Veröffentlicht inTests

Dracula: Origin (Adventure) – Dracula: Origin

Eine nächtliche Szenerie, eine Reihe von seltsam zugerichteten Toten und ein uralter Mythos – das sind die wesentlichen Bestandteile von Dracula: Origin. Hinzu kommen jede Menge knackiger Rätsel sowie ein kleiner Schuss Gothic-Atmosphäre. Mundet der viktorianische Adventure-Cocktail aus dem Hause Frogwares (Sherlock Holmes) oder entpuppt er sich eher als blutleer?

© Frogwares / Deep Silver

Unrühmlich aufgefallen

Manches ging auch daneben, da es schlicht nur per Zufall lösbar ist. Einmal müsst ihr etwa die Augen alle Wölfe auf einem Relief markieren, die dabei rot werden. Dumm nur, dass ihr einige Isegrims partout nicht anklicken dürft, denn sonst geht’s

Was geht nun wieder ab? Da es keine integrierte Hilfe gibt, seid ihr beim Rätseln oft aufs Raten angewiesen oder auf Van Helsings Sprachkenntnisse.

nicht weiter. Das ist entweder ein Bug, reichlich unlogisch oder wissen die Macher etwa nicht, wie ein Wolf ausschaut? Ihr müsst jedenfalls ausprobieren, was sie dafür halten und was nicht. Haben Wölfe etwa Hufe? Ebenfalls negativ fällt auf, dass es Gegenstände gibt, die ihr zwar seht aber zunächst nicht nehmen dürft. Erst im weiteren Verlauf der Geschichte könnt ihr sie dann anklicken, wenn sie wichtig werden. So müsst ihr alles mehrmals abgrasen, was aber auch bei anderen Adventures vorkommt.

Die Bedienung funktioniert zwar ganz gut, aber den Komfort eines modernes Adventures vermisst man bei Dracula: Origin trotzdem weitgehend. Es gibt keine integrierte Lösungshilfe und keinen wählbaren Schwierigkeitsgrad. Die Hotspots, wo es was zu tun gibt, werden zwar angezeigt, aber das steht nur in der Anleitung, die sicher nur wenige lesen. So kommt ihr irgendwann auf die Idee, auch mal nach unten zu klettern. Immerhin findet ihr alle wichtigen Hinweise in eurer Fallakte fein sortiert wieder, wie ihr das vielleicht aus Sherlock Holmes kennt. Van Helsing will zwar nicht sprinten, aber per Doppelklick verlässt er zumindest sogleich den Raum. Bei den automatisch ablaufenden Dialogen ist auch was inkonsequent: Bisweilen müsst ihr den Gegenstand zeigen, um den es gehen soll, und dann wieder nicht.

Schmucke Landschaften

Bei Dracula: Origin knüpft Frogwares nahtlos an die überzeugende Darstellung von Sherlock Holmes: Der Silberne Ohrring an, das ganz ähnlich aussieht. Dieses Mal schlappt ihr daher nicht wieder in Egosicht durch eine reichlich kahle 3D-

Das Adventure ist zweifellos schön gezeichnet, auch wenn die 3D-Akteure nach wie vor etwas hüftsteif wirken. 

Landschaft wie bei den letzten zwei Sherlock-Adventures sondern könnt mit Übersicht in schön gezeichneten 2D-Hintergründen schwelgen. Das Spiel entführt euch in das finster gehaltene England, das sonnenüberflutete Ägypten, was weniger passt, ein prächtiges Wien, das wieder versöhnt, und schließlich die archaische Gegend um Draculas Schloss. Gothic-Anleihen sind unverkennbar wie verblühende Blumen, verschlungene Kreuze oder allgegenwärtige Todessymbole. Diese Schwermütigkeit könnte aber ruhig noch etwas deutlicher herauskommen, da sie für Atmosphäre sorgt. Auch den wenigen gerenderten Videosequenzen gelingt es nicht so richtig, das zu verstärken.

Die Dracula-Engine liefert sicher bislang Frogwares ansehnlichste Kulisse, aber dennoch wirkt vieles noch recht britisch unbelebt. Obwohl es dieses Mal auch vereinzelt lebendigere Szenen gibt, etwa wenn der Diener auf der Suche nach Insekten auf dem Boden umherkriecht, bilden solche Aktionen noch die Ausnahme. Die Regel ist, dass ihr mit Van Helsing durch die Gegend streift, der etwas hüftsteif rüberkommt, was an der Animation liegt. Aber auch manche Szene ist unbelebt. Immerhin bleibt er nirgends hängen, was bei Sherlock schon mal vorkam. Leider sorgt auch Dracula selbst nicht für mehr Leben in der Bude, da er selten vorkommt, kaum agiler aussieht und zudem lächerlich wirkt.

Sherlock mit Vampiren?

In einige Szenen wirkt es fast so, als könnten sich die Macher nicht entscheiden, ob sie nun gerade ein weiteres Sherlock Holmes-Abenteuer oder Dracula: Origin programmieren. Die Ermittlungen, die Van Helsing etwa zu Beginn anstellt, laufen

Irgendjemand bei Frogwares scheint auf Ägypten gepolt zu sein. Wie beim letzten Sherlock-Adventure müsst ihr auch dieses Mal wieder Museen durchkämmen.

fast wie beim letzten Adventure mit Britanniens Meisterdetektiv ab. Ihr lauft durch die Gegend, befragt Zeugen und sammelt Hinweise ein – einzig der gute Dr. Watson fehlt dieses Mal. Kommt er nicht gleich um die Ecke, um euch zu helfen? Sogar die Fallakte ist exakt dieselbe geblieben, obwohl Van Helsing ja kein Ermittler sondern Arzt, Abenteurer und Wissenschaftler ist. Wäre ein düsteres Tagebuch wie im Roman nicht besser gewesen?

Seltsam, dass euch Van Helsings erster Auslandsaufenthalt, der etwas aufgesetzt wirkt, euch ausgerechnet ins Ägyptische Museum nach Kairo führt. Wer sich noch daran erinnert, wie ihr im letzten Sherlock-Abenteuer durchs Britische Museum streiftet, bekommt sogleich ein dickes Déjà-vu. Wieder müsst ihr dem Angestellten etwas suchen helfen, wofür ihr das Museum durchkämmt. Abermals sind es die ägyptischen Relikte, die es den Machern angetan haben. Und Van Helsing scheint eine genauso große Koryphäe auf dem Gebiet der Archäologie zu sein wie weiland der Londoner Detektiv. Hätte es nicht auch eine Reise in ein anderes Ländchen sein können? Gibt es nur in Museen was zu finden?