Das ist umso ärgerlicher, weil man in jedem Aspekt des Spiels so viel Liebe zu dieser Comicwelt erkennen kann. Ich bin immer wieder stehengeblieben und habe die umwerfende Aussicht genossen. Während die dreckigen, teils zerfallenen Gänge der Irrenanstalt nämlich beängstigend einengend wirken können, erinnern die hohen Decken und gebieterischen Statuen im Verwaltungsgebäude an Bioshock. Oder ich lausche der hervorragenden Musik, die geschickt Danny Elfmans Batman mit Hans Zimmers modernem Superhelden verbindet. Dass manche Oberflächen eine Sekunde brauchen, bis sie in voller, manchmal auch verwaschener Pracht erscheinen, verkommt dabei ebenso zur Nebensache wie fehlerhafte Kolissionsabfragen, die Batmans Umhang durch einen Gegner oder Letzteren durch eine Brüstung hindurch „geistern“ lassen. Dafür lädt die ins Mondlicht getauchte Gefängnisinsel wenig später
schon wieder zu morbiden Erkundungsflügen ein, wenn sich Batman mit ausgebreitetem Cape in den Gleitflug begibt und Arkham trotz des geradlinigen roten Fadens nach Gutdünken erforschen kann.
„Jetzt sehe ich es, jetzt siehst du es nicht!“
Doch warum sollte sich der Superheld mit solchen Banalitäten aufhalten? Immerhin hat der Riddler ganze 240 Fragezeichen versteckt, die u.a. Biografien zu zahlreichen Figuren des DC-Universums freischalten. Außerdem gibt es Statuen vieler Helden und Schurken sowie Tonbänder aufgezeichneter Dialoge zu entdecken, die interessante Einblicke hinter die Fassade einiger Charaktere erlauben. Nicht zuletzt ist jedes Fragezeichen aber vor allem 200 Punkte wert – eine beachtliche Summe, wenn das nächste Upgrade erschwingliche 5000 Punkte kostet.
Das Besondere sind aber gar nicht die Fragezeichen, von denen man die meisten übrigens erst spät erreichen kann, weil dem Helden zu Beginn noch Hilfsmittel wie Greifhaken oder Sprengstoff fehlen. Obwohl Batman nur wenige Schauplätze zweimal besuchen muss, wird eine Rückkehr in längst bekannte Räume also meist belohnt. Letztlich sind es aber ganz andere Rätsel, die den Maskenmann auf seinem Rundgang durch die Anstalt zum Grübeln bringen. Denn für jedes Areal hat sich der Riddler eine Hand voll Fragen ausgedacht, die Batmans Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Objekt lenken sollen. Und nein, es ist zwecklos, vor den Wänden entlang zu marschieren, um alle paar Meter die Umgebung zu scannen. Stattdessen braucht es eine gute Portion Hirnschmalz und räumliches Vorstellungsvermögen, um einige der kniffligen Rätsel zu entschlüsseln – dies ist die clevere Alternative zum hirnlosen Kisten-Zertrümmern!
Leider hilft Batman aber auch hier sehr oft der zweite Sichtmodus, mit dem er die Position von Freund und Feind ausmachen oder Spuren lesen kann, um z.B. einem gefangenen Commissioner Gordon zu folgen. Das Problem dieser Ansicht ist, dass sie beinahe allmächtig scheint. Tatsächlich gibt es nur wenige Situationen, in denen man diese „Detektivsicht“ nicht nutzen sollte. Das Ergebnis: Man schaltet die elektronische Hilfe nur deshalb aus, weil die Umgebung ohne die „Retro“-ähnlichen, fast einfarbigen Schatten wesentlich besser aussieht. Schade, hier wäre weniger mehr gewesen.
Zudem wirkt die Spurensuche zu unausgereift, da Batman lediglich ein deutlich markiertes Objekt am Tatort scannen muss, um anschließend der noch deutlicher markierten Spur zu folgen. Ähnlich wie beim ersten Condemned fehlt in diesen vorgefertigten Momenten das Gefühl, vollständig in der Rolle des „weltbesten Detektivs“ aufgehen zu können.
Der Joker als Joker
Überhaupt fehlte dem Superhelden ebenso ein markantes Profil wie die Handlung wenigstens eine unerwartete Wendung missen ließ. Trotz dreier Furcht einflößender, filmisch hervorragend inszenierter Ausflüge in Batmans Vergangenheit – wichtige Höhepunkte des Videospiel-Kinos! – verpasst es Comic-Autor Paul Dini nämlich, dem versteckten Bruce Wayne ein Gesicht zu geben. Seine Geschichte will den Maskierten zwar als ähnlich verletzlich entlarven wie es The Dark Knight versuchte, belässt es aber mit einem Kratzer auf der Maske des Helden. Gerade im Gegensatz zu Mark Hamills abgrundtief bösem und dennoch witzigem Joker fehlt es seinem Gegenspieler an Profil. Immerhin: Genau wie im Film ist der Antagonist der Star der Show – im Deutschen dank einiger unpassender Stimmen noch viel mehr als im durchgehend erstklassigen Original.