Horror gibt es in vielen Varianten, von klassischen Ansätzen à la Resident Evil über moderne Interpretationen wie Outlast bis hin zu psychischen oder akustischen Experimenten wie in Layers of Fear oder Perception. Aber aus der Vogelperspektive? Im Polen der 80er-Jahre in Lovecraft’scher Düsternis? Mit Rollenspiel-, Adventure- und Survival-Elementen? Das AcidWizard Studio inszeniert mit Darkwood einen ungewöhnlichen Trip. Im August 2017 erschien das über Indigogo finanzierte Projekt bereits auf dem PC. Wie schlägt sich die knapp 15 Euro teure, komplett auf Deutsch erhältliche Umsetzung für PS4, Xbox One und Switch?
Das Handwerk geht so weit, dass man an Werbänken in mehreren Stufen immer effizientere Ausrüstung und Waffen bis hin zu Pistolen herstellen, dass man Bretter sägen, Brunnen reparieren und an einer Kochstelle auch Tränke brauen kann, die wiederum die Charakterentwicklung starten: Hat man ein Reagenzglas voll, muss man sich für eine schlechte und eine gute Eigenschaft entscheiden. So wird die Dunkelheit noch gefährlicher, aber dafür darf man sich z.B. an einer Lichtquelle heilen, weiter sehen oder bekommt andere Boni. Was diesen Mix aus Adventure und Rollenspiel interessanter macht als gewöhnliche Survival- oder Crafting-Abenteuer, ist aber die Regie.
Es gelingt ihr immer wieder für überraschende Momente zu sorgen, sowohl spielmechanisch als auch erzählerisch, so dass
man stets von einem Gefühl des Ungewissen begleitet wird – bis hin zu kompletten Perspektivwechseln nach einem neuen Kapitel. Je nachdem wie man sich davor verhalten hat, begegnen einem die Nebenfiguren anders. Man wird früh nach dem Prolog mit einem Rollentausch verblüfft, von Fremden mit bizarrem Auftreten oder Hilfegesuchen überrascht oder auch von der Gewalt verstört, die man selbst ausübt – schon wenn man im Prolog den winselnden Hund tötet, geht das unter die Haut. Besonders gelungen ist der Spannungsaufbau am Ende des Tages, denn in der Nacht verwandelt sich der Wald in einen Nebel voller tentakelhafter Äste, in dem sich gefährliche Kreaturen verbergen – John Carpenter lässt grüßen. Also muss man zur Dämmerung möglichst den Generator einschalten, um sich im Haus bei Licht zu verschanzen.
Man braucht nicht nur Treibstoff dafür, sondern auch Bretter und Nägel, um die Fenster zu verrammeln, kann Schränke vor Durchbrüche ziehen. Dann wartet man im Lampenschein bei erhobener Waffe, hört erst lange Zeit nichts, aber dann wird plötzlich eine Tür geöffnet, Schritte kommen näher oder man wird aus der Dunkelheit von einer Gestalt angesprochen. Sprachausgabe gibt es allerdings nicht, lediglich eingeblendete Texte. Hat man eine Nacht überstanden, ist man richtig froh – und freut sich über den Bonus, den man danach bei Händlern einlösen kann, um seine Vorräte aufzufüllen. Schön ist auch, wie viel nicht erklärt wird, so dass
man sich z.B. lange fragt, warum man Leuten die kleinen Schätze zeigen soll – das erinnert ein wenig an Dark Souls. Es ist schon erstaunlich, mit welch einfachen Mitteln hier große Wirkung erzielt wird.
Simple Kämpfe, verzahnte Spielwelt
Das simple Kampfsystem gehört allerdings nicht dazu. Man darf mit einer Schultertaste ausholen, mit der anderen zuschlagen sowie mit dem Analogstick nach hinten ausweichen. Das kann etwas chaotisch sein, denn Gegner werden nicht fixiert. Und auch weil sich Waffen (viel zu) schnell abnutzen, muss man des Öfteren wegrennen, wobei man wiederum Ausdauer verliert. Immerhin kann man auch Köder werfen oder Fallen legen, um direkte Konfrontationen zu vermeiden. Außerdem lauern in der Wildnis noch Gefahren wie Giftpilze, denen man vorausschauend ausweichen sollte – nicht ohne Grund empfehlen die Entwickler, dass man langsam spielen sollte.
Man ist je nach Spielweise über 20 bis 40 Stunden nicht in einer offenen Welt, sondern in kleineren, aber fein designten Zufalls-Arealen unterwegs, darunter auch
unterirdische Tunnel. Wie in einem guten Rollenspiel gibt es Bereiche, die man erstmal freischalten muss, weil Hindernisse, Türen oder Kreaturen den Weg versperren. Außerdem schaltet man je nach Reaktion auf bzw. Questerfüllung für andere Figuren andere Enden frei, so dass man auch erzählerisch einiges beeinflussen kann.
Auf der Karte werden lediglich spezielle Punkte wie das Lager oder Eingänge markiert, aber es gibt keine Zielführung oder Ähnliches. Dafür sorgen die Missionen abseits des alltäglichen Überlebens für einen roten Faden, der einen immer tiefer in die Wildnis lockt, in der man übrigens auch Motiven der slawischen Mythologie begegnet. Das automatische Speichern ist fair. Spielt man auf dem ersten der drei Schwierigkeitsgrade, verliert man beim Tod nur etwas seiner Ausrüstung und kann wieder loslegen.