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Burnout Paradise (Rennspiel) – Burnout Paradise

„Burnout in einer offenen Welt ist für mich kein Burnout mehr…“ So oder ähnlich haben viele Fans reagiert, als Criterion das Konzept für den neuen Teil der Serie verkündete. Mittlerweile haben sich die Wogen geglättet und die Skepsis wich einer gesunden Portion Neugier. Kann Burnout Paradise trotz enormer Freiheiten für die Bleifuß-Fraktion das geliebte Geschwindigkeitsgefühl auf den Bildschirm zaubern? Ab zur Testfahrt durch Paradise City…

© Criterion / Stellar Entertainment / Electronic Arts

Rennspiel-Evolution?

Jedes Mal, wenn eine alt gediente Serie einen neuen Weg beschreitet, ist erst einmal Skepsis angesagt – selbst wenn das verantwortliche Team sich nicht ändert. Fragen begleiten den markenbewussten Fan: Schaffen es die Entwickler, all das, was ich mit der Serie verbinde, auch im neuen Konzept unterzubringen? Wieso mussten die überhaupt etwas ändern? Alles hat doch wunderbar funktioniert! Aus Skepsis kann schnell ein Scheuklappendenken werden. Denn da werden ja alte Zöpfe abgeschnitten und neue Haarteile eingepflanzt. Und jedes Mal ist die Gruppe der Neinschreier und Dagegenrufer da, die vehement ihre Meinung zu Gehör bringen, dass doch früher alles sowieso besser gewesen sei. Wenn es danach geht, hätte man eigentlich auf den Bäumen bleiben und die Greiffähigkeit seiner Hände beklatschen sollen. Natürlich ist ein gewisses Maß an Skepsis berechtigt, wenn man die Grundvoraussetzung betrachtet, mit der Criterion den neuesten Teil der Kultserie

Willkommen in Paradise City, eine Stadt voll Adrenalin, Hochgeschwindigkeit und mher Blech auf den Straßen, als einem lieb ist… (PS3)

entwickelt hat: Weg von einem halbwegs vorgegebenen Spielverlauf, hin zu einer offenen Welt, in der es an euch und nur an euch liegt, wie und wann ihr die Aufgaben angeht, die sowohl off- als auch vor allem online auf euch warten…

Burnout-Essenz

Die essenzielle Frage, die alle Fans beschäftigen dürfte, wollen wir auch gleich beantworten: Das Konzept geht auf. Es ist insgesamt zwar noch nicht ganz so rund und perfektioniert wie in Burnout Revenge, doch mit all dem, was Burnout Paradise (BP) bietet, ist der Grundstein für eine gelungene Neuausrichtung der Serie gelegt.
Und das Wichtigste: Das, was die Serie seit ihren Anfängen bei Acclaim über alle Teile hinweg ausgezeichnet hat, ist nach wie vor mehr als deutlich zu spüren: Gnadenlose Geschwindigkeit, haarsträubend realistisch inszenierte Crash-Sequenzen sowie eine Fahrzeug-Kontrolle, die so direkt die Pad-Eingaben auf den Schirm transportiert, dass man nach minimaler Eingewöhnungszeit das Gefühl hat, sein Leben lang nichts anderes gemacht zu haben.

Alt, neu und gnadenlos schnell

Beim „Was“ ist es also fast beim Alten geblieben. Das „Wie“ jedoch hat sich von Grund auf geändert. Statt vorgegebener Routen und Aufgaben, die nach erfolgreicher Bewältigung neue Missionen freischalten, gebt ihr in BP auf über 400 Kilometer Asphalt Vollgas – in einer offenen Welt, die Entdecker-Drang nicht nur fordert, sondern fördert.
Denn insgesamt warten in Paradise City 120 Rennen in verschiedenen Variationen auf euch. Dazu gehören die klassischen „Start-Ziel-Auseinandersetzungen“ ebenso wie Road Rage, bei dem ihr eine bestimmte Anzahl an Gegnern per „Takedown“ ausschalten müsst. Neu sind die so genannten „Marked Man“-Rennen. Hier seid ihr quasi das Kaninchen und müsst so schnell wie nur irgend möglich zum Ziel kommen, während eine Meute zu allem bereiter CPU-Fahrer darauf aus ist, euren Wagen zu Schrott zu verarbeiten und so eine Zieldurchfahrt zu verhindern.
Ebenfalls neu sind die Stuntrennen, bei denen ihr versuchen müsst, innerhalb eines Zeitlimits eine bestimmte Anzahl an Stuntpunkten zu sammeln, die ihr über Sprünge (je höher, je besser), Slides und Speed-Boosts als Verknüpfungselemente akkumulieren könnt – quasi die adrenalingepeitschte Burnout-Variante der Project Gotham´schen Kudos.
Schließlich gibt es noch die so genannte „Burning Route“: Diese Herausforderungen sind fahrzeugspezifisch und fordern euch auf, mit Wagen X so schnell wie möglich von A nach B zu kommen und dabei die viel befahrenen Straßen von Paradise City möglichst unfallfrei zu durchqueren.

Lange wird dieser Wagen nicht ohne Kratzer bleiben… Geschwindigkeit und Schadensmodell sind des Namens Burnout mehr als würdig… (360)

An jeder Ampelkreuzung wartet eine dieser je nach Typ farblich markierten Aufgaben, die durch gleichzeitiges Drücken von Gas und Bremse gestartet werden – viel einfacher und ohne großartige Wartezeit kann man Hochgeschwindigkeits-Spaß nicht initiieren. Doch was bis hierhin ein Segen der offenen Welt ist, kann sich bei genauem Hinsehen auch als Fluch entpuppen. Denn stellte man bei den Vorgängern fest, dass man nahezu uneinholbar ins Hintertreffen geraten ist, pausiert man einfach und setzt alles wieder auf Anfang. Nach einer kurzen Neuladezeit konnte man nochmals starten und versuchen, alles besser zu machen.
Diese Möglichkeit hat man in Paradise City nicht mehr: Einmal gestartet, gibt es keine Möglichkeit mehr, das Rennen neuzustarten und gar abzubrechen – es gilt, bis zum bitteren Ende durchzufahren.
Das erfordert eine gewisse Umgewöhnung, wird aber inhaltlich sehr konsequent umgesetzt. Natürlich ist es etwas nervig, wenn man sich bei einer vermeintlichen Abkürzung vertan hat oder die helfende Richtungswechsel-Angabe am oberen Bildschirmrand zu spät gesehen hat, so dass man sich wundert, wieso die Entfernung zum Ziel zu- statt abnimmt und man sich dennoch zum Ziel durchbeißen muss.
Andererseits jedoch wurde die KI auf diese Verhältnisse abgestimmt. Das bedeutet, dass die CPU-Fahrer auch gelegentlich eine falsch scheinende Route nehmen und sowieso durch ihr Gummiband-Verhalten auffallen. Und was bei anderen Rennspielen fast sicher zu einer Abwertung führen würde, stört bei BP als Action-Funraserei überhaupt nicht – man hat immer eine faire Chance, einen Rückstand aufzuholen.