Abgestaubt, neu zusammengeschraubt und auf Hochglanz poliert: Nachdem sich das japanische Entwicklerstudio From Software hier im Westen mit Demon’s Souls, Dark Souls und Elden Ring einen Namen gemacht hat, kehrt man nun zu den Wurzeln zurück. Armored Core 6: Fires of Rubicon soll der bislang mäßig beachteten Mech-Reihe zu neuem Erfolg verhelfen, nachdem die Kampfroboter nun zehn Jahre lang in der Garage stehen mussten. Ob das gelungen ist, wie es um den leidig diskutierten Schwierigkeitsgrad aussieht, und was Soulsborne-Fans beim ersten Kontakt mit dem Armored Core-Franchise wissen sollten, verraten wir im großen Test.
Eines wissen wir dank zahlreicher Science-Fiction-Storys mittlerweile: Wenn eine mysteriöse Substanz im Weltall entdeckt wird und den angeblichen technologischen Fortschritt der Menschheit verspricht, dann ist es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis uns eben jene Substanz um die Ohren fliegt und genau das Gegenteil erreicht. Auch in Armored Core 6: Fires of Rubicon lernt mal wieder niemand aus seinen Fehlern und so hindert selbst eine menschengemachte Explosion, die ein ganzes Sternensystem in Flammen aufgehen lässt, einige kapitalistische Konzerne und Söldner nicht daran, den Planeten Rubicon 3 auf der Suche nach der wertvollen Ressource umzukrempeln und die dort lebenden Einwohner zu unterjochen. Einer dieser Söldner bin ich, bekannt unter dem eingängigen Namen C4-621.
Damit ich auf Rubicon Fuß fassen kann, nimmt mich der natürlich völlig altruistisch handelnde Betreuer Walter unter seine Fittiche: Er verhandelt mit den einflussreichen Großkonzernen und verschafft mir Aufträge, die ich im Gegenzug gehorsam ausführe und dabei die Konkurrenz mit Bleisalven vom Himmel hole – wer auch immer gerade die Konkurrenz ist, schließlich bin ich als unabhängiger Söldner eine Allzweckwaffe, die nicht nach Moral, sondern nach Bezahlung agiert. Zumindest zunächst: Später tauchen vereinzelt Missionen auf, bei denen ich dann auch mal zwischen verschiedenen Fronten wählen und so den Fortlauf der Geschichte beeinflussen kann. Entsprechend hängt das Schicksal Rubicons von meinen Taten und Entscheidungen ab, was sich in einem von mehreren verschiedenen Enden widerspiegelt.
Doch bevor ich großspurig als Planetenretter – oder, je nachdem, wer der Höchstbietende ist, auch als Sternenzerstörer – auftrete, muss ich mir erst einmal eine Reputation aufbauen, und das bedeutet auch, mich vor jedem Auftrag im bärbeißigen Militärton anschreien oder als Made bezeichnen zu lassen. Hier kommt die gelungene englische Sprachausgabe zum Tragen, die mir wie der raue Küstenwind um die Ohren peitscht – ganz im Gegenteil zu den eisigen Luftströmen Rubicons, die ich nicht nur wegen der dicken Metallrüstung nicht spüre, sondern auch, weil die hitzigen Gefechte jedes Kältegefühl vertreiben. Und die stehen bei Armored Core 6 natürlich im Mittelpunkt.
Mech with a Mission
Falls ihr mit dem Mech-Revival genau wie ich das erste Mal den Zeh ins Wasser der alteingesessenen Armored Core-Reihe tauchen wollt, könnte euch der Spielaufbau von Fires of Rubicon angesichts der letzten From Software-Titel überraschen. Denn statt einer (semi-)offenen Welt wie in Dark Souls oder Elden Ring erwartet euch hier ein streng missionsbasiertes Erlebnis. Aus dem entsprechenden Menü heraus, passenderweise Garage getauft, könnt ihr aktuelle Aufträge annehmen, Trainingsübungen absolvieren und dort neue Teile freischalten oder euer aktuelles Loadout im Test-Bereich ausprobieren. Das erneute Abschließen von Missionen bringt euch derweil abhängig von eurer Performance eine Bewertung ein und ermöglicht das Abhaken von verpassten Zielen, die dank des Loghunt-Features wiederum ebenfalls mit neuer Ausrüstung locken.
Klassischerweise gilt es dabei vor allem, im Auftrag einer gut zahlenden Fraktion feindliche Mechs oder anderweitiges Flintenfutter auszuschalten, um den Rivalen zu schwächen – und dann in der darauffolgenden Mission ebenjenen gegen den vorherigen Auftraggeber zu unterstützen. Die meisten Aufträge laufen leider nach dem exakt selben Schema ab, weshalb vereinzelt eingestreute Missionen wie das Aufhalten einer gigantischen mobilen Bergbaumaschine, bei der ich nach und nach Generatoren zerstören, während ich einem tödlichen Laserauge ausweichen muss, eine willkommene Abwechslung darstellen. Der Abschluss der Missionen lässt euch nicht nur in der Geschichte voranschreiten, sondern belohnt euch auch mit der spielinternen Währung Coam, die ihr im Teileladen für neue Ausrüstung auf den Kopf hauen könnt.
Spielerisch kommt hier dann auch endlich der Mech zum Einsatz: Mit der tonnenschweren Blechbüchse unter dem Söldnerhintern düse, gleite und fliege ich durch eisige Einöden und verschachtelte Industriegebiete, die gleichermaßen vertikal wie horizontal ausgerichtet sind, um meinen Raketenantrieb glänzen zu lassen. Weil die Ausflüge in der Regel alles andere als friedlich ablaufen, bin ich natürlich mit Nah- und Fernkampfwaffen ausgestattet, um die miese Maschinerie mit Raketenwerfen, Plasmageschossen und Schrotflinten auf den Schrottplatz zu schicken. Um erfolgreich aus den Mech-Gefechten hervorzugehen, braucht es Multitasking-Geschick: Länger in der Luft bleibe ich nur, wenn ich meinen Schubdüsen immer mal wieder einen Moment zum Atmen gebe und die Energieleiste regenerieren lasse.
Gegnerischen Kugelsalven entgehe ich mit geschickten Ausweichmanövern, während ich den Munitionshaushalt meiner Waffen, meinen Lebensbalken und meine Heilgegenstände im Blick behalte – und natürlich auch den Gegner nicht aus den Augen verlieren sollte. Die Auseinandersetzungen sind schnell (wieder vorbei) und können bei hohem Feindaufkommen etwas unübersichtlich werden, weshalb ihr schleunigst verinnerlichen solltet, dass euch nicht nur alle Himmelsrichtungen, sondern auch der Himmel selbst zur Verfügung stehen. Lassen sich Geschütztürme oder kleinere Konzernhalunken noch mit nur wenigen Schüssen und ohne große Probleme beseitigen, ist bei den brachialen Bosskämpfen deutlich mehr Konzentration und Durchhaltevermögen gefragt.