Wer bin ich und wo
Schon das Setting von Guardians of Azuma hebt sich vom Rest der Spiele ab. Statt eines vage Fantasy-inspirierten Ortes verschlägt es mich diesmal in ein Dorf im Stil des frühen Japan. Hier bin ich, wie es der zu Anfang recht schwammige Kontext andeutet, im Dach eines Schreins gelandet und habe durch den Aufprall doch glatt meine Erinnerung verloren – kommt mir irgendwie bekannt vor. Das Spiel setzt sechs Monate nach diesem Unfall an, den ich wohl heil überwinden konnte. Mein Charakter, der sich zum Großteil selbst ausdrückt, und das auch vertont, verschwendet wenig Gedanken daran, was damals vorgefallen ist und was in ihren vorigen Lebensjahren passiert sein mag.

Jetzt wohnt sie eben in Azuma und lässt sich von der freundlichen Iroha empfehlen, wie sie ihren Tag verbringen soll. Zu sagen, dass ich von diesem Intro unbeeindruckt bin, wäre eine Untertreibung. Ersten Blicke auf die optische Komponente lassen mich ebenfalls kalt, klobige Kanten und schmierige Texturen prägen eine äußerst detailarme Umgebung. Allein die Charaktermodelle sind wirklich schick, stechen deshalb aus der Landschaft hervor wie ein Papagei in einem Berg aus Toastbrot. In späteren Abschnitten wird das Bild nicht besser, als ich beispielsweise unter dem wie Fernsehschnee wirbelnden Schatten eines Baumes Rast mache, zieht sich in mir alles zusammen. Ich kann nur hoffen, dass die direkt enthaltene Nintendo Switch 2-Version diese Probleme nicht hat.
Ähnlich unwohl fühle ich mich, als ich während meiner frühsten Schritte im Spiel plötzlich den Charakter nicht sehen kann, der mir eine wichtige Tutorial-Quest geben soll – er wird trotz Marker einfach nicht angezeigt und ich kann ihn auch nicht ansprechen, also muss ich neu laden. Fairerweise ist das allerdings auch das einzige technische Problem, das mir während meiner Spielzeit begegnet ist.
Es schleicht sich ein fremdes Genre ein
Aber gut, all das beantwortet immer noch nicht, ob mir denn das Spielprinzip von Guardians of Azuma bisher zusagt. Das läuft nämlich an einigen Stellen bedeutend anders ab, als ich es gewohnt bin. Schon allein bei der Feldarbeit, eines der tragenden Elemente der Reihe, fängt das an. Statt Gießkanne, Harke und Samenbeutel bekomme ich ein magisches Allzweck-Werkzeug in die Hand, das meine Eintrittskarte in ein Baumenü darstellt, in dem ich verschiedenste Gegenstände, so wie eben auch Felder und Saatgut, platziere. Bis zu diesem Punkt bin ich noch mit allem einverstanden und schätze die Mühe, aus einem bewährten Konzept trotzdem neue Möglichkeiten rausholen zu wollen.
Dann aber lenkt mich das Spiel dazu, Feldarbeiter*innen einzusetzen, die den ganzen Prozess von Saat und Ernte für mich übernehmen. Ich kann die Dorfbewohner*innen, welche sich nach und nach in meine Heimat verirren, natürlich auch anderweitig einsetzen, aber wie viele Holzfäller*innen, Minenarbeiter*innen und Ladenbesitzer*innen kann es schon auf einem Fleck geben? Es fällt mir zu Beginn ein wenig schwer, die Unterstützung tatsächlich anzunehmen, aber ich beschließe nach einer Weile, mich auf diesen Twist einzulassen.
Meine eigentliche Aufgabe ist immerhin der Aufbau von Azuma, zumindest, seitdem ich offiziell zum Oberhaupt ernannt wurde. Ein Fluch sucht das Land heim, der die Natur korrumpiert und die einstigen Einwohner*innen vertrieben hat. Als Erdtänzer kann ich vertrocknete Bäume mit der Magie einer Trommel wieder zum Leben erwecken, was mir Aufstiegspunkte für mein Dorf beschert. Gleichzeitig muss ich Bauprojekte wie gewöhnliche Häuser oder spezielle Läden in Gang setzen und in dem mir zugewiesenen Neubaugebiet neben den Ackern hochziehen. All das passiert übrigens parallel zueinander in vier verschiedenen Gebieten, eines pro Jahreszeit, die sich nacheinander freischalten lassen.

Am Ende ergibt sich ein ganz schöner Batzen an Städtemanagement, der von verschiedenen Parametern geprägt ist. Ich muss für allgemeine Zufriedenheit garantieren, das Stadtbild optimieren, Arbeitskräfte verwalten und genügend Kapital in die Kasse spülen, damit die täglich anfallenden Kosten gedeckt bleiben. Und irgendwie ist mir das ein bisschen zu viel Verantwortung, da ich ja eigentlich auf eine gleiche Mischung aus Flirten, Anbauen und Waffeneinsatz gehofft hatte. Hinzu kommt, dass ich meiner Ansicht nach nur holprig an das Feature herangeführt werde und mir daher nicht immer ganz sicher sein kann, wie sich was worauf auswirkt. Es braucht einiges an Herumprobieren.