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Company of Heroes (Taktik & Strategie) – Company of Heroes

Aus dem faszinierenden Weltall auf den Boden der hart umkämpften Normandie: Relic Entertainment hat einen weiten Weg hinter sich. Der letzte Ausflug der Homeworld-Macher in den Zweiten Weltkrieg fand auf der Xbox 360 statt und war alles andere als überragend: The Outfit scheiterte daran, 3rd-Person-Action und Strategie zu vereinen. Auch in Company of Heroes (CoH) geht es hart zur Sache. Kann es dem überlaufenen D-Day frische Impulse geben?

© Relic / THQ

Alle Mann in Deckung!

Dieses Flankieren und Umgehen ist auch für die Infanterie sinnvoll: Nehmt ihr die Feinde geschickt von der Seite in die Zange, verlieren sie nicht nur viel schneller ihre Lebensenergie, sondern können auch regelrecht festgenagelt werden. In diesen Momenten sind sie nicht in der Lage, ihre Position zu wechseln oder auszubrechen. Sie brauchen Hilfe von außerhalb, sonst werden sie aufgerieben – auch ein klasse Element.

Immer wieder treiben Filmschnipsel die Story voran – leider ohne erzählerischen Erfolg. Sgt. Conti & Co bleiben blass und gehen als Helden unter.

Schade ist nur dass die Positionierung der Infanterie hinter Sandsäcken & Co nicht immer einwandfrei funktioniert und im Ernstfall oft sinnlos aufgegeben wird: Eine Squad besteht aus mehreren Mann, die sich beim Deckungsbefehl leider nicht immer optimal aufstellen – manchmal sogar in Schusslinie, also vor statt hinter den Sandsäcken. Außerdem kann es im Ernstfall dazu kommen, dass ihr den Befehl zum Granatenwurf gebt und der GI statt aus der Deckung heraus zu werfen selbstmörderisch ins Vorfeld läuft. Hier hätten Radien für die Reichweite oder bessere Automatismen geholfen, die unnötige Hektik im Kampf zu vermeiden. Das passiert zwar nicht immer, aber an einer breiten Front öfter.

Explosive Hausbesetzung

Auch im Gebäudekampf spielt CoH seine Joker aus und geht über das hinaus, was DoW bot: Ihr könnt Häuser, Bunker & Co nicht nur besetzen oder mit Flammenwerfern ausräuchern, sondern auch mit Dynamit in Schutt und Asche legen. Man kann genau sehen, wie die explosiven Päckchen in offene Fenster geworfen werden – sehr schön! Danach bricht alles physikalisch beeindruckend in sich zusammen und hinterlässt Trümmer, die ihr danach als Deckung gebrauchen könnt.

Trotzdem ist auch hier noch mehr möglich und nicht alles perfekt: Ich habe kaum Kontrolle über den Waffengebrauch der Soldaten, die ich in Gebäuden stationiert habe; das Stürmen von Gebäuden wird nicht wirklich authentisch dargestellt, eigentlich gar nicht, und es dauert mir zu lange, bis ich meine Truppen bei Gefahr aus einem Haus und wieder unter Kontrolle bekomme. Im Grunde gilt immer dasselbe Schema: Dynamit ins Fenster werfen, alles bricht zusammen, die Ruine übernehmen. Weniger vorbildlich ist zudem das Verhalten der Feinde unter Beschuss: Manchmal reagieren sie einfach nicht effektiv, vergessen das wichtige Flankieren. Schlecht ist die KI allerdings nicht: Die Panzer versuchen z.B. immer, ihre geschützte Vorderseite ins Schussfeld zu bringen. Und der deutschen Infanterie, die sich in Selbstmordmanier vor meine MG-Nester wirft, kann man vielleicht noch blinde Fanatisierung unterschieben…

Endlich: Es gibt Hilfe von einerm Trupp Panzer! Jetzt kann die Wehrmacht vielleicht zurückgeworfen werden…

