Veröffentlicht inTests

Disgaea DS (Taktik & Strategie) – Disgaea DS

Auf kaum einem anderen System haben sich Strategie-Rollenspiele mit Tiefgang und intuitiver Steuerung so sehr in die Herzen der Fans taktiert wie auf Nintendos DS. Bei Erwähnung von Final Fantasy Tactics oder Fire Emblem geraten die Anhänger ins Schwärmen. Mit Disgaea DS kommt nun ein weiteres Schwergewicht, das seit seiner Erstveröffentlichung auf der PS2 Kultstatus genießt.

© Nippon Ichi / Square Enix

Aber man hat auch die Möglichkeit, die so genannten Geo-Symbole zu zerstören, die für die verschiedenen Wirkungen zuständig sind. Der Clou: Zerstört man z.B. ein blaues Symbol auf rotem Grund, werden alle roten Felder nun blau gefärbt. Sollten auf den Rotsteinen noch weitere Geo-Symbole liegen, wird eine Kettenreaktion in Gang gesetzt. Je mehr Ketten man aufbauen kann (und eventuell sogar das Spielfeld leeren), desto größer wird der Kombo-Zähler, der sich auch rapide füllt, wenn man die Feinde mit spektakulären Spezialbewungen oder Team-Angriffen erledigt.

Über Comic-Einblendungen und Sprachausgabe wird die witzige und herrlich überzogene Geschichte erzählt.

Und hier ist immer noch nicht Schluss: Denn mit dem Senat der Unterwelt, der so genannten „Dark Assembly“, kommt ein weiteres Element hinzu: Hier kann man über Veränderungen im Spielablauf abstimmen lassen. Teurere und damit bessere Ausrüstung im Shop? Zusätzliche Items? Doppelte Erfahrungspunkte beim nächsten Einsatz? Dann ab in die Dark Assembly und zur Abstimmung rufen! Je nach Beliebtheit der eigenen Figur sowie Status in der Dämonenwelt stehen einem die Senatoren wohl gesonnen oder ablehnend gegenüber. Doch bevor man die Abstimmung durchführen lässt, kann man die ewigen Verneiner noch durch Geschenke überzeugen, doch positiv zu stimmen. Und wenn alle Stricke reißen, kann man sie auch mit Gewalt überzeugen.
Die Möglichkeiten, sich das zu verschaffen, was man am ehesten braucht, sind fast endlos, lenken aber nicht vom Hauptspiel ab, sondern sind wie alle Elemente sorgsam miteinander verzahnt und sorgen damit für ein rundum gelungenes und durchdachtes Strategiespiel mit immensem Tiefgang.

Charakterflut

Wie viele Figurenklassen braucht man, um ein Strategiespiel abwechslungsreich zu gestalten? Mit etwa 150 (!) zur Verfügung stehenden Prototypen bietet Disgaea mehr als genug Möglichkeiten, um alle Geschmäcker zu treffen. Anfänglich stehen jedoch nur die Fantasy-typischen Standardklassen wie Kämpfer, Magier, Dieb und Heiler zur Verfügung.
Im Laufe der Zeit kommen immer neue Klassen hinzu, die einen zum Ausprobieren locken.
Dabei macht Disgaea aber auch vor den Monstern nicht halt: Jeder Monstertyp, den man besiegt hat, darf in die Party aufgenommen werden. Doch die Kosten sind anfänglich nicht gerade gering. Aber: Mit jedem Kill dieses Typus verringert sich der geforderte Einsatz, so dass es sich lohnt, wieder in schon besuchte Abschnitte einzusteigen, um den Preis für den Wunschcharakter zu drücken. Angesichts der Spieltiefe von Disgaea wird es nun vermutlich wenige überraschen, dass nach und nach auch verbesserte Fassungen von bereits bekannten Klassen auftauchen.

Doch der ganze Umfang, den Nippon Ichi hier anbietet, hat seinen Preis: Trotz einfacher sowie übersichtlicher Standard-Steuerung und Stylus-Unterstützung, die allerdings bei den isometrischen Schlachtfeldern Hang zur Ungenauigkeit zeigt, können die ganzen Funktionen, die Disgaea beinhaltet, Anfängern über den  Kopf wachsen. Das war schon zu PS2-Zeiten so, hatte bei der PSP-Version Bestand und gilt auch auf dem Doppel-Bildschirm. Doch je mehr man sich in das Spiel hinein findet und je mehr man entdeckt, umso mehr steigt die Motivation ins Grenzenlose.

Neu und alt auf DS

Bis zu diesem Zeitpunkt wäre Disgaea DS allerdings „nur“ eine sehr gute und technisch saubere Umsetzung eines fast exzellenten PS2-Titels bzw. des PSP-Pendants. Denn Nippon Ichi hat genau wie auf Sonys Handheld einen komplett neuen Story-Strang rund um die teuflische Etna hinzugefügt.

Leider wird bei den aufwändigen Sonderattacken der obere Bildschirm komplett ignoriert…

Weiterhin dürfen sich DS-Taktiker auf spannende Zwei-Spieler-Duelle freuen, wobei jeder Spieler allerdings ein Modul besitzen muss. Bedingt durch die zahlreichen Charakter-Konfigurations-Möglichkeiten ist das fehlende Game-Sharing zwar verständlich, aber dennoch schade.

Da zwischen den PS2- und DS-Versionen der dämonischen Kämpfe einige Jahre ins Land gezogen sind, ist es bedauerlich, dass man mit der suboptimalen Kamera ein Manko unverändert übernommen hat. Die Perspektive lässt sich leider immer noch nur in 90-Grad-Schritten drehen. Neu ist hingegen auf dem oberen Schirm eine zweidimensionale Ansicht der Karte, auf der Blickrichtung und Position der eigenen und gegnerischen Figuren angezeigt werden. Leider lassen sich auf der nur behelfsmäßigen Karte keine Höhenunterschiede erkennen. Und damit hinterlässt die Nutzung des oberen Schirms nicht nur in den Kämpfen einen unglücklichen Eindruck. Es wirkt immer, als ob Nippon Ichi nie einen Plan hatte, was sich „oben“ abspielen soll, während man unten strategische Entscheidungen trifft oder der Geschichte folgt. Und das führt nur dazu, dass man nie einen optimalen Überblick über das Geschehen auf den Schlachtfeldern hat. Was im schlimmsten Fall dazu führen kann, dass durch höher gelegene Felder gegnerische Monster verdeckt werden und man unversehens in sie hineinläuft. Doch das ist nur ein klitzekleiner Tropfen auf einem ansonsten ganz heißen Taktik-Rollenspiel-Stein, der seine Faszination auch nach fünf Jahren und bereits Hunderten von Stunden mit den älteren Versionen nicht verloren hat.

Und dass die Disgaea-Serie bis hin zum vor gar nicht langer Zeit auf PS3 erschienenen dritten Ableger nicht gerade für ihre visuelle Pracht bekannt ist, wirkt sich im Falle der DS-Dämonen sogar positiv aus. Denn so altbacken die isometrischen Polygon-Kulissen mit ihren liebevollen, aber größtenteils nur minimalanimierten Sprites auf PS2 und PSP wirken, so zeitgemäß wirken sie auf dem DS. Naja, beinahe: Denn nicht zuletzt auch durch die sinnvolle Nutzung der zwei zur Verfügung stehenden Schirme sind Titel wie Final Fantasy Tactics A2 visuell mindestens eine halbe bis dreiviertel Klasse höher anzusiedeln.