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Die Kunst des Mordens: Der Marionettenspieler (Adventure) – Die Kunst des Mordens: Der Marionettenspieler

City Interactive ist eigentlich eher für simple Ballerspiele à la Terrorist Takedown bekannt. Doch mit „Kunst des Mordens“ haben sie sich erstmals aufs Adventure-Parkett gewagt, ohne jedoch wirklich zu brillieren. Jetzt erschien der zweite Teil „Die Kunst des Mordens: Der Marionettenspieler“. Hat man aus den Fehlern gelernt und den detektivischen Unterhaltunsgwert erhöht?

© City Interactive / City Interactive

Zu große Schuhe

In einem anderen Test stand zu lesen, dass die

Die nimmermüde Heldin erinnert an eine Mischung aus Vic aus Still Life und Kate aus Syberia.

Heldin aus Die Kunst des Mordens 2 an Clarice Starling aus „Das Schweigen der Lämmer“ erinnern würde.  Das stimmt nur insofern, als beide FBI-Agenten und Frauen sind sowie Serienmörder jagen. Wenn Hannibal Lector so etwas wie der Urvater aller irren Filmmörder ist, dann ist Clarice so etwas wie die Mutter aller Filmermittler, die den Täter mit psychologischen Mitteln überführen wollen. Durch „Das Schweigen der Lämmer“ wurde erstmals eine breite Öffentlichkeit vertraut mit neuen Polizeimethoden wie Täterprofil, Fallanalyse oder Profiling. Der alte Film ist allerdings weit ausgefeilter als dieses neue Spiel, wo doch vieles zu oberflächlich abgehandelt wird.

In Wahrheit erinnert Nicole Bonnet aber noch mehr an jemand anderen – nämlich an Vic McPherson, die Heldin aus Still Life. Sie ist ebenfalls FBI-Polizistin bei der Mordkommission, sieht ganz ähnlich aus und auf Serienkiller spezialisiert. Das kann kein Zufall sein, allerdings hat Nicole viel weniger Tiefgang als ihre Kollegin, die auch ihre Schwächen offenbart. Auch Clarice musste ja erst ihre Vergangenheit bewältigen, um den Frauenmörder zu kriegen. Im Vergleich zu den beiden wirkt Nicole wenig menschlich, fast wie ein Automat und entspricht eher dem Abziehbild einer Polizistin, die sich nur um ihren Job kümmert. Eher prototypisch sind weitere „Enthüllungen“, etwa dass sie eine Katze hat oder ihr Vater Franzose war.

Killer mit Seil

Die Story ist schnell erzählt: Einmal mehr ist das FBI einem Serienmörder auf der Spur – dieses Mal sogar im Ausland.

Der typische Franzose im Spiel ist faul, fett und isst lieber, als zu ermitteln.
Obwohl ihr Land und Leute zunächst überhaupt nicht zusagen wird Nicole nach Paris geschickt, um dort einer mysteriösen Mordsserie auf den Grund zu gehen. Die Morde des Phantoms weisen gewisse Parallelen zu Fällen in Nordamerika auf. Die Polizei taufte den Mörder Marionettenspieler, weil er seine weiblichen Opfer stets an Schnüren aufhängt. Zudem hinterlässt er kleine Püppchen am Tatort. Wieder einmal fragt man sich, ob es derselbe Täter ist? Auch hier geht das Adventure keine eigenen Wege, denn Still Life thematisierte eine ganz ähnlich Frage. Dort war es allerdings die Zeit, die dagegen sprach.

Obwohl ihr ganz verschiedene Länder wie Frankreich, Spanien oder Kuba bereist, die im Rahmen der Möglichkeiten ganz ordentlich umgesetzt wurden, zieht sich die Geschichte mit ihren sechs langen Kapiteln wie zäher Kaugummi. Die trockene Ermittlungsarbeit wird dadurch nicht besser, dass ihr immer wieder an bekannte Orte zurückkehren müsst, um noch mal nachzufragen. Leider steckt weniger hinter der Story, als es den Anschein macht. Zudem passt alles immer schön ineinander, so dass Genrekenner das Geschehen innerhalb von wenigen Spielstunden durchschaut haben. Dabei werden allerhand Klischees verbreitet: Etwa das vom nimmermüden US-Polizisten, der sogar seine Grundbedürfnisse verleugnet, und vom faulen Franzosen, der lieber isst und frei hat, als für Ordnung zu sorgen.