Dass sich dennoch keine Routine einstellt, liegt auch an der Vielfalt der Waffentypen: Es gibt Mörser, Minenräumpanzer, die wie Stahlrasenmäher aussehen, Bulldozer, die selbst Betonsperren platt walzen; und jede Aufrüstung vom MG bis zur Bazooka wird an euren Truppen dargestellt, ihr könnt sogar alles an Geschützen und Gerät aufnehmen, was herrenlos in der Gegend rumsteht – diese Form der Interaktivität bot DoW nicht. CoH wandelt zwar in dessen Fußstapfen, wirkt auf den ersten Blick fast wie eine WWII-Modifikation zum Warhammervorläufer, aber geht in wichtigen Bereichen auch klar darüber hinaus und macht vieles eindeutig besser.

Kanonenfutter-Mentalität

Trotzdem vermisst man abseits einer weiteren Kriegspartei, eines besseren Deckungsverhaltens und einer unterhaltsameren Story noch andere Dinge, um in Platin-Euphorie zu geraten: In den Statistiken der Kampagne wird leider nicht verzeichnet, wie viele Soldaten ich verloren oder getötet habe, wie hoch meine Verluste an Material waren oder wie effektiv ich Gebiete gesichert habe – das ist schade. Man bekommt lediglich eine Übersicht über erledigte Haupt- und Nebenaufgaben. Und weil dekorierte Veteranen aus vorherigen Missionen nicht in die nächste übernommen werden, kann man sich erstens kaum mit seinen Truppen identifizieren und entwickelt zweitens spätestens nach drei Missionen eine gewisse Kanonenfutter-Mentalität. Eure Soldaten können lediglich innerhalb einer Mission aufsteigen und so an Kampfkraft gewinnen.

Was heißt das? Ganz einfach: Warum wirklich konzentriert auf die Deckung achten, wenn es nicht auf lange Sicht belohnt wird und ich über den Nachschub ohnehin wieder frische Truppen bekomme? Das kann man zwar nicht so weit treiben, dass man alles in Tankrush-Manier an die Front schicken kann, denn dann steckt man schnell im Kreuzfeuer, verliert bei

…denn der Rest der Amerikaner hat sich um die Kirche herum verschanzt, die Deutschen erobern die rot markierten Gebiete.

Gegenangriffen wichtige Rohstoffpunkte und wird keinen Nachschub ordern können. Aber CoH hätte gerade in der Kampagne mehr Anreize für wirklich effektives Taktieren bieten müssen. Auch so manches Missionsdesign erfordert nicht unbedingt die kluge Taktik, sondern eher das einfache Stürmen: Als man die Dog-Kompanie retten soll, die hoffnungslos eingekesselt ist, reicht es die gesamte Vehikelarmee zu markieren und blind in den Feind zu schicken. Die Feuerautomatismen erledigen den Rest. Erst, wenn man die Basis schützen und aufbauen muss, ist wieder Grips gefragt.

Natürlich wird das alles im Multiplayer wieder relativiert, denn hier geht die Post weitaus taktischer ab: Auf 15 Karten für zwei bis acht Spieler könnt ihr euch die Projektile um die Ohren jagen und wie Hase und Igel um die Territorien kämpfen, euch den Nachschub abschneiden und verheerende Spezialangriffe fahren. Falls Spieler fehlen, lassen sich Computergegner auf vier Schwierigkeitsstufen dazuschalten. Die sind im Gegensatz zur Kampagne übrigens schon auf der zweiten Stufe richtig gut. Dafür ist die Auswahl an Spielmodi sehr begrenzt: Entweder spielt ihr à la Battlefield um territoriale Siegpunkte in der Größe 250, 500 oder 1000, die bei jeder Einnahme einer Flagge bzw. eines Territoriums winken. Das sorgt für ein ständiges Geben und Nehmen, Erobern und Aufgeben. Oder ihr wählt die altbekannte Zerstörung des Gegners. Das ist nicht viel in Sachen Spielmodi. Schade ist auch, dass man immer nur Wehrmacht gegen US Army spielen kann und nicht mal Amerikaner gegen Amerikaner. Das mag historisch und politisch korrekt sein, aber hätte optional möglich sein müssen.