleinen mehr Evolution anbieten können: Man kann immer noch nach Gutdünken Kisten in Privaträumen plündern oder dem Taschendiebstahl ohne Konsequenzen frönen. Und man vermisst trotz einem Geheimgang nach Fackelklick hier und einigen Katakomben mit Schlüsselsuche da etwas mehr Dungeonrätsel. Ärgerlich bleiben auch so manche Clippingfehler in den Zwschensequenzen oder eine nicht lösbare Nebenquest in der Stadt, wenn sich ein dritter Gesuchter einfach nicht in einen Kampf verwickeln lässt. Und wenn man bei einem großen Empfang nur zwei, drei der anwesenden Adligen ansprechen kann, ist das etwas ernüchternd.
Vier Helden für Amaranthine
Aber die kleinen Schwächen des Spieldesigns werden auch diesmal von den starken Charakteren überstrahlt. Man ist nicht lange als Duett, sondern schnell wieder als schlagfertiges Quartett unterwegs: Schon bald stoßen mit dem abtrünnigen Magier Anders sowie dem bereits bekannten Berserker Oghren zwei starke Gefährten ganz unterschiedlichen Typs hinzu – ein blonder Schöngeist und ein rothaariger Wüterich, der kaum zu bremsen ist, wenn es um selbstmörderische Hingabe geht. Hier ein poetischer Zwischenstopp aus der sehr lebendigen Party-Kommunikation, die zu den Highlights der Erweiterung gehört – es geht darum, ob man sich schon in die tiefen Wege wagen soll:
Oghren: „Ich scheiß auf die Risiken!“
Anders: „Ich bin mir sicher, die Risikien können sich nichts Schöneres vorstellen.“
Zwar ist Oghren der einzige Bekannte, den man aktiv in die Gruppe aufnehmen kann (einige wie Wynne oder Alistair erscheinen lediglich als NPCs, andere wie Zevran tauchen gar nicht auf), aber dafür kommen fünf frische Gesichter mit interessanten Hintergründen hinzu – darunter gebrochene Gestalten und gnadenlose Krieger. Man hat immer das Gefühl, dass diese zwielichtigen Typen die volle Aufmerksamkeit brauchen, damit sie einem nicht als Feind gegenüber stehen. BioWare zeichnet erneut komplexe Charaktere, die nicht so einfach zu durchschauen sind. Und falls einem die berufliche Ausrichtung eines Gefährten nicht gefällt, kann man über den Erwerb eines magischen Gegenstandes jeden Charakter nach eigenem Geschmack umstellen, alle seine Werte neu arrangieren und aus einem Geistheiler einen Kampfmagier machen. Wer übrigens die sympathische Hexe Morrigan vermisst, wird evtl. von der wilden Elfe Velanne entschädigt – falls man einen Menschen spielt, sollte man sich auf den ungezügelten Hass dieser ansehnlichen Rebellin gefasst machen.