Sensible Charakterzeichnung
Auch nach der E3 blieben hinsichtlich Charakter-Gestaltung, Erzählstruktur etc. noch einige Fragen zu Dead Rising 2 offen. Alle Antworten darauf gibt C0 nicht, doch eines lässt sich nach dem Abspann des Prologes bereits sagen: Auch hier sind die Zombie-Auseinandersetzungen sowie die vollkommen überzogene und sich mitunter nicht ganz ernst nehmende Gewalt nur ein kleines Stil-Element, um die Sorgen und Motivation der Hauptfiguren zu transportieren.
Mit erstaunlich viel Sensibilität und Gespür für die Situation schafft es das Entwicklerteam von Blue Castle Games, sowohl die Hauptfiguren als auch die Nebendarsteller mit viel Leben zu füllen, so dass man schnell eine Beziehung zu ihnen aufbaut. Allen voran Chuck, der sich in erster Linie um seine Tochter Katey sorgt. Die wurde nämlich mit dem Zombievirus infiziert
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Man darf versuchen, Zivilisten zu retten, deren Dialogsystem innerhalb der Spielwelt allerdings nur aus Textzeilen besteht. |
und muss in bestimmten Abständen das Inhibitor-Medikament Zombrex erhalten, das die Verwandlung zum Zombie temporär aufhält. Zudem muss er versuchen, Ersatzteile für ein Motorrad zu finden, damit er dem Militär entkommen kann, bevor sie das Dorf erreichen, unter Quarantäne stellen und ihm Katey wegnehmen – die Zeit drängt.
Die stillen Momente und Gespräche der beiden innerhalb des tosenden Zombiesturmes sind das Highlight der Erzählstruktur und machen wie auch das Zombrex/Katey-Motiv Hoffnung, dass es in DR2 nicht nur darum gehen wird, wie bei den Dynasty Warriors den K.O.-Zähler hochzuschrauben.
Das gilt ebenfalls für die Charaktere, denen man in dieser kurzen Episode begegnet: Angefangen vom schießwütigen Bob, der auf der Suche nach seiner Tochter ist, bis hin zu einem Mädchen-Trio, das sämtliche Klischees des Junggesellinnen-Abschieds bedient, aber gleichzeitig auch zu einer moralischen Entscheidung führt: Eines der Mädchen ist infiziert, braucht dringend das Zombrex, das Chuck für Katey vorgesehen hat und ihre Freundinnen weigern sich, ohne sie gerettet zu werden. Ein Dilemma! Oder etwa nicht?
In einem Punkt hatte ich allerdings mehr erhofft: Wo ist Frank West? Der Protagonist des ersten Teiles ist weit und breit nicht zu sehen, so dass der Übergang von DR1 zu C0 zu DR2 eher holprig stattfindet – wobei sich erst noch herausstellen muss, welchen Eindruck der Einstieg zu Dead Rising 2 letztlich für sich betrachtet hinterlässt.
Allerdings hoffe ich, dass DR2 sich in einem Punkt vom Vorgänger und auch diesem Prolog entfernt. Denn während die gut inszenierten Zwischensequenzen komplett mit Sprachausgabe versehen wurden, bleiben die Dialoge innerhalb der Spielwelt auf Erzähltexte beschränkt. Dadurch bleibt man dem bislang eingeführten Stil zwar treu, zeitgemäß ist dies jedoch nicht mehr.
Opfer, Täter, Rätsel
Ebenfalls treu scheint man sich bei den Bossen zu bleiben: Hier jedenfalls ist der Mechaniker Jed in direkter Tradition zu den Kollegen aus Teil 1 zu sehen und der eindrückliche Beweis, dass Chuck wie seinerzeit Frank weniger Angst vor den Untoten als vor den Lebenden haben muss. Die große Gefahr geht nicht von den Zombies aus, sondern von den Menschen, die die nahende Ausrottung der menschlichen Zivilisation für ihre eigenen Zwecke mißbrauchen, anstatt näher zusammenzurücken und den Untoten eine gemeinsame Front entgegen zu werfen.
Die Rätsel, mit denen man in C0 konfrontiert wird, beziehen sich meist auf Figuren, für die man einen bestimmten
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Die Engine bringt ohne aufzumucken haufenweise Untote auf den Bildschirm, zeigt aber in diesem Download-Prolog Schwächen im Texturdetail sowie bei manchen Schatten. |
Gegenstand besorgen bzw. jemanden finden muss oder auf Türen, deren Schlüssel man erst nach exzessiver Suche im Abschnitt findet. Das ist zwar letztlich nur wenig mehr als zweckmäßig, da man aber parallel dazu mit dem eigenen Überleben und ggf. der Rettung anderer Zivilisten beschäftigt ist, findet man eine unterhaltsame Mischung größtenteils bekannter Mechaniken, die Hoffnung machen, dass DR2 die Tradition angemessen fortsetzt.
Technisch gelingt dies nur mit Einschränkungen. Dazu muss man allerdings sagen, dass der Vorgänger auch gut gealtert ist. Dennoch wirkt C0 nicht ganz so fortschrittlich, wie ich es mir gewünscht hätte. Einige Bodentexturen wirken sehr verwaschen, ein paar Animationen von Chuck oder den Nebenfiguren sind nicht ganz so sauber wie ich erwartet habe und Probleme mit der Kollisionsabfrage oder die groben Schatten, die man hier mitunter zu sehen bekommt, sollten in DR2 auch besser die Ausnahme darstellen.
Bei Case Zero sage ich allerdings noch „Im Zweifel für den Angeklagten“, immerhin handelt es sich hier um einen Download-Titel, der nicht einmal 850 MB wiegt – zumal im Gegenzug selbst die Massen an Untoten, die sich auf dem Bildschirm tummeln, für keinerlei Bildraten-Probleme sorgen. Alles läuft rund und butterweich. nur im Detail zeigt sich C0 nicht immer zeitgemäß. Doch vielleicht sind das die Kompromisse, die man bei der Download-Optimierung eingehen musste.