Der Spielverlauf gestaltet sich teilweise ungemein zäh. Selbst wer sich einfach generell zu schwach fühlt und aufleveln will, braucht jede Menge Geduld. Bereits gemeisterte Scharmützel lassen sich zwar beliebig oft wiederholen, bringen aber kaum Punkte, während besiegte Bossgegner den Überlebenden oft mehrere Stufenanstiege auf einmal bescheren und die Gefallenen und Unbeteiligten lange hinterher hinken lässt, da nur aktive und am Ende noch lebende Partymitglieder Erfahrung gewinnen. Hier stimmt einfach die Balance nicht. Zwar kann man vor Spielbeginn einen von drei Schwierigkeitsgraden wählen, aber statt einer harmonisch ansteigenden Herausforderung, fühlt man sich oftmals völlig über- oder auch unterfordert.
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Bei der Entwicklung der Charaktere hat man viele Freiheiten – vom Steigern der Attribute bis zum Zuweisen von Skills. |
Wenn man eine besonders harte Hürde schafft, ist der Erfolg allerdings umso süßer. Und wer keine Lust hat, sich mit harmlosen Gegnern zu beschäftigen, kann jederzeit den Auto-Modus aktivieren und die Arbeit der KI überlassen. Droht das Geplänkel aus dem Ruder zu laufen, kann man den Modus aber auch mitten im Gefecht wieder deaktivieren und selbst Hand anlegen.
Durchwachsene Präsentation
Ambitionierte Taktiker wollen davon natürlich nichts wissen und studieren lieber Reichweiten, Elementarschwächen, derzeitige Aktionspunkte und mögliche Spezialangriffe der Gegner, reißen verbundene Feindgruppen auseinander oder nehmen besonders gefährliche Gegner in die Zange, so dass immer ein besonders schmerzhafter Angriff von hinten möglich ist. Die Bedienung ist recht handlich, verbundene Charaktere sind optisch deutlich hervorgehoben, Sicht versperrende Aktionsfenster auf Knopfdruck ausblendbar. Die Kameraführung ist jedoch ein Graus: Man kann zwar in vier verschiedene Blickwinkel schwenken, um Verbindungslinien besser zu erkennen; eine feinstufige Rotation ist jedoch genauso wenig drin, wie ein Kippen, Heben, Senken oder Zoomen der Ansicht. Zudem werden Randobjekte der Arena wie Bäume oder Felsen nicht transparent, wenn sie zwischen Kamera und Spielfeld geraten, so dass einem manche Blickwinkel nur eine graue Wand auf den Bildschirm projizieren. Ärgerlich ist auch, dass die Bögen zwischen verbundenen Charakteren bei der Aktionsvergabe durch Fenster verdeckt werden, die bei ihrer Ausblendung die wichtigen Verbindungsbögen gleich mit verschwinden lassen, während die Kamera jegliche Justierung versagt.
Ansonsten wirkt jedoch alles recht übersichtlich und aufgeräumt. Die grafische Präsentation an sich ist jedoch unter aller Kanone. Kulissen und Charaktere sehen aus wie bei einem hoch skalierten PSone-Spiel aus den Neunzigern, obwohl die Figuren an sich sehr charmant gezeichnet und animiert wurden. In den seltenen Erkundungsabschnitten, wo man von Zufallskämpfen begleitet in mickrigen Iso-Dungeons auf Schatzsuche geht, fühlt man sich sogar noch weiter in die Vergangenheit zurück versetzt. Auch die Steuerung ist hier derart schwammig, als würde man ein Stück Butter in einer Pfanne spielen. Trotz Magerkulissen kommt es hin und wieder auch noch zu völlig unerklärlichen, aber gravierenden Slowdowns. Einziger Lichtblick sind die hoch aufgelösten Charakterportraits sowie die seltenen und teils übertrieben voyeuristischen Anime-Sequenzen.
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Auf der Weltkarte reist man bequem von Ort zu Ort. Städte können jederzeit aufgesucht, bereits gemeisterte Scharmützel beliebig oft wiederholt werden. |
Im prüden Australien kassierte man dafür gleich die höchst mögliche Altersfreigabe sowie einen „Strong Sexual References“-Aufdruck, während in Deutschland schon ab zwölf losgesabbert werden darf. Fans können auch eine Reihe von Artworks und Charakterbiografien samt einzeln anwählbarer Sprachsamples freispielen.
Akustisch präsentiert sich Agarest aber sehr durchwachsen: Die ruhigeren Kompositionen können meist überzeugen, steigt das Tempo jedoch an, nimmt die Qualität meist deutlich ab und kommt selten über schnell nervendes Synthie-Gedudel hinaus. Die Sprachausgabe ist übrigens rein japanisch, Untertitel gibt es nur auf Englisch. Immerhin scheinen sich die eingesparten Lokalisierungskosten im Verkaufpreis, knapp 40 Euro, nieder zu schlagen. Wenigstens die Texte hätte man aber ruhig eindeutschen können. Punktejäger könnte es auch stören, dass es keine Trophäen gibt. Dafür kann man seine längsten Kombos und verheerendsten Schäden in Online-Ranglisten mit denen anderer Spieler vergleichen. Wer will, kann einen Teil der Spieldaten auch auf Festplatte kopieren. Die Ladezeiten halten sich aber auch ohne die erfreulicherweise freiwillige Installation in Grenzen, so dass Spieler mit begrenzten Speicherkapazitäten getrost aufatmen können.