Exklusiv hat sich Oculus das VR-Rollenspiel Chronos unter den Nagel gerissen. Gunfire Games vermischt gängige Ansätze aus Action-Rollenspielen mit einem VR-Konzept: Das Geschehen verfolgt der Spieler durch den Wechsel fester Kamerapositionen.
Eine alte Frau erzählt von alten Zeiten, als die Menschheit noch so etwas wie eine Zivilisation besaß. Im Hintergrund ragen Reste von Wolkenkratzern empor. Aber dann kamen die Monster. Etliche Helden wetzten ihre Klingen. Erfolglos. Nun ist es am Spieler, dem Bösen entgegen zu treten. Mit Schwert und Schild also durch die Postapokalypse? Mitnichten. Nach einem Rundgang durch die Ruinen eines Forschungslabors aktiviert man einen Teleportationsstein, der den Helden in eine klassische Fantasiewelt katapultiert. Und auch wenn es hier um Drachen, Zyklopen und Prinzessinnen geht: Sie werden zumindest durch die moderne Ebene in einen frischen Kontext gesetzt, was ich aus Spoilergründen nicht weiter erklären kann. Allerdings nimmt man die Geschichte, die durch Tagebucheinträge und kurze Zwischensequenzen geprägt ist, eher als Hintergrundplätschern wahr.
Zentraler Bestandteil ist das Kampfsystem: Per L2-Taste kann der Gegner fixiert werden. Als defensive Taktik kann man die Riposte oder das Wegrollen nutzen. Fünf aufrüstbare Waffen mit unterschiedlichen Angriffsarten lassen Gegner das Zeitliche segnen und Drachensäfte füllen den Lebensenergiebalken wieder auf. Stirbt man, so kehrt man über die Teleportationssteine wieder in die Welt – nur ist man dann ein Jahr älter und die Gegner sind alle wieder da. Dahinter verbirgt sich eigentlich eine pfiffige Idee: Von den vier Grundwerten Stärke, Geschicklichkeit, Gesundheit und Magie kann ich in jungen Jahren die ersten drei Werte nach oben schrauben. Magische Steine mit unterschiedlichen Fähigkeiten können den Angriff verstärken oder dem Gegner Lebenspunkte entziehen. Und ist man alt und weise genug, darf man erst seinen Arkanwert erhöhen und somit die Wirkung dieser magischen Steine verstärken. Wer zu oft stirbt, erhält also einen Bonus. Das wäre insofern ein durchdachtes Prinzip, wenn im hohen Alter auch die anderen Werte wieder runtergehen würden. Zwar braucht man irgendwann mehr Aufstiegspunkte, um z.B. die Stärke zu erhöhen und auch optisch sieht man den Charakter vor seinen Augen altern, aber als siebzigjähriger Greis bin ich fit wie eh und je. Und warum sagt man dem Spieler nicht vorher, dass man zum Beispiel nur 80 Jahre lebt? Jedes Ableben und zusätzliche graue Haar würde die Anspannung zum Ende des Spiels nicht abreißen lassen.
Was ein wenig wie Dark Souls klingt, spielt sich leider nicht ganz so: Einerseits fehlt dem Kampfsystem die so wichtige Ausdauerleiste. Hier kann ich ununterbrochen ab der Mitte des Spiels den übermächtigen Speer nutzen und piesacke meine Feinde durchs bloße Knöpfchendrücken schnöde nieder. Der schwere Kampfhammer eignet sich zwar für stark gepanzerte Gegner und das leichte Schwert kann als Allroundwaffe eingesetzt werden, dennoch wirken sie austauschbar.
Auch hat man die gegnerischen Angriffsvariationen schnell durchschaut. Während Monster in der Soulsreihe immer mal wieder unvorhersehbare Angriffe starten, schnetzelt man sich eher seicht durch die Widersacher. Zudem können Erfahrungspunkte nicht verloren werden, was die situative Spannung schmälert. Versteht mich nicht falsch: Das Kampfsystem ist stimmig und ich habe bis zum Spielende die 60 Lenze überschritten (bin also über 40 Mal gestorben). Auch schafft man es oftmals nicht, bis zum nächsten Stein oder zur Abkürzung zu gelangen. Und auch mein Kardiologe würde mir eher von Chronos abraten. Dennoch muss man hier gegenüber der angesagten Kampfvorlage einige Abstriche machen.