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Call of Duty 4: Modern Warfare (Shooter) – Call of Duty 4: Modern Warfare

Activisions Call of Duty-Serie bildete mit EAs Medal of Honor ein Dreamteam, das das Genre des WW2-Shooter begründete, zur Höchstform führte – und durch ständige Wiederholung in Richtung Belanglosigkeit auswalzte. Während EA zuletzt mit dem guten, aber ideenarmen Medal of Honor: Airborne die Schiene konsequent weiterfuhr, hat CoD-Entwickler Infinity Ward wohl die Zeichen der Zeit erkannt, die Notbremse gezogen und Call of Duty einer kompletten Erneuerungskur unterzogen. Resultat: Bewährte Zutaten, frisches Szenario, unglaubliche Inszenierung, ein ständig Laute der Fassungslosigkeit ausstoßender Redakteur – Award!

© Infinity Ward / Treyarch (Wii) / n-Space (DS), Raven (Remake) / Activision

Neuer Krieg, neues Glück

Huch, wer hat auf CNN gezappt? Oh... nein - es ist Call of Duty 4! Die Inszenierung ist schlicht spektakulär.
Huch, wer hat auf CNN gezappt? Oh… nein – es ist Call of Duty 4! Die Inszenierung ist schlicht spektakulär. © 4P/Screenshot

Es gibt Momente in Spielen, in denen weiß einfach auch die letzte Zelle des Körpers, dass man es mit Ausnahmesoftware zu tun hat. Etwa, wenn man in Half-Life zum ersten Mal das Brecheisen bekommen hat. Wenn man ein Guitar Hero-Battle schweißgebadet gewinnt. Wenn man erst nach vier Stunden Dauer-Tetris nebenbei feststellt, dass gerade vier Stunden vergangen sind. In Call of Duty 4 (CoD 4) kommt dieser Moment ziemlich früh: Gleich in der ersten Mission, in der ihr aus einem sinkenden Schiff entkommen müsst – eine derart brachial inszenierte Flucht habe ich ehrlich noch nie gesehen! Und wem dieser Moment nicht reicht, der muss sich direkt danach einfach zurücklehnen und das darauf folgende Echtzeit-Intro

in sich aufnehmen: Ein paar Minuten lang könnt ihr nichts weiter tun als euch umzusehen, während ihr auf dem Rücksitz eines Autos durch eine Stadt im Nahen Osten kutschiert werdet, in der die Kriegshölle akuter ist als im »demokratisierten« Bagdad – ihr seht Exekutionen, Straßengefechte und vorbeibrausende Hubschrauber, während eine arabische Stimme Durchhalteparolen durch die dreckigen Straßen brüllt. Brillant, einfach brillant inszeniert, und mit einem wirklich harten Ende versehen. Diese Härte ist generell das Credo von CoD 4 – ein Happy End werdet ihr hier nirgends finden.

Es gibt Kollegen, denen dreht sich alleine bei der Erwähnung von Call of Duty der Magen um – »Och nee, schon wieder Zweiter Weltkrieg?« ist der vorherrschende Gedanke; das hat sich Infinity Ward aber mal schön selbst zuzuschreiben. Immerhin lernen die Entwickler dazu, weswegen CoD 4 jetzt auch in der Gegenwart spielt: Ihr zieht als Marine oder britischer SAS-Agent gegen vermummte Araber und russische Ultranationalisten in den Krieg; einen Krieg, der so real wirkt, als würde man CNN anknipsen: Kein Stalingrad, kein Omaha Beach, kein Berlin, stattdessen tummelt ihr euch im Nahen Osten, in Tschernobyl oder im Altai-Gebirge – Danke für die Abwechslung! Ein etwas weniger glückliches Händchen bewiesen die Entwickler beim Missionsdesign, das nur wenig Überraschungen bietet: Mal müsst ihr einen Panzer beschützen, bevor er von Sprengstoffgürtel-Fuchtlern zerstört wird, mal eine befreundete Einheit retten, mal unter Zeitdruck einen abgestürzten Piloten befreien, mal ein Flugabwehrgeschütz sprengen, mal einen Verdächtigen verfolgen – das kennt man ja, aber zugegebenermaßen gibt es eben nur so viele Dinge, die man als Soldat im Krieg machen kann.

Die in der Vergangenheit spielende »Schleichmission« in Tschernobyl gehört zu den Highlights des an dramatischen Aufträgen nicht gerade armen CoD 4.
Die in der Vergangenheit spielende »Schleichmission« in Tschernobyl gehört zu den Highlights des an dramatischen Aufträgen nicht gerade armen CoD 4. © 4P/Screenshot

Und abgesehen davon, dass die Inszenierung der Missionen einzigartig ist, gibt es auch Ausnahmeaufträge, die den Durchschnitt anderer Missionen problemlos vergessen machen. Mein liebstes Beispiel für so einen Fall wäre der Abschnitt, in dem ihr per Zeitsprung in die junge Haut von Captain Price schlüpft, der im frisch verseuchten Tschernobyl einen Gegner per Blattschuss ausknipsen muss. Die folgende halbe Stunde war gerade für mich, der ich normalerweise Stealth-Action aus tiefstem Herzen hasse, eine Erleuchtung: Man schleicht sich gut getarnt an Gegnern vorbei, huscht von Schatten zu Schatten, kriecht unter Autos in Sicherheit, muss darauf achten, Gegner so auszuschalten, dass es kein anderer mitbekommt – und schlussendlich das eigentliche Ziel aus sehr weiter Entfernung unter Berücksichtigung der Windrichtung ausschalten. Ein irres, aufregendes, schweißtreibendes Erlebnis, das von der punktgenau dramatisch einsetzenden Musik nochmal an Herzbeschleunigungs-Faktor dazugewinnt! Und das Schöne an der Sache: Wem das Gekrauche auf die Nerven geht, der kann auch einfach aufstehen und sein Heil im offenen Kampf suchen – der dann halt entsprechend teuflisch schwer wird!