Irgendwie beschleicht einen immer wieder das Gefühl, dass die Spielmechanik eigentlich auf klassische Rundentaktik ausgelegt war und man sich später plötzlich entschlossen hat, auf ein Echtzeitsystem umzusatteln ohne entsprechende Anpassungen vorzunehmen. Das taktische Grundgerüst ist nämlich durchaus interessant, die Umsetzung aber teils völlig indiskutabel. Das strategische Zusammenspiel unterschiedlicher Figurenklassen funktioniert eigentlich nur in der Theorie. In der Praxis versinkt vieles davon in chaotischem Geklicke und träger Routine. Der eher harmlose Schwierigkeitsgrad und die Möglichkeit jederzeit speichern zu können, führt irgendwann dazu,
dass man mit seinen kompletten Verband einfach nur noch von Gegner zu Gegner zieht und sich alle selbst heilen lässt.
Spannung kommt lediglich bei einigen Bossfights auf, wo man elementare Schwachstellen gezielter nutzen und manchmal auch die Spielumgebung in die Kämpfe einbeziehen muss. Hin und wieder sorgen sogar kleine Ratseleinlagen für willkommene Abwechslung. Zudem warten Medaillen, Schatztruhen und optionale Sidequests auf erkundungsfreudige Abenteurer. In einer Mecha-Fabrik können später sogar Kampfroboter gefertigt und mit gefundenen Bauteilen individuell umgebaut werden. Überhaupt macht das Truppenmanagement alles andere als eine schlechte Figur: Man organisiert mehrere voneinander unabhängig agierende Kampfverbände, kümmert sich um die passende Ausrüstung, legt den Einsatz von Gegenständen und Fertigkeiten fest, die im Kampf eingesetzt werden können, und sorgt dafür, dass alle genügend Ressourcen sowie Kampferfahrung sammeln.
Kampf der Schatten
Natürlich kann man auch wieder auf die Kräfte von beschwörbaren Schatten setzen, über die jetzt jede Figur verfügt. Man kann sich sogar mit mehreren Schatten ausrüsten, um verschiedene Fertigkeiten miteinander zu kombinieren. Je nach Art des Schattens stehen einem dann entsprechende Offensiv- und Defensivkräfte zur Verfügung, um gegnerische Schwachstellen auszunutzen. Beschwört man zur selben Zeit wie der Gegner einen Schatten, kommt es sogar zu einem Kräftemessen, bei dem man durch flinkes Stylus-Rubbeln die Oberhand gewinnen muss, um selbst unversehrt zu bleiben und dem Feind immensen Schaden zuzufügen.
Wer sich an den trägen und unübersichtlichen Geplänkeln nicht allzu sehr stört, kann also durchaus Spaß in der leider sehr sterilen Würfelwelt von Blue Dragon Plus haben. Ambitionierte Hobbygeneräle werden sich allerdings trotz aller interessanten Ansätze schon bald gelangweilt abwenden. Die Auseinandersetzungen laufen fast immer nach demselben Schema ab, taktische Finessen gibt es kaum und die unausgereifte Handhabung steht sich immer wieder selbst im Weg. Schade drum, denn hier wäre weit mehr drin gewesen als ein dröger Schlachtenmarathon vor austauschbarer Würfelkulisse…