Strategiespiele sind in der Regel dafür bekannt, ihren Fokus auf vielschichtige Mechaniken zu legen und die Story zugunsten des Gameplays eher zu vernachlässigen.
Doch was, wenn man es genau andersherum macht und nette, kleine Kämpfe auf dem Schlachtfeld in ein komplexes, facettenreiches Handlungsgerüst einwebt, das noch dazu sage und schreibe 100 Enden bietet? So lautet das Konzept von The Hundred Line: Last Defense Academy und nach fast 50 Stunden kann ich euch verraten, wie gut das funktioniert.
The Hundred Line: Last Defense Academy – So ein Strategiespiel habt ihr noch nicht gesehen
Falls ihr von dem zugegeben etwas sperrigen Titel des seit dem 24. April exklusiv auf Steam und Nintendo Switch verfügbaren Strategiespiels noch nicht gehört habt, hier zunächst noch eine kleine Einordnung. Verantwortlich dafür ist Too Kyo Games: Das 2017 von Kazutaka Kodaka (Danganronpa), Kotaro Uchikoshi (Zero Escape), Masafumi Takada und Rui Komatsuzaki gegründete Studio feierte trotz der vier kreativen Köpfe bislang nur mäßige Erfolge mit Spielen wie World’s End Club oder Master Detective Archives: Rain Code.
Im Februar folgte dann Tribe Nine, eine Videospielumsetzung des gleichnamigen Animes aus dem Jahre 2022, bei der es sich allerdings um einen Free-to-Play-Titel mit Gacha-Elementen handelt. Mittlerweile steht das Studio kurz vor dem Aus, wie Kodaka auf Bluesky verriet; die Zukunft hängt von dem Erfolg von The Hundred Line: Last Defense Academy – und verdammt, wäre ein glorreiches Comeback mit diesem wahnsinnig ambitionierten Projekt gerechtfertigt.

Hier erwartet euch gewissermaßen eine Kombination aus Danganronpa und Fire Emblem, aus Visual Novel und Strategiespiel. Mit Kodaka und Uchikoshi am Steuer wird es natürlich mysteriös, ein Plot Twist folgt auf den nächsten und ja, auch sich gegenseitig ermordende Teenager dürfen nicht fehlen. Aber The Hundred Line: Last Defense Academy ist mehr als nur die Summe seiner Teile, es ist ein mutiges und einzigartiges Werk, wie man es heutzutage aufgrund gieriger Investoren, stetig steigender Wachstumsansprüche und der Angst vor Innovation kaum noch findet.
Worum geht es in The Hundred Line: Last Defense Academy?
Die Hintergründe habe ich damit geklärt, erstes Lob auch schon ausgeteilt. Nun also zur Prämisse von The Hundred Line: Last Defense Academy, die nicht minder spannend ist als das Konzept des Spiels. In der Rolle von Protagonist Takumi Sumino werdet ihr eines Tages aus eurem sonst ruhigen, fast schon langweiligen Leben katapultiert und landet in der titelgebenden Last Defense Academy.

Zusammen mit einer Gruppe weiterer Teenager müsst ihr die Schule 100 Tage lang vor garstigen Ungeheuern beschützen: Sie stellt gewissermaßen die letzte Bastion der Menschheit dar und von eurem Erfolg hängt ab, ob die Welt untergeht oder fortbestehen kann. Wie genau es zu dieser bizarren Ausgangslage kommt, wird natürlich erst nach und nach klar: The Hundred Line lebt von der Unwissenheit, mit der ihr zu Beginn durch die Story stolpert, um den Vorhang zugunsten von mehreren Überraschungen ganz langsam zu lüften.
Innerhalb der 100 Tage zieht ihr deshalb mehrfach in die Schlacht, um die Angreifer abzuwehren, was ähnlich wie bei Fire Emblem auf einer in Felder eingeteilten Fläche passiert. Ihr kämpft rundenbasiert und jede Aktion kostet euch einen Punkt, wobei ihr durch das Besiegen bestimmter Gegner öfter agieren könnt und alle Teenager unterschiedliche Fähigkeiten besitzen. Im Gegensatz zu Fire Emblem ist der Tod allerdings nicht das Ende, sondern Teil des Systems: Seid ihr kurz vorm Abnippeln, könnt ihr besonders starke Attacken entfesseln und werdet nach dem Kampf wiederbelebt.
Auch gut auf dem Steam Deck:
Wenn ihr gerade mal nicht das Blut eurer Feinde vergießt, nutzt ihr die unterschiedlichen Räume der Schule, um euch auf die nächste Auseinandersetzung vorzubereiten, quatscht mit euren Mitstreiter*innen und bekommt immer wieder spannende Story-Happen vorgesetzt, die euch bei Laune halten sollen – und das zumindest bei mir auch geschafft haben. Wer auf Sci-Fi und Mystery steht, kommt hier auf seine Kosten und muss keine ausgelutschten Klischees befürchten.