Und spätestens wenn der nächste von Silas geknurrte Satz (er erinnert mich immer wieder an eine sarkastische Interpretation von Clint Eastwoods Will Munny aus Erbarmungslos) mich wieder in die Gunslinger-Welt gezogen zieht, sind mir die visuellen Mankos egal:

Ich will weiter. Weiter die alternative Wildwest-Geschichte erleben. Großen Anteil daran hat auch die Musik. Teilweise im Stil klassischer Spaghetti-Western, dann wieder mit modernen Rhythmen, Rock- und Pop-Einschlägen, stört mich an dem Soundtrack nur, dass er nicht dynamisch auf das Geschehen reagiert.
Solide Ballereien, coole Duelle
Angesichts der hohen Atmosphäre und der passenden Kulisse ist es schade, dass die Action per se nicht mehr als durchschnittliche Arcade-Schießereien bietet. Nicht falsch verstehen: Die Waffen aus drei Kategorien (Schrotflinte, Gewehr, Revolver) fühlen (und hören) sich gut an und machen mächtig Schaden. Der Kombo-Zähler, der für jeden erledigten Gegner hochschnellt, sorgt zusammen mit den Punkteboni für Kopfschüsse, Umgebungskills, Distanztreffer usw. immer wieder für die Gewissensfrage. Geht man in zusätzliches Risiko, um die Kombo am Laufen zu halten oder zieht man sich doch lieber zurück und heilt sich aus? Je höher die Punkte am Ende ausfallen, umso schneller wächst die Erfahrungsleiste, die einem beim Aufstieg in die nächste Stufe die Möglichkeit gibt, sich in einem von drei Zweigen zu entwickeln. So kann man z.B. schnell nicht nur einen Colt bedienen, sondern sich mit zwei Knarren durch den Westen ballern – wahlweise auch im Akimbo-Stil, bei dem man das Schießen jedes Revolvers separat steuert. Schnelleres Nachladen, Verlängerungen von Fokus-Dauer (Zeitlupe sowie Markierung der Gegner) oder automatische Kopfschüsse kann man ebenfalls erlernen. Sogar neue durchschlagskräftigere Waffen kann man auf diesem Wege bekommen.

Durch ein Wechselbad der Gefühle hetzen mich die Bosskämpfe, die in zwei Kategorien fallen: Die „Standard-Auseinandersetzungen“, bei denen man den Endgegner konventionell beharkt, bis er das Zeitliche segnet, werden unnötig in die Länge gezogen und sind mitunter langweilig. Einmal konnte ich aus meiner Deckung hinter einem Stein unentwegt Dynamit auf ihn werfen, bis er aufgab – ich musste zwar ab und an zu einer Kiste und zurück sprinten, um Sprengstoff-Nachschub zu arrangieren, aber das war es auch schon. Hier wäre definitiv mehr drin gewesen. Gleiches gilt für die Sequenzen, in denen man mit einer Gatling Gun gefühlte Hundertschaften ausradiert. Anfänglich fühlt man sich noch mächtig, bald jedoch schon unterfordert. Immerhin kann Gunslinger mit seinen Duellen punkten, die natürlich nicht fehlen dürfen – man kann sogar einen „Mexican Stand-Off“ erleben, bei dem sich drei Duellanten gegenseitig beäugen. Während man einerseits versuchen muss, den (oder die) Gegner in den Fokus zu nehmen muss die rechte Hand immer wieder justiert werden, damit man im richtigen Moment so schnell wie möglich ziehen kann. Je höher die Werte in der hochspannenden Duell-Vorbereitung gepusht werden können, umso höher sind die Siegchancen – wobei man durch Geschick und etwas Glück auch einen gewissen Malus ausgleichen kann.