Verrotten soll sie!
Man kann von Til Schweiger halten, was man will: Er ist bekannt, er ist erfolgreich, er dreht sogar in Hollywood. Aber Herrgott, er ist kein guter Schauspieler! Seine markante Präsenz rettet dabei noch manches Dialogloch, in das ihn seine monotonen Stimmbänder drängen. Doch was, wenn mich statt seiner Selbst ein animiertes Comic-Leibchen angrinst? Dann tönen nur noch uninspirierte, oft unpassende, meist unbeholfene Sprachfetzen aus den Lautsprechern, die so gar nicht zum Geschehen passen wollen. Die anderen Figuren schneiden
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Wichtigster Tipp: Schaltet die Sprachausgabe aus – erst dann könnt ihr die Dialoge genießen. Die Präsentation der ritterlichen Rettung wird dadurch allerdings nicht besser. |
kaum besser ab; nicht einmal Komiker Rick Kavanian ist in der stimmlichen Haut seines filmischen Alter Egos richtig überzeugend. Obendrauf wirken manche Dialogzeilen so, als hätte der Techniker erst mitten im Text oder schon kurz vor Satzende den Aufnahmeknopf gedrückt. Aber dass ausgerechnet der Protagonist dem auf Wortwitz gedrillten Adventure jeglichen Spaß entzieht – nach spätestens zwei Stunden hätte Prinzessin Herzelinde meinetwegen im Kerker verrotten können!
Zum Glück!
Zum Glück hatte ich die sprachlichen Ergüsse so über, dass ich einen Schritt getan habe, den ich meines Wissens nach noch nie ernsthaft in Erwägung gezogen habe: Ich habe die gestelzte Sprachausgabe einfach abgeschaltet.
Und plötzlich wurde 1½ Ritter besser. Meine Gesichtsmuskeln entspannten sich mit jeder Minute, die ich mich durch die fordernden Rätsel gepuzzelt habe. Meine Mundwinkel drückten immer stärker in Richtung Ohrläppchen, je mehr drollige Dialoge ich gelesen habe. Nein: Die Filmumsetzung ist mitnichten das krönende Dessert interaktiver Rätselkost. Aber sie bietet die bunteste Auswahl leckerster Dialog-Happen seit den Zeiten von Lucasfilm Games!
Auf der Suche
Tatsächlich ist es nur die Suche nach dem nächsten blöden Kommentar, die mich hier zum Weiterspielen anspornt. Dabei legt Müller-Michaelis den Figuren ihre wunderbar durchgeknallten Texte nicht zum Selbstzweck in den Mund – um auch ja noch einen weitern Schenkelklopfer einzubauen – sondern macht selbst aus scheinbar unbedeutenden Nebenfiguren liebenswerte Tölpel. Mein Liebling: Ein völlig verschüchterter Hänsel; ein so armer Tropf, dass man ihn am liebsten knuddeln möchte. Stattdessen darf man ihn mästen. Köstlich!…
So schön überdreht 1½ Ritter im Kleinen aber auch ist und so gelungen Anspielungen wie die „Schild-Zeitung“ auch sind, so wenig bietet es im Großen. Die Geschichte von Ritter Lanze (Schweiger), der sich zusammen mit Erdal (Kavanian) auf die Suche nach der geklauten Herzelinde macht, wird erstens nur am Rande und zweitens nur in wenigen Dialogszenen erzählt. Selbst zu wichtigen Ereignissen liest oder hört man meist nur Text. Animationen abseits von Laufen, Greifen und Sprechen sind
selten – was in Anbetracht der allgemeinen Bewegungsarmut sämtlicher Figuren auch nicht wundert. Selbst die Kulissen bestehen zwar aus stimmungsvollen Bildern, allerdings geschieht im Hintergrund kaum etwas. Eine nüchtern flackernde Kerze setzt da schon Akzente. Dass hier die Rahmenhandlung eines Kinofilms als Vorlage dient, merkt man der lieblosen Darstellung jedenfalls kaum an.Finde den Sattler! Das Kombinationsrätsel ist eine der wenigen Ablenkungen vom Puzzle-Alltag.
Gewöhnlich routiniert
Souveräner zeigt sich der Kern des Adventures, die Rätsel – in der Oberklasse spielt der Ritter allerdings nicht mit. Lanze muss zwar zum größten Teil logische Kopfnüsse knacken, nur wiederholt sich das Muster der Puzzles viel zu offensichtlich. Es gibt ein bis drei Ziele, und bis der Ritter diese erfüllt, muss er aufgelesene Gegenstände kombinieren, deren Erzeugnis kombinieren usw. usw. usw. Dabei fallen viele, wenn auch kurze Laufwege an, wobei die Lösung manchmal in einer Unterhaltung oder an einer Stelle wartet, die sich nicht unbedingt aus der logischen Konsequenz ergibt. Spätestens beim wahllosen Kombinieren verschiedener Objekte (denn oft genug kommt man auch damit weiter) ist zudem die etwas sperrige Benutzerführung im Weg. Im Allgemeinen geht die Steuerung locker von der Hand – dass man Lanzes Rucksack aber z.B. nur verlassen kann, indem man die Maus an den Bildrand bewegt, war mir auf Dauer zu unbequem.
Praktisch: Per Knopfdruck werden alle relevanten Objekte markiert und wer in den Dialogen aufpasst, erhält den einen oder anderen Hinweis. Eine aktive Hilfe gibt es aber nicht. Zu selten lockern außerdem Kombinationsaufgaben oder kurze Minispiele Lanzes Rettungsaktion auf. Immerhin: Das „Autoquartett“, bei dem hinkende Gäule statt Edelflitzer im Vordergrund stehen, ist eine witzige Idee, und die spielerisch belanglosen Minispiele lassen sich separat im Hauptmenü aufrufen. Aber nein, auch wegen der Rätsel wird die Rettung von Prinzessin Herzelinde nicht im Gedächtnis bleiben. Die Puzzles wirken allerdings durchdachter als die sperrige Präsentation.