Zum Fürchten?

Still Life war ein sehr atmosphärischer Thriller – die Kunst der Mordens 2 versucht verzweifelt da ranzukommen, scheitert
Finster ist das Adventure – so finster, dass man bisweilen gar nix sieht.
aber letztlich an der zu hohen Hürde. Der Klon gibt sich auf Teufel komm raus finster mit seinen grausigen Mordschauplätzen, schlecht beleuchteten Straßen und seiner betont nervenaufreibenden Musik. Aber wenn man dann den Leichen ins Gesicht schaut, kommt anders als bei Still Life kein rechter Schauer auf, denn sie sehen wie Puppen aus. Die Szenerie ist zudem bis auf ein spärlich angeordnete Glühwürmchen, die zu sehr flattern, fast unbelebt, weshalb man sie ohnehin nicht für voll nimmt. So schafft es das Spiel nicht, uns das Fürchten zu lehren, auch wenn sich die gerenderten Filmeinsprengsel viel Mühe geben, die wie das Intro noch am wenigsten billig wirken.

Ein interaktiver Mystery-Thriller lebt auch von seinem Sound – insbesondere von seiner Sprachausgabe. Hier ist die nur vereinzelt gelungen: Eine professionelle wenn auch nicht prominente Stimme besitzen nur Hauptcharaktere wie Nicole, alle anderen sind schlechter besetzt oder klingen dumpf. Was die Akteure von sich geben, ist auch deshalb nicht gerade bühnenreif, weil es inhaltlich oft belanglos ist. Der Spieler ist zum zuhören verdammt, kann mal wieder nur Themen auswählen und muss alles fragen. Die allermeisten der kurzen Gespräche drehen sich ohnehin um den Fall, die Polizeiarbeit – für Privates ist kaum Platz, wenn es mal auftaucht, wirkt es aufgesetzt.

Maue Rätsel

Am Plätzchenbackrätsel aus Still-Life scheiden sich wohl die Geister:
Die Rätsel sind fast immer mit öden Gesprächen verbunden, bei denen man auch mal per Handy telefonieren muss.
Die einen sahen es als launige Backeinlage, andere wiederum haben das Adventure nur deshalb gelöscht. Derartige Kaliber sind bei Kunst des Moderns 2 nicht zu befürchten, denn die Rätsel sind allenfalls Durchschnitt wie das ganze Spiel. Echte Polizeiarbeit wird dabei nicht zelebriert, eher schon austauschbare Rätseleien, wie sie in jedem Adventure vorkommen könnten. Oft geht es bei den Aufgaben darum, eine bestimmte Sache zu finden, etwas zu reparieren oder zu umgehen. Man muss immer wieder an Orte zurück kehren und sich abermals mit allen Personen unterhalten, da sich viele Möglichkeiten erst im weiteren Verlauf auftun. Das nervt besonders, denn eigentlich hat man ja schon alles getan.

Immerhin – eine Hot-Spot-Anzeige sorgt auf Knopfdruck für Klarheit, wo sich die wichtigsten Gegenstände verbergen. Die ist auch bitter nötig, denn anders würde man Dinge wie einen Kanaldeckel am Rande des Bildschirms wohl nie untersuchen. Das ist aber der einzige Komfort, denn sonst fehlen Hinweise meist. Wie soll man auf die Idee kommen, dass man die Zeitung einem Polizisten geben muss. Das Blatt ist alt und der Gedanke drängt sich einem nicht gerade auf. Vieles ist also unlogisch, was fast ein Markenzeichen des Spiels ist – ohne integrierte Hilfe ist man aufgeschmissen. Andererseits ist vieles auch zu offensichtlich, wie der Einstieg übers Dach, den man schon am Anfang findet, obwohl man ihn erst später braucht.